Ihre Mutter sei krank, ihr Handy kaputt, ihre Miete überfällig – über 14 000 Euro hatte sich eine 20-Jährige so von den drei Männern erschlichen, die nun vor dem Amtsgericht Würzburg gegen sie aussagten. Ein Jahr und neun Monate Jugendstrafe ohne Bewährung gab ihr das Jugendschöffengericht wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 28 Fällen. "Man muss ihr zu Gute halten, dass die Männer es ihr leicht gemacht haben", sagte Richter Jürgen Reiher.
Kuss auf den Mund beim ersten Kennenlernen
"Leila" nannte sich die aus Ungarn stammende Frau auf der Online-Plattform, wo sie sich mit Männern wie dem Zeugen Z. verabredete. Mit dem 53-Jährigen verbrachte sie einen Tag und brachte ihn dazu, ihr Geld und ein Handy für insgesamt 430 Euro zu geben. Danach sah er sie nie wieder.
Der Zeuge S. kaufte ihr beim ersten Date ein Smartphone für über 1000 Euro. "Sie hat mich zur Begrüßung auf den Mund geküsst", sagte S. im Zeugenstand aus. Sie bekomme bald Gehalt, erklärte "Leila", dann bekomme er das Geld zurück.
Man reist ihr bis nach Ungarn nach
Geld und Wertgegenstände für über 7000 Euro gab der 59-jährige S. der Angeklagten innerhalb weniger Tage nach ihrem Kennenlernen. Um an Geld zu kommen, erfand "Leila" immer neue Geschichten: "Nach unserem zweiten Treffen rief sie mich an, als ich auf dem Heimweg war: Ihre Mutter sei gestorben, ob ich zurückkommen und bei ihr sein könne", erinnerte sich S. Er gab ihr Geld für die Beerdigung und die Reise in ihre ungarische Heimatstadt und reiste ihre sogar dorthin nach.
Er zeigt sie an – und nimmt sie dann doch wieder bei sich auf
Nach zwei Tagen musste er zurück nach Deutschland, sie blieb in Ungarn, in einem Hotel, das er bezahlte. S. wurde misstrauisch und ging zur Polizei. Dort erfuhr er, dass sogar ihr Name erfunden war. Er zeigte sie an.
Als sie zurück nach Deutschland kam, wartete er mit der Polizei am Bahnhof in Karlsruhe. Die Beamten nahmen "Leila" mit auf die Wache, ließen sie aber am selben Tag gehen – und S. nahm die 20-Jährige doch wieder mit zu sich nach Hause. "Was sollte ich denn machen, sie einfach am Bahnhof stehen lassen?", sagte er vor Gericht.
Er habe im Internet eine Partnerin gesucht. "Leila" habe ihm von Anfang an das Gefühl gegeben, dass aus ihrer Bekanntschaft mehr werden können.
Guten Willen ausgenutzt
Auch bei dem Zeugen M. hatte "Leila" leichtes Spiel: Vor dem Würzburger Dom sprach sie den 68-Jährigen an, mit einem kleinen Kind auf dem Arm und ihrem angeblichen Bruder im Schlepptau. Über Wochen sendete er auf ihre Bitten hin per Western Union Geld an wechselnde Empfänger in Ungarn. "Nennen Sie mich naiv, aber ich habe schon mehrmals Menschen in Not Geld geliehen und immer gute Erfahrungen gemacht", sagte der Zeuge vor Gericht.
Nach einem Besuch von "Leila" und dem Bruder in der Wohnung von M. vermisste dieser plötzlich seine Kreditkarte. Er kontaktierte die Polizei. Als sie ihn erneut um Geld bat, fuhr er mit ihr zur Bank und fragte sie beiläufig, in welchem Hotel sie zur Zeit wohne. Die Information gab M. an die Polizei weiter, die "Leila" und den Bruder am Tag darauf festnahm.
War der "Bruder" ihr Zuhälter?
Was brachte die 20-Jährige dazu, die Männer so systematisch zu betrügen? Die Angeklagte sagte aus, dass der Mann, den sie als ihren Bruder ausgegeben hatte, eigentlich ihr Ex-Freund sei. Er habe sie unter Druck gesetzt, ihr die Tochter weggenommen, damit sie ihm Geld besorgte. Auch zur Prostitution habe er sie gezwungen.
Nach den Aussagen der drei bestohlenen Männer kamen der Richter und die Schöffen zu einem Urteil: Dass Geld im Austausch für Zärtlichkeiten geflossen sei, glaubten sie der Angeklagten nicht. Aus den Aussagen der Jugendgerichtshilfe und des Polizisten, der "Leila" und ihren angeblichen Bruder festgenommen hatte, schloss das Gericht außerdem, dass die Angeklagte und der Mann weiter in einer Beziehung stehen. "Wir gehen von Mittäterschaft aus", sagte der Richter.