Silvester steht vor der Tür, und da drängt es fast alle hinaus zum Feuerwerk am Nachthimmel. Mit welchen leuchtenden Krachern wird Fritz Woesch mit seiner Familie das neue Jahr begrüßen? „Um Gottes Willen! Nee, ich verbrenn´ mir doch nicht die Finger“, sagt er lachend und dass er mit den Seinen heuer wohl zum Stein geht, um sich das Ganze mal von oben anzuschauen. Dass Fritz Woesch zum Jahreswechsel einmal die Finger von Raketen und Krachern lässt, ist mehr als verständlich, denn er ist das ganze Jahr als Würzburgs „Knallfrosch Nr. 1“ unterwegs. Ein solches Wort ist für ihn keine Beleidigung, er ist damit als Pyrotechniker groß geworden. Rund 100 Großfeuerwerke inszeniert er im Jahr im gesamten Süddeutschen Raum und illuminiert traditionsreiche Veranstaltungen wie auch das Würzburger Mozartfest. Bei Großereignissen begleitet und unterstützt ihn seine Frau Gisela, die von ihrem Mann schwärmt: „Niemand malt solche Bilder an den Nachthimmel wie er.“
Vor ein paar Jahren ist sein Sohn Julian in vierter Generation in die Fußstapfen seines Vaters getreten und macht vieles heute selbstständig. Zu Silvester ist er alleine im Bayerischen Wald und verzaubert die Nacht. „Wir haben ein Alter erreicht, dass man auch mal eine Pause machen darf“, sagt der Senior-Chef.
Feuerwerke wurden schon vor Tausend Jahren im Reich der Mitte gezündet. Dagegen ist die Tradition der Firma Woesch vergleichsweise jung, doch gehört sie mit 146 Jahren schon zu den ältesten in Würzburg. Der Chemikalienhändler Friedrich Woesch hatte das Unternehmen 1870 in der Wredestraße in der Zellerau gegründet. Die denkmalwerte Woesch-Villa wurde vor einigen Jahren abgerissen. Das Unternehmen hat längst seinen Standort am Friedrich-Bergius-Ring.
Fritz Woesch, gelernter Diplomkaufmann und Pyrotechniker, ist die dritte Generation der Würzburger Feuerwerker. Seine erste Lehrstunde erhielt er als Bub 1956 von seinem Vater: Der gab ihm eine Schelle, weil er in der Mülltonne einen Kanonenschlag gezündet hatte, der dann das Gras im Garten in Brand setzte. Daraufhin nahm ihn der Vater an die Hand. Schon als Schüler, später im BWL-Studium, fuhr Fritz Woesch mit, um bei großen Feuerwerken zu helfen. Was Woesch auf der Steinburg heute Nacht zu sehen bekommt, hat mit seiner Kunst nichts zu tun. Bei ihm sind Feuerwerke inszenierte Schauspiele mit spannender Dramaturgie und einem „finale furioso“. Dagegen ist das Feuerwerk in der Stadt ein wildes – und gefährliches – Durcheinanderballern. Letztes Jahr hat er Silvester in einem noblem Hotel in Würzburg gefeiert und um Mitternacht auf dem Dach des Hauses das Feuerwerk der Gäste miterlebt. „Gott o Gott, das kann ich mir nicht anschauen, wir bringen uns in Sicherheit“, hat er gesagt und ist mit seiner Frau geflüchtet. Aus Erfahrung weiß Woesch, dass vor allem junge Leute völlig unbedarft an die Sache herangehen, „und dann ist schnell was passiert“. Bei Feiern mit vielen Leuten sollte man lieber den Fachmann ranlassen. „Ein einziger Verletzter, und der Spaß ist vorbei.“
Die Firma Woesch hat sich auf Feuerwerke spezialisiert, die es so im Handel nicht gibt. Doch drei Tage vor Silvester und mit Ausnahmegenehmigung auch einmal unterm Jahr können Knallkörper von jedermann erworben werden. Zu 90 Prozent seien dann Billigprodukte aus China auf dem Markt. Käufer sollten zumindest darauf achten, dass das CE-Zeichen der Bundesanstalt für Materialprüfung auf der Verpackung ist. Dringend warnt Woesch vor „Polen-Böllern“, die illegal über die Grenze kommen. Oft fehle hier die Sicherheitszündschnur, die dem Anwender Zeit gibt, sich zu entfernen. Auch rät Woesch dringend davon ab, an den Batterien zu manipulieren, denn „Schießpulver ist kein Niespulver“.
Woesch wundert es, was bei Laien alles erlaubt ist. „Wir als Feuerwerkerei haben ganz andere Sicherheitsvorschriften. Da ist eine Riesenlobby dahinter, die höhere Sicherheitsvorschriften verhindert“, kritisiert er. Er verweist auf querfliegende Raketen auf dem Marktplatz und dass niemand da sei, „der solchen Verrückten auf die Finger klopft“.
Immerhin sieht der Pyrotechniker im neusten Trend auf dem Feuerwerksmarkt eine Verbesserung. Nach den zur Mode gewordenen Batterien gehe jetzt der Trend zum Verbundfeuerwerk, das verschiedene Batterien miteinander verbindet. So muss nur einmal angezündet werden, und die Raketen steigen mit unterschiedlichen Effekten und Farben in den Nachthimmel. Das System sei einigermaßen sicher, weil man nur einmal anzünden muss und weil es eine größere Aufstellfläche hat, so Woesch.
Dass Pyrotechnik trotz aller Erfahrung und Vorsichtsmaßnahmen eine gefährliche Angelegenheit ist, hat Friedrich Woesch am eigenen Leib erfahren, als bei einem Volksfest eine fehlerhafte Rakete die Abschussanlage zerfetzte und ein Metallteil ihn genau zwischen Helm und Schutzbrille an der Stirn traf. Seitdem trägt Woesch bei der Arbeit wie Feuerwehrleute einen Helm mit Schutzvisier. Aus schmerzhafter Erfahrung rät er zu Silvester allen Hobby-Zündlern: "Vorsicht ist die Mutter aller Feuerwerke.“ Wer heute noch Rat von Experten und ordentliche Ware haben will, hat dazu noch bis 14 Uhr Gelegenheit bei Friedrich Woesch im Gewerbegebiet Ost gegenüber dem Gefängnis.