Wegen Menschenhandels, Beihilfe zur Zuhälterei und weil er einen Schlagring besaß, muss ein 29-Jähriger ins Gefängnis.
Mutter und Schwester weinen, der Vater sitzt wie erstarrt auf seinem Stuhl, als der Angeklagte aus der U-Haft in den Sitzungssaal gebracht wird. Sichtlich bemüht, unaufgeregt zu wirken, lächelt der Mann seiner Familie zu. Dann wird die Anklage verlesen. Es geht nicht nur darum, dass er den Verdienst einer Hure kassiert hat. Der Staatsanwalt wirft ihm auch vor, versucht zu haben, 15, 16 und 17 Jahre junge Mädchen zur Prostitution zu überreden.
Der Angeklagte streitet alles ab. „Ich habe keine Beihilfe geleistet, ich habe mich nicht bereichert und ich wusste nicht, wie alt die Mädchen sind“, sagt der Mann, der, so sein Verteidiger, von Hartz IV lebte.
Dabei wäre der 29-Jährige so gerne eine dieser Rotlichtgrößen mit schnellen Autos, teuren Uhren und dicken Geldbündeln in den Taschen gewesen. Im Dunstkreis dieser Männer hielt er sich auf, diente ihnen als „Läufer“, als Handlanger.
Eine Frau, die sich für ihn prostituiert, hat der 29-Jährige nicht gefunden. Aber er bemühte sich darum. Zwei angehende Zahnarzthelferinnen erzählen dem Gericht im Zeugenstand, wie er sie überreden wollte. Die eine war 15, als sie mit dem Angeklagten in Kontakt kam. Man könne als Hure „in einer halben Stunde auch mal 300 Euro verdienen“, habe er ihr erzählt, sagt sie. Ihre Freundin berichtet, dass er von einem Monatsverdienst von „7000 Euro“ gesprochen habe. „Er wollte mein Arbeitgeber sein“, sagt die Auszubildende. Ein Kumpel von ihm „hatte gehört, dass ich gut im Bett bin“, sagt sie im Zeugenstand. Deshalb habe der 29-Jährige sie für „geeignet“ gehalten.
Beide Mädchen beteuern, dass sie nicht wirklich als Prostituierte arbeiten wollten. Trotzdem, so sagen sie, habe der Angeklagte sie noch „zwei bis drei Monate mit Anrufen und SMS“ belästigt und ihnen „Schnupper-Wochenenden“ angeboten. Ein drittes Mädchen, damals 17, sagt im Zeugenstand, dass der Angeklagte erst mal selbst habe „testen“ wollen, ob sie zur Prostitution taugt.
Kleines Licht in Zuhälterclique
Vierte Zeugin ist eine 25-Jährige, die sich nur so lange prostituieren wollte, bis ihre Handy- und Mietschulden bezahlt sind. Aber daraus wurde nichts. Ihr Zuhälter, so erzählt sie, habe ihr ganzes Geld kassiert. Mit Hilfe des Angeklagten habe sie diesen verlassen wollen. Aber statt sie zu unterstützen, habe der 29-Jährige nur abkassiert. Er und seine Kumpels, so die junge Frau, „haben mich bankrott gemacht“. Inzwischen habe sie ihre Wohnung verloren. „Und die Schulden sind gestiegen.“ Die fünfte Zeugin sagt, dass der 29-Jährige in der Zuhälterclique ein kleines Licht gewesen sei.
Nach den Zeugenaussagen ist der Staatsanwalt „erschüttert, welche Zustände in Würzburg herrschten, bevor der Angeklagte und seine Gruppe in Haft genommen wurden“. Der Jurist bezeichnet den vielfach vorbestraften Angeklagten, der zur Tatzeit unter Bewährung stand, als „hoch kriminell“ und fordert eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Der Verteidiger des 29-Jährigen plädiert für ein Jahr Gefängnis.
Das Gericht verurteilt den Mann zu drei Jahren und sechs Monaten Haft. „Auf Kosten anderer“ habe er leben wollen, sagt die Vorsitzende in der Urteilsbegründung, „er wollte nichts tun und die Frauen sollten die Drecksarbeit machen“.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, das Gericht ordnete Haftfortdauer an. Die anderen Mitglieder der Zuhälter-Clique müssen sich demnächst vor Gericht verantworten.