Warum sollte man das Thema Flüchtlingswohnraum privaten Investoren überlassen? Warum sollen sie sich in dieser Notsituation und angesichts der lukrativen Mieten, die der Staat und somit der Steuerzahler mitunter dafür zahlen, eine goldene Nase verdienen? Warum nehmen die Kommunen das Heft nicht selbst in die Hand, kaufen Immobilien und modeln sie zu dezentralen, also mehrjährigen Unterkünften, um? Warum nutzen sie nicht die Chance, um so aktiv die Aufnahme und – langfristig betrachtet – die Integration der Flüchtlinge vor Ort in eigener Regie planen und steuern zu können?
Diese Fragen warf Höchbergs Bürgermeister Peter Stichler (SPD) beim zweiten Arbeitstreffen der Bürgermeister zum Thema Asyl auf, zu dem die Kreisversammlung des Bayerischen Gemeindetages eingeladen hatte. Der Höchberger Rathauschef lieferte konkrete Überlegungen, wie die Landkreisgemeinden das miteinander bewerkstelligen könnten. Er schlug vor, dass sich die Kommunen proportional zu ihrem Bevölkerungsanteil im Landkreis die Flüchtlinge aufteilen sollten. Bei angenommen 1000 Asylsuchenden, die wohl dauerhaft im Landkreis bleiben werden, bedeute das beispielsweise für Höchberg 60 Flüchtlinge, für Estenfeld 30, für Eisingen 21 und so weiter.
„Das sind Dimensionen, die können die einzelnen Kommunen schaffen“, ist Stichler überzeugt.
Auch finanziell sollte das selbst für kleinere Gemeinden tragbar sein, wenn es etwa darum gehe, passende Immobilien anzukaufen oder zu Flüchtlingsunterkünften herzurichten. Derzeit zahlt der Landkreis an Privatvermieter 25 Euro pro Tag für den Platz eines erwachsenen Flüchtlings. Mit dieser Pauschale sind alle Nebenkosten, Umlagen, Investitionen und Ähnliches abgegolten. „Wir müssen ja nicht wie die Privaten für 25 Euro pro Tag und Platz vermieten. Auch wenn wir die ortsüblichen Mieten ansetzen, würde sich die Investition ja amortisieren“, warb Stichler für seine Idee. Um den Weg zu diesen kommunal organisierten Unterkünften zu ebnen, seien zudem vereinfachte und damit schnellere Bauverfahren wünschenswert, schreibt Stichler in seinem kürzlich an alle Bürgermeister und das Landratsamt gerichteten Brief. Darin präzisiert er seine Idee.
Der größte Pluspunkt: Die Gemeinde hätte in dieser Konstellation viel mehr Einfluss darauf, wo und in welchem Umfang in ihrem Ort langfristige Flüchtlingsunterkünfte entstehen, so Stichler. „Wenn ein privater Investor kommt und auf einen Schlag Platz für 100 Flüchtlinge schafft, muss ich schauen, wie ich diese Menschen in die gemeindliche Infrastruktur, in die Kitas, die Schulen, den Arbeitsmarkt integrieren kann.“ Um solche schwierige Situationen zu vermeiden, plädierte er für mehr Eigeninitiative seitens der Kommunen. Man müsse die übergeordneten Behörden, den Landkreis und die Regierung von Unterfranken entlasten, zumal die Integration der Flüchtlinge letztlich doch von den Kommunen, den Menschen vor Ort gestemmt werden müsse.
Und eines sei doch klar, so Stichler: „Wir müssen weg vom Konzept der wechselnden Notunterkünfte.“ Die Hallen oder Bürgerhäuser herzurichten, Ausweichmöglichkeiten für die Vereine oder Schulklassen zu finden, die Helfer vor Ort zu organisieren – das würde zunehmend zu einer Belastungsprobe für alle. Auch für die Flüchtlinge, die das Lagerleben allmählich satt haben.