Geschäftsführer Constantin von Bülow hingegen verteidigt die Entscheidung als wichtigen Schritt zurück in die Gewinnzone und erntet damit sogar das Verständnis seines Betriebsrats und der Gewerkschaft IG Metall.
Die Stellenstreichung betrifft unter anderem die Finanzabteilung und den Vertrieb, sagt Constantin von Bülow – Abteilungen also, die mit der eigentlichen Produktion nichts zu tun haben. Von ehemals über 3000 Booten sei die Jahresproduktion im Zuge der Finanzkrise auf rund 1000 zusammengebrochen.
Eine entsprechende Anpassung der Unternehmensverwaltung habe nie stattgefunden. Stattdessen sei zuletzt in den nicht produktiven Bereichen sogar noch Personal aufgebaut worden, so von Bülow, der die Unternehmensführung im Frühjahr 2013 übernommen hatte.
Diese Darstellung bestätigt auch Betriebsratsvorsitzender Christian Hartmann. Seine Kritik richtet sich dabei vor allem gegen von Bülows Vorgänger Jens Ludmann. Der habe den Verwaltungsapparat von Bavaria geradezu aufgebläht.
Ludmanns Verhältnis zum Betriebsrat galt als schlecht, gegenüber der Gewerkschaft IG Metall gar als feindselig. Mehrfach hatte die Gewerkschaft zu Demonstrationen vor dem Werkstor aufgerufen, um Ludmann zu Verhandlungen über einen Haustarifvertrag zu zwingen.
Ein Dorn im Auge war den Metallern dabei die große Zahl von Leiharbeitern, die Bavaria beschäftigte. Im vergangenen Jahr seien noch bis zu 170 Leiharbeiter in Giebelstadt tätig gewesen, so Christian Hartmann. In diesem Jahr sei ihre Zahl auf rund 100 zurückgegangen. Im Gegenzug hat sich die Zahl der Stammbelegschaft auf knapp 600 Mitarbeiter erhöht.
Gerade in puncto Leiharbeit sucht Constantin von Bülow seit seinem Amtsantritt im April 2014 nach einem Ausgleich mit den Interessen des Betriebsrats. „Leiharbeit ist kein Erfolgsprinzip, sondern allenfalls ein notwendiges Übel“, sagt er gegenüber der Main-Post. Er sei stattdessen bemüht, eine gute und stabile Stammmannschaft aufzubauen. Geschehen ist dies in den vergangenen Monaten unter anderem mit der Übernahme von Leiharbeitern in ordentliche Beschäftigungsverhältnisse. Ein Problem für Bavaria sind dabei die saisonalen Schwankungen. Im Sommer sei praktisch Flaute auf dem Bootsmarkt, so von Bülow. Erst wenn auf den Messen die neuen Modelle präsentiert werden, komme die Nachfrage wieder in Gang. Um die Produktionsspitzen auszugleichen, setzt von Bülow auf Arbeitszeitkonten und findet darin die Unterstützung des Betriebsratsvorsitzenden. Ganz ohne Leiharbeiter werde Bavaria trotzdem nicht auskommen – „aber in einem vernünftigen Maß“.
Aufgeschlossen zeigt sich der neue Geschäftsführer auch gegenüber der IG Metall, wie deren Bevollmächtigter Walther Mann bestätigt. Von Bülow habe seine Bereitschaft zu Gesprächen über einen Tarifvertrag bekundet. Der angestrebte Haustarif werde den Interessen der Mitarbeiter ebenso Rechnung tragen wie der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, so Mann.
Die Lage habe sich im Vergleich zu den Vorjahren „dramatisch verbessert“, so Constantin von Bülow. Gleichzeitig lobt er die „äußerst produktive Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat“ und betont sein Interesse an Gesprächen mit der IG Metall. Gegenwärtig sei es für Tarifverhandlungen jedoch noch zu früh. „Es hat erst dann Sinn, über das Verteilen zu reden, wenn es etwas zu verteilen gibt“. Und gegenwärtig schreibe Bavaria noch Verluste.
Bavaria Yachtbau
Im Boomjahr 2007 hatte der amerikanische Finanzinvestor Bain Capital Bavaria Yachtbau von den einstigen Firmengründern übernommen – nach Brancheninformationen für einen Kaufpreis von rund 1,2 Milliarden Euro. Die mit der Finanzkrise begründete Kaufzurückhaltung und die Zinsbelastung von geschätzten 70 Millionen Euro jährlich, die Bavaria durch die Übernahme zu tragen hatte, brachten das einst hoch profitable Unternehmen an den Rand der Überschuldung. Die Jahresproduktion brach von über 3000 Jachten und Motorbooten im Jahr auf rund 1000 Einheiten zusammen. Die drohende Insolvenz vor Augen, verkaufte Bain Capital Bavaria weiter an die beiden Hedgefonds Oaktree Capital Management und Ancourage Advisors. Nach Informationen aus Finanzkreisen mit einem Verlust von 50 Prozent gegenüber dem eingesetzten Kapital. Bavaria Yachtbau wurde durch die neuen Eigentümer entschuldet und nach mehreren Wechseln in der Geschäftsführung im April 2013 erneut umstrukturiert. Constantin von Bülow, der neu berufene Geschäftsführer, gehört dem sogenannten Operations Team von Oaktree Capital Management mit Sitz in Los Angeles an. Dessen Aufgabe ist es, übernommene Unternehmen wieder profitabel zu machen. Im Gegensatz zu klassischen Hedgefonds, die mit dem Ziel vorgehen, Unternehmen zu sanieren und möglichst schnell mit Gewinn zu veräußern, verfolgt Oaktree nach eigenen Angaben langfristige, strategische Anlageinteressen. TEXT: MEG