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WÜRZBURG: Anna ist der Sonnenschein der Kanzlei

WÜRZBURG

Anna ist der Sonnenschein der Kanzlei

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    Ein gutes Team: Steuerberaterin Angelika Manger (links) möchte auf ihre Kollegin Anna nicht mehr verzichten.
    Ein gutes Team: Steuerberaterin Angelika Manger (links) möchte auf ihre Kollegin Anna nicht mehr verzichten. Foto: Foto: Pat Christ

    Anna ist eine sympathische junge Frau, die gern arbeitet. Sie hat mittlere Reife – und dennoch große Schwierigkeiten, einen Job zu finden. „Ich habe einen Gendefekt“, sagt die 25-Jährige, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte: „Dadurch bin ich sehr langsam.“ Dank des neuen Fachbereichs „INklusiv!“ der Mainfränkischen Werkstätten hat Anna seit eineinhalb Jahren einen Job, der sie erfüllt: Sie gibt bei Steuerberaterin Angelika Manger Mandantendaten ein.

    Das Verhältnis zwischen Anna und ihrer Chefin ist überaus herzlich. „Ich möchte Anna nicht mehr missen“, lacht die Steuerberaterin: „Sie ist der Sonnenschein unserer Kanzlei, durch sie ist das Betriebsklima noch besser geworden.“ Angelika Manger steht voll hinter dem im Januar gestarteten Projekt der Mainfränkischen Werkstätten, Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Handicap außerhalb der Werkstätte zu schaffen. „Alle Menschen müssen in ihren Fähigkeiten wertgeschätzt und in ihrer Einzigartigkeit als wertvolles Mitglied der Gemeinschaft angenommen werden“, ist sie überzeugt.

    Integrationsbegleitung

    Über den Fachbereich „INklusiv!“ der Mainfränkischen Werkstätten kam Nicolas Noe Anfang Dezember 2014 zur Arche. Er ist im Seniorenzentrum in Höchberg tätig. „Beim Frühstücken unterstütze ich Bewohner, die es nicht mehr alleine schaffen, ihre Brote zu schmieren“, erzählt er. Noe schenkt Kaffee ein, nach dem Frühstück räumt er die Tische ab und bringt das Geschirr in die Spülmaschine. Danach macht er selbst eine Frühstückspause, bevor er den Tisch für das Mittagsessen deckt. Er holt das Essen ab, serviert es den Bewohnern: „Danach mache ich die Küche ordentlich sauber.“

    Jeden Dienstag bekommt Nicolas Noe Besuch von Integrationsbegleiterin Claudia Brönner. Die „INklusiv!“-Mitarbeiterin bespricht mit ihm Arbeitsabläufe, geht die Dienstpläne durch und schaut, dass der Urlaub richtig eingetragen ist. „Außerdem bereden wir zwischenmenschliche Probleme“, sagt sie. Weil im Seniorenzentrum ganz unterschiedliche Menschen zusammen leben und arbeiten, kommt es immer wieder mal zu Konflikten. Die gelöst werden müssen.

    In einem Altenheim stirbt natürlich auch öfter mal jemand. Das mitzuerleben, ist für Nicolas Noe nicht leicht. In Claudia Brönner hat er auch bei diesem schwierigen Thema eine gute Ansprechpartnerin gefunden, denn die Integrationsbegleiterin ist ausgebildete Hospizhelferin.

    Rund 1300 Menschen mit Behinderung arbeiten derzeit in den Mainfränkischen Werkstätten in Würzburg, Kitzingen und Main-Spessart. Über 300 haben aktuell einen Außenarbeitsplatz, 130 dieser Außenarbeitsplätze sind sogar sozialversicherungspflichtig. Mindestens 80 zusätzliche sozialraumorientierte Arbeitsplätze sollen durch das Projekt „INklusiv“ in den kommenden Jahren geschaffen werden. 35 Werkstattgänger sind momentan in das Projekt integriert. Zwölf feste Patenschaften sind auf den Weg gebracht, zwei weitere werden bis Jahresende realisiert.

    Patenschaftsvertrag

    Meike Wehner hofft, durch „INklusiv!“ ebenfalls einen Job zu finden. Seit fast zehn Jahren arbeitet sie in der Werkstatt: „Ich sehe nun keine Möglichkeit mehr, mich dort weiterzuentwickeln.“ Sie habe Angst vor einem beruflichen Stillstand, bekennt die blonde junge Frau, die sich an zwei Krücken fortbewegt. Ihr größter Wunsch wäre es, einen Betrieb in der Region zu finden, der ihre Talente wertschätzt, sie ein Praktikum ableisten lässt und danach, falls alles gut geht, bei „INklsuiv!“ einen Patenschaftsvertrag für sie abschließt.

    Im Raum Würzburg sorgt auch die Arche gGmbH für Alten- und Behindertenhilfe dafür, dass Menschen mit Handicap einen maßgeschneiderten Job bekommen. Vor rund 20 Jahren begannen laut Geschäftsführer Rolf Müßig die ersten Kooperationen mit Einrichtungen wie dem Körperbehindertenzentrum. Heute arbeiten Menschen mit Handicap im Sozialkaufhaus der Arche in Rottenbauer, der ebenfalls in Rottenbauer etablierten Nähstube, in der Verwaltung der GmbH, der Hauswirtschaft und der Pflege.

    Fest hinter der „INklusiv!“-Initiative von Bezirk und Mainfränkischen Werkstätten steht die Industrie- und Handelskammer Mainfranken (IHK). „Wir wollen bei unseren 62 000 mainfränkischen Arbeitgebern für das Thema werben“, so Max-Martin Deinhard von der Hauptgeschäftsführung. Dies bedeute, Überzeugungsarbeit zu leisten: „Viele Betriebe befürchten, sich mit der Integration eines behinderten Mitarbeiters etwas aufzuhalsen, wovon sie keine Ahnung haben.“ Doch erste Erfahrungen zeigten: „Es geht nicht nur, sondern es geht sogar wunderbar!“

    Als Kooperationspartner wurde auch die Würzburger Straßenbahnen GmbH gewonnen. „Sie soll helfen, die Idee zu verbreiten“, so Madeleine Leube, die „INklusiv!“ leitet. Die Straßen- und Eisenbahngleise seien das, was die gesamte Region miteinander verbindet. Bei einer „INklusiv“-Auftaktveranstaltung in den Räumen des Bezirks Unterfranken erhielten Betriebe, Kommunalpolitiker und Organisationen, die mit dem Projekt kooperieren, ein mit dem Firmenlogo bedrucktes Stück Gleis als „Aushängeschild“ für ihr Unternehmen.

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