Nach einem kompakten Vortragsmarathon zu wissenschaftlichen und sozialpolitischen Themen am Vortag im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung "Hundert Jahre Alzheimer Krankheit 19006 - 2006", ging es am zweiten Tag des Symposiums im großen Hörsaal des Instituts für Anatomie und Zellbiologie in der Koellikerstraße um den Wissenschaftler selbst.
Exakt dort, wo der junge Alois Alzheimer im Jahr 1889 seine Doktorarbeit "Über die Ohrenschmalzdrüsen" fertig gestellt hat, ließ der heutige Chef des Instituts, Professor Dr. Detlev Drenckhahn, die Symposiumsgäste einen Blick auf diese, mit handgezeichneten Tafeln versehene, Arbeit werfen.
Dem persönlichen und wissenschaftlichen Lebenslauf Alois Alzheimers, der in Würzburg auf Dr. Albert von Kölliker traf, wandte sich der Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Professor Dr. Jürgen Deckert zu, nachdem Uni-Präsident Professor Dr. Axel Haase zuvor auf die vielfachen Forschungsarbeiten hingewiesen hatte, die an der Würzburger Alma Julia gerade zu Alzheimers Lebenszeit geleistet worden waren.
Haase bekannte sich auch zum zukünftigen Forschungsauftrag, den die demografische Entwicklung einfordern wird. Alzheimer sei als Wissenschaftler seiner Zeit voraus gewesen, stellte er fest. Freilich konnte er vor 100 Jahren nicht ahnen, welche Bedeutung seiner Arbeit einmal zuwachsen würde.
Die wiederum wurde an der Universität Würzburg früh erkannt. Schon vor 20 Jahren forschte ein Expertenteam unter der Leitung von Professor Dr. Peter Riederer nach den Ursachen der von Alzheimer beschriebenen Krankheit. Im Jahr 1989 wurde hier die Alzheimergesellschaft Würzburg/Unterfranken gegründet, deren Vorsitzender heute Peter Motsch ist.
"Ich habe mich sozusagen verloren"
Auguste D. Alzheimer-Patientin
Mit Riederer betrat auch Alzheimers berühmte Patientin, Auguste Deter, den Hörsaal, denn er begrüßte Professor Konrad Maurer, ehemals Uniklinik Würzburg, heute Direktor am Zentrum der Psychiatrie am Klinikum Universitär Frankfurt am Main, und seine Frau Ulrike. Beide haben nicht nur eine Biografie über Alois Alzheimer verfasste.
Sie haben auch aus den Dialogen zwischen Alzheimer und seiner Patientin Auguste D., die in der Krankenakte sorgfältig und handschriftlich von Alzheimer dokumentiert sind, ein Theaterstück entwickelt, das im Jahr 2001 in Zürich uraufgeführt, und ein Jahr später in Würzburger Bockshorn unter der Regie von Mathias Repiscus gezeigt wurde.
Zur Freude der Zuhörer gab es daraus eine Lesung, ergänzt mit Videoausschnitten aus der Bockshorn-Aufführung. Darin antwortet der Ehemann von Auguste D. (Mathias Repiscus) der über das veränderte Verhalten seiner Frau klagt, auf die Frage des Arztes (Horst Traupp-Meisner), was sie denn im Haushalt noch richtig mache: "Kartoffelschälen, die Hände können sich noch erinnern", und Auguste (Jutta Eckhardt) spricht später die tragischen Worte "Ich habe mich sozusagen verloren".
"Es liegt an uns, zu verhindern, dass das geschieht", wandte sich Motsch als Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft mahnend an die Anwesenden, darunter MdB Paul Lehrieder, stellvertretender Landrat Heiner von Zobel zu Darstadt und Bürgermeister Adolf Bauer, der in seinem Grußwort um Solidarität mit den Kranken geworben hatte.
Das ist auch das große Anliegen von Motsch, der nicht nur für die Alzheimer Gesellschaft sprach, sondern auch für den Bezirk Unterfranken, und Wünsche für die Zukunft formulierte: An erster Stelle steht da die Einrichtung einer geronto-psychiatrischen Tagesklinik für Würzburg, außerdem die Gründung von Selbsthilfegruppen in jedem größeren Ort. Der Universität, vertreten durch die anwesenden Wissenschaftler, legte er ans Herz, sich der Alzheimerforschung verpflichtet zu fühlen, und von der öffentlichen Hand forderte er den Durchbruch für eine bessere Versorgung von Alzheimer Patienten und ihren Angehörigen.
Kontakt: Alzheimer Gesellschaft Würzburg/Unterfranken, Sabine Seipp, Tel. (0931) 28 43 67.