Der 22. November 1975 war ein absoluter Freudentag für die Spieler und Fans von Eintracht Frankfurt – und für den Estenfelder Gerhard Bayer. Mit 6:0 (Halbzeit 5:0) jagten die Frankfurter den FC Bayern München im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga vor 55 000 Zuschauern aus dem Waldstadion. „Damals hat mich das Eintracht-Fieber gepackt“, sagt Bayer. Und das lag sicher nicht nur an der Klasse des Spiels, sondern auch daran, dass Gerhard Bayer eigentlich Fan vom TSV 1860 München ist, den „Löwen“.
Bayer schaut versonnen auf das Modell des Eintracht-Stadions auf seinem Wohnzimmertisch. Ein Dreivierteljahr hat der 56-Jährige herumgebastelt, um es so exakt wie möglich nachzubauen. Er hat unzählige Fotos von außen und von innen geschossen, alles auf Fotopapier ausgedruckt und unzählige Stunden mit der Pinzette die unendlich vielen Einzelteile zusammengesetzt.
Entstanden ist ein verblüffend detailgetreues Abbild der heutigen Commerzbank-Arena. Mitsamt Beleuchtung, 52 000 Zuschauern und einer Fan-Choreographie in der Westkurve. Alles auf einem Bilderrahmen mit der Fläche von 40 mal 50 Zentimetern.
Dass es den Löwen-Fan ins Stadion nach Frankfurt verschlagen hat, hängt mit der Familie zusammen, die in der Nähe von Frankfurt lebt. „Mein Vater und meine Brüder haben alle Fußball gespielt. Da lag es nahe, dass ich auch vom Fußball begeistert war“, erzählt er.
Fußballstadien haben ihn schon von Kindesbeinen an fasziniert. Viele der großen deutschen Arenen hat er besucht. Er war in Dortmund – auch schon im damaligen Stadion „Rote Erde“, neben dem das geniale Westfalenstadion entstanden ist. Er war in Bochum und auf Schalke. Auch in Schweinfurt, als der FC 05 Zweitligist war. Doch immer wieder zog es ihn nahezu magisch nach Frankfurt ins damalige Waldstadion und in die spätere Commerzbank-Arena.
Im letzten Sommer hat er gemeinsam mit seiner Frau Iris Müller-Bayer eine Stadion-Führung mitgemacht. Die endete wie üblich im dortigen Eintracht-Museum. „Da habe ich spontan den Entscheidung getroffen, das Stadion nachzubauen“, erzählt Byer. Noch am selben Tag ist er einmal um das das gesamte Stadion herum gewandert und hat alle Einzelheiten fotografiert. Später kamen noch Fotos von Zuschauern dazu, und auch die Werbebanden lichtete der Berufs-Fotograf und Inhaber eines Fotostudios in Würzburg ab, um alles auf Fotokarton zu drucken – sogar die Pflastersteine rund ums Stadion.
Das eigentliche Stadion hat er auf einer filigranen Holzkonstruktion aufgebaut. Die Fassade hat er fein säuberlich aufgeklebt, und die Fahnen vor dem Haupteingang fehlen ebenso wenig wie der Videowürfel unter dem Stadiondach.
Um so detailliert wie möglich zu arbeiten, hat Bayer immer wieder Einzelheiten am Stadion fotografiert, um sie daheim einbauen zu können. Und auch an das Flutlicht hat er gedacht: Es ist eine LED-Lichterkette, wie sie für kleine Weihnachtsbäume gedacht ist.
Zwischendurch sind ihm schon mal Zweifel gekommen, ob er das Projekt überhaupt fertig machen soll. „Dann hat meine Frau gesagt: 'Nix da, das wird jetzt zu Ende gebracht!'“, erzählt er. Dass er sich daran gehalten und ein einmaliges Modell gebaut hat, macht ihn schon stolz. Vor vielen Jahren hatte er schon das Grünwalder Stadion, das damalige Heimstadion der „Löwen“, nachgebaut. Das ist allerdings bei einem Umzug zu Bruch gegangen. Um so mehr hütet er jetzt die Commerzbank-Arena.
Dass der Stadionnachbau zum Hobby werden könnte, wenn er pensioniert wird, ist eher unwahrscheinlich. „Da werden wir uns die Ruhe gönnen und vielleicht auf einem Campingplatz einen Sommer-Dauerplatz für unseren Wohnwagen mieten“, sagt er. Aber natürlich stehen noch jede Menge Stadionbesuche auf dem Programm.