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WÜRZBURG: Aufregung um türkisches Fahnenmeer

WÜRZBURG

Aufregung um türkisches Fahnenmeer

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    50 türkische Nationalfahnen – weißer Halbmond und weißer Stern auf rotem Grund – wurden am Mittwoch in der Würzburger Fußgängerzone gehisst, dazu acht deutsche. Würzburger aus der Türkei standen dabei, manche ergriffen, einige weinten. Sie glaubten, Würzburg zeige seinen türkischen Bürgern den Dank für das, was sie in den vergangenen 50 Jahren für die Stadt und Deutschland geleistet haben

    Die Fahnen wehten im Würzburger Wind, weil türkische Vereine und der Ausländerbeirat an diesem Samstag einen Kongress samt Fest veranstalten, zum Dienstjubiläum der türkischen Arbeitsmigranten in Deutschland. 1961 unterzeichneten Türkei und Bundesrepublik das Anwerbeabkommen. Aber das wusste kaum einer der Passanten.

    Am Donnerstag brachte die Deutschlandausgabe der türkischen Tageszeitung „Hürriyet“ Würzburg ganz groß raus: „Wir wollten eine, sie gaben uns 50“, stand sinngemäß auf der Seite eins, und auf der letzten Seite: „50 Jahre, 50 Fahnen“. Latif Celik, einer der Organisatoren, ein deutscher Würzburger türkischer Herkunft, habe, so erfuhren die Hürriyet-Leser, die Stadt um die Genehmigung fürs Hissen einer türkischen und einer deutschen Fahne vorm Rathaus gebeten, der Amtsleiter aber habe je 50 angeboten. Sie lasen von der großen Freude und der Dankbarkeit der türkischen Würzburger.

    Celik und seine Mitveranstalter waren euphorisch. Weil die Stadt nur acht schwarz-rot-goldene Flaggen hatte, hingen die rot-weißen bald in großer Überzahl.

    Am Donnerstagabend aber verfügte Oberbürgermeister Georg Rosenthal, die türkischen Fahnen seien bis zum nächsten Morgen abzuhängen, alle bis auf fünf. Das „türkische Fahnenmeer“ diene nicht der Freundschaft“, teilte er mit, weil jetzt ein rechtes und fremdenfeindliches Milieu versuche, diffuse Ängste zu schüren. Dass er mit dem Abhängen den Radikalen nachgegeben haben könnte, wies er auf Nachfrage zurück. Er halte die 50 Fahnen für unverhältnismäßig. Niemand brauche „nationalstaatliche Mittel“, um die Leistung „der Menschen mit ihren Familien“ zu würdigen.

    Tatsächlich gibt es auf rechtsextremistischen Seiten im Internet zahlreiche rassistische Kommentare zum Würzburger Fahnenfall zu lesen, braune Kameraden aus ganz Deutschland lassen sich aus. Rosenthal berichtet von einschlägigen Anrufen vor allem aus Ostdeutschland und meinte, „die Aufregung ist ja gar nicht in Würzburg“. Da irrt er sich. In der Nacht vom Donnerstag auf Freitag nahm die Polizei einen Mann fest, der die Seile von acht türkischen Fahnen kappte.

    Der Würzburger CSU-Landtagsabgeordnete Oliver Jörg berichtet von zahlreichen Anrufern aus seinem Wahlkreis, die bei ihm ihren Unmut über die türkischen Flaggen geäußert hätten. Er meint, Rosenthal habe richtig gehandelt. Das meinen auch Bernhard Schweßinger, der Sprecher des Bistums Würzburg, und Dompfarrer Jürgen Vorndran. Der sagt, Gläubige hätten ihm gegenüber ihren Missmut über die Fahnen geäußert, und auch er habe zwischen Dom und Neumünster keine Halbmond-Flaggen haben wollen; dort ist am Sonntag eine Prozession zur Seligsprechung des Priesters Georg Häfner unterwegs.

    Die Veranstalter des deutsch-türkischen Kongresses sind bestürzt, versuchen aber, sich gelassen zu geben. Der Ausländerbeirat teilt mit, er respektiere „selbstverständlich“ die Entscheidung des OB. „Unsere Leute sind ein bisschen traurig“, sagt Celik. Sie hätten niemanden provozieren wollen. Am Donnerstag hatte er Würzburg gegenüber dieser Zeitung noch als „vielfältige Integrationsstadt“ gerühmt. Jetzt sagt er, die Fahnen-Diskussion sei das Schlimmste, was passieren konnte.

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