Den ersten regionalen Apfelsaft, der den Anbau von Streuobst im Landkreis Würzburg fördern soll, stellte Hubert Marquart bei einer Verkostung in Eisenheim vor. Mit einem edlen fränkischen Etikett und einem frischen fruchtigen Geschmack soll der Saft die Verbraucher überzeugen. Hergestellt wird das Getränk nach Richtlinien des NABU (Naturschutzbund Deutschland), was bedeutet, dass die Obstbauern auf Pestizide, Dünger, Müllkompost, Klärschlamm und gentechnisches Material verzichten müssen.
30 Tonnen Äpfel von heimischen Streuobstflächen hat die Bayla Würzburg im vergangenen Herbst unter diesen Kriterien verarbeitet, sagte Marquart, der Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes Würzburg (LPV), bei der ersten Verkostung des Saftes in Eisenheim.
Eine Preisgarantie von 15 Euro pro Doppelzentner für die nächsten drei Jahre gibt der Würzburger Safthersteller den Obstbauern und damit einen deutlich besseren finanziellen Anreiz als üblich. „Bei einem reinen Bio-Apfelsaft wird sogar noch mehr gezahlt“, kündigte Marquart an. Zum Vergleich: Normalerweise erlöst man für Mostäpfel nur acht bis zehn Euro pro Doppelzentner. Den ersten „Würzburger Streuobst-Apfelsaft“ kann man derzeit nur direkt bei der Bayla in Würzburg erwerben, bald soll es ihn auch im Handel geben.
Mit dem angemessenen Preis hofft der LPV-Geschäfstführer nun, die Pflege von Streuobstwiesen im Landkreis Würzburg wieder attraktiver zu machen, um so die alten Bestände erhalten zu können. Denn für viele Besitzer seien die „Baamaländle“ inzwischen eine zeitaufwendige Last. Aber für die heimische Kulturlandschaft sind die Streuobstwiesen von besonderer ökologischer Bedeutung.
Das hat auch die Streuobstkartierung des LPV im Landkreis gezeigt, bei der von 2007 bis 2009 über 5000 Bäume aufgenommen und 3900 sicher bestimmt wurden. 144 zum Teil sehr alte und seltene Apfel- und 39 Birnensorten fanden die Pomologen, darunter auch zwei äußerst seltene Röhrlesbirnen in Uengershausen.
Die Kartierung ist für den LPV nach wie vor ein Thema. Dabei fällt das Augenmerk immer wieder auf brachgefallene Flächen, die man genauer unter die Lupe nimmt und hofft, vielleicht etwas Seltenes oder sehr Altes zu finden. In erster Linie geht es aber inzwischen um die Sicherung der alten Sorten. Insgesamt 250 Bäume wurden deshalb in Würzburg, Kürnach, Bütthard und Reichenberg gepflanzt und mit Reisern alter Sorten gepfropft.
Auch die Nachpflanzung und Verjüngung der zum Teil sehr stark veralteten Bestände ist in vollem Gange. Denn bei der Kartierung hatte man festgestellt, dass weniger als ein Drittel der im Landkreis gefundenen Apfel- und Birnbäume stark überaltert und wenig vital waren.
Dass die Vermarktung des Streuobstes ein Dilemma ist, machte auch der Pomologe Wolfgang Subal deutlich. „Viele alte Sorten sind aus dem Sortiment der Supermärkte geflogen, weil die Früchte zu klein oder anfällig sind“, sagte er. Zudem wurden früher viele alte Sorten nur für bestimmte Zwecke genutzt, eine zum Kochen, andere zum Trocknen und wieder andere zum Keltern oder Destillieren.
Mit dem geänderten Ernährungsverhalten habe sich aber auch die Nutzung stark verändert. „Wer trocknet heute schon noch Äpfel oder kocht Obst ein?“, fragte er. Um Streuobstwiesen langfristig am Leben zu erhalten, müsse das Obst aber eine Verwendung haben. Da kann sicherlich die Vergärung der Früchte zu edlen Bränden, Weinen oder Secci eine äußerst schmackhafte Variante der Verwertung sein.
Und wer einmal das fruchtige Aroma eines Quittenseccos des Untereisenheimers Marius Wittur gekostet hat, wird schon bald seine Liebe zum fränkischen Streuobst neu entdecken. Wittur liegt aber nicht nur die Quitte sehr am Herzen, sondern auch die inzwischen rar gewordene Mispel. „Da müssen wir ein Auge darauf haben, wo es noch alte Sorten gibt“, meinte er.
Ganz im Zeichen der „Verwertung von Streuobst“ wird auch die Apfelbörse am 4. Oktober am Vierröhrenbrunnen in Würzburg stehen, kündigte Marquart an. Weitere Infos unter www.streuobst-mainfranken.de.