Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Ochsenfurt
Icon Pfeil nach unten

OCHSENFURT: Das teure Erbe der Geschichte

OCHSENFURT

Das teure Erbe der Geschichte

    • |
    • |
    Überraschung: Unter Putz und Tapete kommen die alten Wandmalereien zum Vorschein. Sie haben die Jahrhunderte erstaunlich gut überdauert.
    Überraschung: Unter Putz und Tapete kommen die alten Wandmalereien zum Vorschein. Sie haben die Jahrhunderte erstaunlich gut überdauert.

    Der Schrecken war groß, als man vor zwei Jahren pünktlich zu Weihnachten auf erhebliche statische Mängel im Gebälk des Ochsenfurter Neuen Rathauses aufmerksam wurde. Zwischenzeitlich wurde das geschichtsträchtige Gebäude aus der Spätgotik eingehend untersucht. Dabei stießen Statiker und Bauforscher nicht nur auf Schwachstellen, sondern auch auf bisher unbekannte Details, die den bauhistorischen Wert des Repräsentationsbaus beträchtlich mehren.

    Damals waren vor allem im Dachgebälk Schäden entdeckt worden. Einige davon werden auf unsachgemäße Reparaturen zurückgeführt, die vermutlich schon länger als ein Jahrhundert zurückliegen.

    Morsche Balkenköpfe

    Beispielsweise hatte man die Deckenbalken des großen Sitzungssaals ausgebessert, möglicherweise weil die Balkenköpfe morsch geworden waren. Um die Last des darüberliegenden Stockwerks abzufangen, hängte man die Decke kurzerhand über Eisenstangen direkt am Dachgebälk auf, ohne sich vor Augen zu führen, dass die Konstruktion für diese Last überhaupt nicht ausgelegt war.

    So weit war die Kenntnis um statische Erfordernisse damals offensichtlich nicht vorhanden. Nachdem die Enden der Dachsparren durch eindringenden Regen ebenfalls morsch geworden waren, drohte das Dach nach vorne – zum Marktplatz hin – weggedrückt zu werden.

    Lanzentürmchen notgesichert

    Ähnliche Mängel fanden sich in der Konstruktion des Lanzentürmchens. Das Wahrzeichen der Stadt musste notgesichert werden. Im zweiten der insgesamt drei Dachstühle, die das Rathaus hat, waren Sparren herausgetrennt worden – auch das aus heutiger Sicht des Statikers eine Todsünde. Hinzu kommt, dass man viele Jahre lang schwere Aktenarchive dort untergebracht hatte.

    Dass dringender Handlungsbedarf besteht, war Bürgermeister Rainer Friedrich klar geworden, als wenige Monate nach seinem Amtsantritt trockener Lehm von der Decke über seinem Schreibtisch zu rieseln begann. Dort, so die Fachleute, sind die größten Schäden in der Bausubstanz des Obergeschosses festzustellen.

    Im Frühsommer berichteten Restaurator Siegfried Scheder und Architekt Friedrich Staib dem Bauausschuss des Stadtrats von den bisherigen Ergebnissen ihrer Untersuchungen. Ein verformungsgerechtes Aufmaß war der ersten statischen Beurteilung gefolgt. Dabei wurde das gesamt Gebäude exakt vermessen mit allen Bewegungen und Durchbiegungen, die Wände und Decken im Lauf ihrer Geschichte mitgemacht haben.

    An der Wende vom 15. zum 16. Jahrhunderts war der Vorderbau des Rathauses entstanden – und zwar als Erweiterung eines Vorgängerbaus, dessen Struktur für den Fachmann noch heute klar erkennbar ist. Das Holz des zentralen Deckenbalkens wurde mittels Jahresring-Vergleich auf des Jahr 1462 datiert, so Scheder.

    Schon kurze Zeit später um das Jahr 1513 kam das heutige Mittelgebäude mit dem Giebel zur Kolpingstraße hinzu. Im 17. Jahrhundert entstand das anschließende Haus, das heute ebenfalls von der Stadtverwaltung genutzt wird.

    In der Renaissancezeit und dem Barock waren, dem Zeitgeschmack gehorchend, Zwischenwände entfernt und Fenster vergrößert worden. Dass man dadurch ebenfalls das statische Gefüge schwächt, interessierte die Baumeister damals nicht. Hauptsache, es hat gehalten.

    Fülle an Malereien

    Positiv überrascht waren die Bauforscher von der Fülle an Malereien, die noch heute unter der Wandfarbe zu finden sind. Wände und Decken waren wahrscheinlich vollständig bemalt, meint Restaurator Siegfried Scheder, nachdem er rund 100 Stellen untersucht hat.

    Und: Die meisten Malereien haben unter der schützenden Farbschicht die Jahrhunderte nahezu unbeschadet überdauert. Auch unter den Verkleidungen, mit denen die einst hallenartigen Räume im 19. Jahrhundert in Kanzleiräume unterteilt wurden, haben zum Schutz der originalen Fassung beigetragen.

    Die Probleme der Stadt sind mit dieser Erkenntnis allerdings noch nicht gelöst. Sie sucht nach geeigneten Räumen, um die Verwaltung auch künftig sicher unterzubringen. Technisch wäre es möglich, das Rathaus so weit zu ertüchtigen. Was Umbau und Renovierung des alten Gemäuers kosten, steht im Moment noch in der Sternen. Mit ein paar hunderttausend Euro ist es dabei sicher nicht getan. Dass es sich beim Ochsenfurter Rathaus um ein Baudenkmal von überregionaler Bedeutung handelt, steht aus Sicht des Architekten nach der Befunduntersuchung jedenfalls außer Zweifel. Das nährt zumindest die Hoffnung, dass die Denkmalpflege einen gehörigen Zuschuss zur Sanierung beiträgt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden