Auf dem Flur vor dem Sitzungssaal 11 parken zwei blau-weiße Motorrädchen. Kaum größer als Bobbycars, aber mit ihrem Ein-Zylinder-Motor bis zu 65 Sachen schnell.
Pocket-Bikes heißen die Winzlinge, erfreuen das Kind im Manne (und in der Frau) und dürfen nicht auf öffentlichen Straßen gefahren werden. Das haben die letzten Besitzer der blauen Zwerge offensichtlich nicht bedacht. Auf jeden Fall wurden die Dinger von Justitia eingezogen. Und jetzt kommen sie bei der Asservaten-Versteigerung unter den Hammer.
Genau wie die Handys, mit denen Gauner sich zu Straftaten verabredeten, eine elektrische Schreibmaschine, auf der ein Erpresser-Brief verfasst wurde, Computer, mit denen illegal CDs gebrannt und Gartenmöbel, durch deren "Schenkung" ein Geschäft angekurbelt wurde. "Heute ist Totalausverkauf wegen Geschäftsaufgabe", ruft Obergerichtsvollzieher Elmar Albert, "alles muss raus". Es ist seine letzte Asservaten-Versteigerung. In 100 Tagen beginnt sein Ruhestand. Das Publikum lacht. Es sind hauptsächlich Justiz-Mitarbeiter. Ein Richter ist dabei, zwei Staatsanwälte. In der ersten Reihe sitzt ein Polizeibeamter. Er kauft fast alles: Handys, Einmal-Rasierer, Computer, Ohrringe, Taschenmesser . . .
Und die Schreibmaschine, deren Design vor vielen Jahren, als sie die Fabrik verließ, vermutlich als "futuristisch" bezeichnet wurde. Sie geht aber nur deshalb weg, weil Albert noch eine Axt, eine Ast-Schere und ein Brecheisen dazu packt. Alles zusammen für drei Euro. Alles ohne Garantie. Der Richter bekommt bei elf Euro den Zuschlag für ein Handy samt Ladegerät. Dann ersteigert er für drei Euro auch noch eine Jeansjacke, Größe XL. "Lauter Zeug, das ich gar nicht brauche", sagt er später. Ein Staatsanwalt geht leer aus, der zweite schiebt ein Fahrrad aus dem Sitzungssaal 11.
Die Digitalkamera findet zunächst keinen Liebhaber. "Wie viele Megapixel?", fragt schließlich eine Dame. "Ganz viele", versichert Albert. Hans Gold, Hüter der Asservaten-Kammer, weiß es genau: "5,9" Jetzt wird geboten. Die Kamera bringt 17 Euro. Die Pocket-Bikes kommen als Letzte dran. Das erste geht für 24 Euro weg. Das zweite für 31 Euro. Der Neupreis liegt bei 130 Euro. "Aber nicht auf öffentlichen Straßen fahren", warnt Gold, "sonst sind die Dinger beim nächsten Mal wieder dabei". Obergerichtsvollzieher Albert lächelt. Wenn das nächste Mal Asservate versteigert werden, ist er Pensionär.