Am Samstag hat der Schiffsbauer Bavaria im Rahmen der „Bavaria Open Days“ seine Tore für Interessierte aus der Region geöffnet. Die Besucher bekamen die Möglichkeit, an Rundgängen durch die 70 000 Quadratmeter große Produktion von Bavaria teilzunehmen oder sich Vorträge rund um den Bootsport anzuhören.
14 verschiedene Modelle
Höhepunkt für viele Interessierte war die große Ausstellung: 14 verschiedene Modelle von in Giebelstadt hergestellten Segelyachten und Motorbooten konnten ausgiebig besichtigt werden – einzige Einschränkung: Die Schuhe mussten mit speziellen Stofftüten verhüllt werden, um die empfindlichen Holzböden vor Kratzern zu schützen. Dafür gab es dann aber auch einiges zu sehen: Unter anderem konnten die Besucher auch das neue Modell E34 begutachten, das erst zwei Tage vorher beim Tag der Händler Weltpremiere gefeiert hatte. Das Boot gehört zu einer ganz neuen Kategorie von Verdrängungsmotorbooten, die zwar langsamer unterwegs sind, durch ihre Verbrauchsarmut aber deutlich umweltfreundlicher sind als herkömmliche Motorboote.
„Unsere Kunden müssen in der Regel nicht auf die Kraftstoffkosten achten, trotzdem hat das Thema ökologischer Fußabdruck in den letzten Jahren stark zugenommen“, erklärt Marketingchef Thorben Will. Mit dem neuen Bootstyp hat er große Pläne: „Ich glaube, dass das Boot zu einem der Top-Seller in Europa werden wird.“ Bekräftigt habe ihn dabei auch die Reaktion der Händler: „Normalerweise sind die bei solchen Premieren sehr kritisch, schließlich sind sie es, die die Boote letztlich an den Mann bringen müssen.“ Diesmal sei die Reaktion aber durchweg positiv gewesen.
Bavaria ist auf einem guten Weg
Insgesamt zeichnet Will ein positives Bild des Schiffsbauers, der während der Finanzkrise in Schieflage geraten war. Zahlen zu Umsatz und Gewinn darf er nicht herausgeben, nur so viel; „Wir holen uns die verlorenen Marktanteile wieder zurück, dem Laden geht es wieder gut.“ Einen Anteil daran hat wohl auch die Strategie, Bavaria stärker als Premiumanbieter zu positionieren. „Ein Porsche sind wir immer noch nicht, aber wo wir früher noch der Skoda unter den Yachtbauern waren, sind wir jetzt eher wie VW oder Audi.
“ Das sei auch deshalb wichtig, weil die Kunden immer anspruchsvoller werden. Es reiche nicht mehr, nur ein seetüchtiges Boot zu bauen, auch das Drumherum müsse stimmen.
Neues Produktionsverfahren
Zu besichtigen war in der Werkshalle auch das neue Produktionsverfahren, das seit Anfang des Jahres zum Einsatz kommt: Dabei werden die drei Module Rumpf, Deck und Innenausbau parallel zueinander gefertigt, bevor sie schließlich im Baukastenprinzip zusammengesetzt werden. 1000 Schiffe werden in Giebelstadt jährlich gefertigt, wobei ein durchschnittliches Schiff etwa 15 Tage lang die Fertigungslinie durchläuft.
Wo während der Finanzkrise noch der Nachfrageeinbruch das große Problem war, lauert die Gefahr heute ganz wo anders: Bavaria findet derzeit einfach nicht genügend Fachkräfte, um den Bedarf in der Produktion zu decken. Zwar muss die Produktion deshalb momentan noch nicht eingeschränkt werden, in der Zukunft könnte das aber anders aussehen. „Schreiben Sie ruhig dass wir immer auf der Suche sind!“, meint deshalb der Personalchef Rainer Hill. Auf der Suche nach Fachkräften sei man auch schon aktiv auf Geflüchtete mit entsprechenden handwerklichen Vorkenntnissen zugegangen – bislang aber ohne Erfolg.
Dabei hat das Unternehmen seine Mitarbeiterpolitik in den letzten Jahren entscheidend verändert: Vor einigen Jahren machte die Unternehmensführung noch mit einer unnachgiebigen Personalpolitik Schlagzeilen, die einer Einmischung von Gewerkschaften energisch entgegentrat.
Einigung mit der Gewerkschaft
„Früher wurde das Unternehmen geradezu diktatorisch geführt“, wird Betriebsrat Christian Hartmann auf der Website der IG-Metall zitiert. Seit dem Austausch der Geschäftsleitung habe sich aber vieles zum Besseren geändert. Mittlerweile ist es zu einer Einigung gekommen: Ein kürzlich abgeschlossener Tarifvertrag beteiligt die Beschäftigten stärker am finanziellen Aufschwung des Unternehmens. Gerade für Facharbeiter kam es dabei zu deutlichen Entgelterhöhungen.
Von dieser Entwicklung bekommen die Besucher freilich recht wenig mit. So auch der segelbegeisterte Rentner, der am Samstagmorgen die Möglichkeit nutzt, sich auch auf einem der ungeliebten Motorboote umzuschauen. Im Segleralltag kann er genau die nämlich gar nicht leiden, weil sie ihm beim Segeln das Leben schwer machen. „Die Motorbootfahrer sind alle gleich. Die wissen zwar nicht, wohin sie fahren wollen, sind dafür aber früher da.“