Die Ausbreitung des Coronavirus fordert die Einrichtungen der Altenhilfe. Wie die bisherigen Todesfälle nur bestätigen, sind betagte und kranke Menschen durch die neuartige Lungenkrankheit besonders gefährdet. Deshalb hat die Staatsregierung mit der ab Samstag geltenden strikten Ausgangsbeschränkung unter anderem Senioren- und Pflegeheime nun komplett für Gäste von außerhalb gesperrt. Zuletzt war immerhin noch täglich ein Besuch von maximal einer Stunde möglich.
Sicherheit geht vor: Keine Besuche mehr in den Seniorenheimen
Einige Träger und Heime in der Region hatten schon in den vergangenen Tagen den Besuch von Bewohnern gänzlich untersagt. Sicherheit hat Vorrang. Niemand möchte in eine Situation kommen wie das Würzburger Ehehaltenhaus/St.Nikolaus: In der Einrichtung sind bereits fünf ältere Bewohner am Coronavirus gestorben.
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Das Pflegepersonal ist verunsichert. Auch deshalb haben sich am Freitag nach einem Krisengipfel mehrere Träger von Seniorenheimen in Stadt und Landkreis Würzburg an Oberbürgermeister und Landrat gewandt: Sie sollen qua Befugnis für den Katastrophenschutz anordnen, dass in jedem Pflegeheim mindestens für sechs Stunden am Tag ein niedergelassener Arzt zur Verfügung steht.

Als größte Träger in Unterfranken – neben der Caritas – haben sich dieser Forderung die Arbeiterwohlfahrt, das Bayerische Rote Kreuz, das Bürgerspital und das Kommunalunternehmen (KU) des Landkreises Würzburg angeschlossen, wie dessen Vorstand Alexander Schraml im Gespräch bestätigt. Das KU selbst betreibt sieben Pflegeheime im Landkreis, die Arbeiterwohlfahrt 17 stationäre Einrichtungen in Unterfranken.
Senioren müssten im Krankheitsfall nicht gleich in die Klinik
Die Seniorenheimträger sehen Schraml zufolge mehrere Vorteile, wenn die Ärzte vor Ort wären: Alte Leute müssten im Krankheitsfall nicht sofort vom Heim in die Klinik verlegt werden, wo ohnehin gerade um Bettenkapazität gerungen wird. Und wenn sie doch von einem Klinikaufenthalt zurückkommen, wären sie ärztlich gut weiterversorgt. Außerdem gebe die Anwesenheit eines Arztes im Heim dem stark belasteten Pflegepersonal Sicherheit.
Abzurechnen wären solche Einsätze laut Schraml nicht über die Kassenärztliche Vereinigung (KVB), sondern könnten der anordnenden Katastrophenschutz-Behörde in Rechnung gestellt werden. Im Idealfall würde die Heimschicht von einem Hausarzt übernommen, aber auch Fachärzte, so die Auffassung der Träger, kämen dafür in Frage. Kapazität sei vorhanden, weil in vielen Praxen aus Angst vor einer Corona-Ansteckung derzeit weniger Betrieb ist.
Hausärzte beraten über den Vorschlag
Und wie sehen die Ärzte selbst diesen Vorstoß? Der Bezirksvorsitzende des Hausärzteverbandes und unterfränkische KVB-Sprecher Christian Pfeiffer weiß um den Wunsch der Heime. Eine Entscheidung gibt es aber noch nicht: "Es wird momentan über die Problematik beraten und nach einer tragfähigen Lösung gesucht", sagte er am Freitag auf Anfrage.
Unterdessen warnt die Caritas der Diözese Würzburg vor einem Mangel an Schutzausrüstungen in der Altenpflege und in Behinderteneinrichtungen gewarnt. Den Dienststellen des katholischen Wohlfahrtsverbands fehle es zunehmend an notwendigen Ressourcen, erklärte Caritasdirektorin Pia Theresia Franke am Freitag gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur KNA. Sie bat den Freistaat um Hilfe. Außerdem forderte Franke einen finanziellen Schutzschirm für die Sozialwirtschaft in Bayern. Es brauche die Zusage, „dass öffentliche Finanzierungen weiter erfolgen und existenzgefährdende finanzielle Belastungen ausgeglichen werden.“
Caritas: In der Altenpflege fehlt es an Schutzausrüstung
An Schutzausrüstung mangele es etwa in der stationären Jugendhilfe. Für Unterfranken brauche es allein hier 360 Sätze. Akut sei der Bedarf auch in der Altenpflege. Eine Erhebung unter den 130 Diensten und Einrichtungen in der Altenpflege habe gezeigt, dass vielerorts schon jetzt Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken benötigt würden. „Wenn hier nicht bald Abhilfe geschaffen wird, werden mit Corona infizierte pflegebedürftigen Menschen ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen“, warnte die Leiterin des Fachbereichs Altenhilfe im Diözesan-Caritasverband, Sonja Schwab.