Wäre ich Fahrrad gefahren und hätte den Herzinfarkt unterwegs erlitten, wäre ich liegen geblieben“, sagt Hans Schlund (62 Jahre alt) aus Hettstadt. Er ist sich sicher, er wäre gestorben. Bei seinem Herzinfarkt im Fitnessstudio zeigten aber die richtigen Leute die richtige Reaktion: Pulsmessen, Mund-zu-Mund-Beatmung, Herzdruckmassage, Defibrillator. Die Soforthilfe rettete Hans Schlund das Leben, wie er selbst meint. An diesem Mittwoch jährt sich das Geschehen zum ersten Mal.
In der Hoffnung, dass noch viel mehr Leute an einem Erste-Hilfe-Kurs teilnehmen oder ihn auffrischen, beschreiben die Beteiligten den Vorfall. Andreas Götz war zu diesem Zeitpunkt Gast im Fitnesscenter „mein Studio“ im Gewerbegebiet Waldbüttelbrunn. Als Hans Schlund mit Herz- und Atemstillstand zu Boden fiel, reagierte Götz sofort. Weil er am Bewusstlosen keinen Puls mehr fühlte, fackelte er nicht lange und begann mit Mund-zu-Mundbeatmung und Herzdruckmassage. Gleichzeitig alarmierte das Team des Studios den Rettungsdienst. Studiochefin Marion Holzer beauftragte Trainer Marcel Breun, den Defibrillator zu holen, den sie kurz zuvor gekauft hatte. „Der erkennt den Herzrhythmus und wertet ihn aus“, so Schlunds Nachbar Michael Hennrich, selbst Krankenpfleger.
„Viele reagieren nicht schnell genug oder falsch.“
Hans Schlund, geretteter Herzinfarkt-Patient
Hennrich fuhr Gabriele Schlund, die Frau von Hans Schlund aus Hettstadt ins Fitnessstudio zu ihrem Mann. Inzwischen waren Ersthelfer mit zwei Teams vor Ort und schlossen einen noch größeren Defibrillator an, bis der Notarzt „nach 20 bis 25 Minuten eintraf“, berichtet Trainer Breun.
Heute sagt der Patient von damals: „Leider ist es immer noch so, dass ein großer Teil der Zeugen eines Kreislauf- und Atemstillstandes nicht schnell genug oder falsch reagieren“, so Schlund. Viele hätten Hemmschwellen und griffen nicht ein. Nur etwa sieben bis elf Prozent der Patienten würden nach solch einem Ereignis das Krankenhaus lebend verlassen, und diese teils behindert.
Hans Schlund selbst hat keine Erinnerung daran: „Die ersten Minuten sind entscheidend“, betont er. „ Man ließ mich nicht einfach liegen und wartete auf den Rettungsdienst, sondern begann sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen. Es ist in der Zeit, die bis zum Eintreffen des Rettungswagens und des Notarztes verging, zwar nicht gelungen, das Herz wieder regelmäßig zum Schlagen zu bringen, die Versuche haben im Zusammenwirken mit der Beatmung und der Druckmassage aber offensichtlich ausgereicht, die Sauerstoffversorgung meines Gehirns zu gewährleisten“. Schlund wurde in die Uni-Klinik gebracht und in ein künstliches Koma versetzt. Nach fünf Tagen wachte er auf. „Ich habe mich gut gefühlt, euphorisch,“ sagt er. Es folgte eine Bypass-Operation am Herzen.
Hans Schlund fühlt sich wieder fit und ist dankbar, dass er ohne Hirnschaden wieder auf die Beine kam. Derzeit nimmt er im Studio vor allem an Yoga und Pilateskursen teil, und hier und da trainiert er auch an den Maschinen, „damit die Muskeln aufgebaut bleiben“ – mit Zustimmung seines Arztes.
Für den Defibrillator zahlte Studio-Chefin Marion Holzer 1000 Euro. Defibrillatoren sollten unbedingt auch an öffentlichen Plätzen angebracht werden, zum Beispiel in Flughäfen und Hotels, appelliert Krankenpfleger Hennrich.
Schlund versuchte nach einiger Zeit, wieder zu arbeiten, als Regierungsschuldirektor. Doch war er der Arbeit nicht mehr gewachsen, sagt er. Jetzt stehe die Pensionierung an.