"Susanne Straus, 5 Jahre. Herbert Strauß, 11 Jahre. Hanna Klein, 15 Monate", liest die Rednerin Hannelore Hübner am Donnerstag, 27. Januar, eine Liste der Namen von Kindern vor, die vom NS-Regime aus Würzburg und Umgebung verschleppt und ermordet wurden. Die Liste umfasste noch weitere 161 Namen, zehn Minuten dauerte das Vortragen. Damit rief Hübner als Vertreterin der Unicef-Hochschulgruppe Würzburg in Kooperation mit dem Arbeitskreis Stolpersteine und DenkOrt Deportation am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus zum Erinnern auf.

Die Veranstaltung begann um 18.30 Uhr mit einer Kundgebung direkt neben dem DenkOrt Deportation. Mehr als 100 Menschen aller Altersstufen folgten dem Aufruf der Unicef-Hochschulgruppe über die sozialen Medien und nahmen mit Masken und Abstand an der Veranstaltung teil. "Wir sind heute zusammengekommen, um aller Menschen, aber besonders der Kinder und Jugendlichen aus Unterfranken zu gedenken, die überwiegend von Würzburg aus in osteuropäische Vernichtungslager abgeschleppt wurden", sagte der Landtagsabgeordnete der Grünen Patrick Friedel in seiner Rede.
Für jedes Kind eine Kerze entzündet
Pro Kind wurde eine Kerze angezündet und diese wurden auf dem Denkmal verteilt. "Die 164 Lichter machen den DenkOrt hell", sagt die Koordinatorin des Arbeitskreises "Stolpersteine Würzburg" Benita Stolz, "aber je heller, desto mehr ermordete Menschen gab es und diesen Gegensatz müssen wir aushalten und auf ihn aufmerksam machen." Sie sei froh, dass unter den Teilnehmenden auch viele junge Menschen waren. Deren Aufgabe wäre es, weiter an die "Verfolgung von Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen, Ausgegrenzten und Euthanasieopfer" zu erinnern und alles dagegen zu unternehmen, dass sich so etwas wiederholt.

In dem Aufruf der Hochschulgruppe waren die Demonstrierenden gebeten worden, ihre eigenen Putzmittel mitzubringen. Mit diesen im Handgepäck bildeten sich zwei Gruppen, die im Anschluss an die Reden mit einem Routenplan loszogen, um Stolpersteine ermordeter Kinder zu reinigen. "Mir ist es wichtig, dass wir unsere Verantwortung aus der Geschichte nicht vergessen", sagte Lionel Bachelart kurz nachdem er vier Stolpersteine geputzt hatte. "Erinnerungsveranstaltungen wie diese sind dafür notwendig."
Rosen und Kerzen abgelegt
Nach dem Putzen wurden Rosen und Kerzen neben den Stolpersteinen abgelegt. "Die Menschen, deren Stolpersteine heute geputzt werden, wären heute Ihre Nachbarinnen und Nachbarn", sagte Stolz, "und ihre Kinder und Enkelkinder würden mit Ihnen gemeinsam aufwachsen." Die Koordinatorin sei froh, dass bei dieser Gedenkveranstaltung speziell an Kinder erinnert wurde. Diese wären für Jüdinnen und Juden ein "Geschenk Gottes und Garantie für die Zukunft." Das untermalte sie mit einem Zitat von Lily Ebert, einer 98-jährigen Holocaustüberlebenden, die anlässlich der Geburt ihres 35. Urenkels sagte: "Babys sind die beste Rache an den Nazis."

Nhi Truong, ein Mitglied der Hochschulgruppe, schätzte die Gedenkveranstaltung als Erfolg ein. "Wir konnten kaum einschätzen, wie viele Menschen unserem Aufruf folgen werden, aber letztlich waren es mehr als gedacht", sagte die Würzburgerin. Weitere Kooperationen mit dem Arbeitskreis Stolpersteine oder DenkOrt Deportation seien noch nicht fest geplant, aber die Hochschulgruppe würde sich freuen, wenn solche zustande kämen.