Die Statistiken sind bekannt: Unsere Gesellschaft wird immer älter. So stellt sich in steigendem Maße für Menschen die Frage, ob und wie sie im hohen Alter noch in der eigenen Wohnung wohnen können.
Betroffene sind mit Umbau oft überfordert
Sie können es oft nur, wenn die eigenen vier Wände altersgerecht, also vor allem barrierefrei umgebaut werden. Damit seien viele Betroffene überfordert, hört man von Fachleuten. Die Probleme fangen demnach schon bei der Suche nach einem kompetenten und weitsichtigen Handwerker für den meist teuren Umbau der Wohnung an. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland eine halbe Million Wohnungen, die nicht barrierefrei und damit nicht altersgerecht sind.
Architekt: Auch Jüngere kommen aufs Thema
Das Thema ist längst keines mehr allein für ältere Generationen, meint Architekt Armin Kraus aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart). Er ist in der Bayerischen Architektenkammer Berater in Sachen Barrierefreiheit und hat beobachtet, dass sich „in den vergangenen fünf Jahren“ immer mehr auch junge Familien beim Bau ihres ersten Hauses schon mit altersgerechter Ausstattung auseinandersetzen.
Dass das Thema anzieht, hat die Handwerkskammer für Unterfranken (HWK) in Form von steigenden Anfragen nach passenden Betrieben ebenfalls festgestellt. So die Aussage von Gottfried Baumgartner, der das kammereigene Kompetenzzentrum für Energietechnik in Würzburg leitet und Koordinator für barrierefreies Bauen in Unterfranken ist.
Handwerker in der Region können sich zertifizieren lassen
Zusammen mit Architekt Kraus und Tobias Konrad, Wohnberater des Landkreises Würzburg, hat Baumgartner vorangetrieben, dass sich Handwerksfirmen in der Region zum „Fachbetrieb für barrierefreies Bauen/Generationenfreundlicher Betrieb“ zertifizieren lassen.
Dieser neue Titel soll den Kunden Orientierung geben: Jene Unternehmer sind speziell geschult, wenn es um den altersgerechten Ausbau von Häusern und Wohnungen geht. Das Zertifikat wird bundesweit angeboten, in Unterfranken haben es nach HWK-Angaben bislang zwölf Handwerksbetriebe. Sie sind vor allem in den Sparten Bau/Ausbau und Sanitär/Heizung aktiv.
Was die Fortbildung vermittelt
In der Fortbildung geht es unter anderem darum, welches Potenzial der Markt in Sachen altersgerechter Umbau hat, wie man als Handwerker mit dieser Art von Kunden umgeht, welche Gesetze und Normen wichtig sind und welche finanzielle Förderung der Kunde für den Umbau in Anspruch nehmen kann. In dieser Hinsicht geschulte Handwerksbetriebe haben nach HWK-Angaben einen Wettbewerbsvorteil.
Beispiel Würzburg: alt, älter – und dann?
Wie sehr dieser Vorteil zum Tragen kommen könnte, zeigt allein der Blick auf den Landkreis Würzburg und die Altersstruktur der Menschen dort. Im „Seniorenpolitischen Gesamtkonzept“ des Landratsamtes ist zu lesen, dass 2014 in der Region 31 500 Menschen im Alter von 65 Jahren und älter lebten. Schon 2024 werden es 22 Prozent mehr sein. Und: Die Zahl der zu Hause lebenden Pflegebedürftigen werde in der Region Würzburg zwischen 2013 und 2023 um 14 Prozent gestiegen sein. Allesamt sind das für das Handwerk potenzielle Kunden von heute und morgen.
Was ein Handwerker meint
Einer der zertifizierten Handwerker ist Matthias Nees. Er führt in Würzburg-Heidingsfeld den Sanitärbetrieb Alsheimer GmbH und hat bei altersgerechtem Umbau von Wohnungen beobachtet: „Die Mehrfamilienhäuser sind das Problem.“ Grund: Aufgrund der enger ausgelegten Architektur der Gebäude sei es oft schwierig, bodengleiche Duschwannen oder Lifte einzubauen. Für die Fortbildung zum „Fachbetrieb für barrierefreies Bauen“ habe er sich entschieden, „weil ich neugierig war“ – und weil ihm die Tragweite dessen klar sei, was die demografische Entwicklung in der Region nach sich ziehen wird.
Wer seine Wohnung altersgerecht umbauen möchte und dafür Beratung braucht, kann sich an Wohnberater wie Tobias Konrad im Landratsamt Würzburg wenden. Solche Berater gibt es nicht in allen Städten und Landkreisen in Unterfranken, mitunter stehen aber andere Ansprechpartner zur Verfügung. Eine Übersicht: www.wohnungsanpassung-bag.de („Wohnungsberatungsstellen“).
Fortbildung für barrierefreies Bauen Die zertifizierte Fortbildung „Fachbetrieb für barrierefreies Bauen/Generationenfreundlicher Betrieb“ wird in der Region von der Handwerkskammer für Unterfranken angeboten. Sie richte sich in erster Linie an Meister und Gesellen aus den Bereichen Bau/Ausbau und Gebäude-Energieberatung sowie an Bauingenieure und Architekten, so die Kammer. Der zweitägige Kurs kostet 295 Euro. Nächste Termine: 13./14. April und 16./17. November. Wer das Zertifikat hat, wird kostenlos in eine Firmendatenbank im Internet aufgenommen, in der Kunden Betriebe ihrer Wahl finden können. Anmeldung für die Kurse und weitere Infos: www.energietechnik-hwk.de/generationenfreundlich (aug)