Kopfkino-Landschaften – so hat Michael Ehlers seine großformartigen, abstrakten Farbenwelten in den Seniorenzentren getauft. Kopfkino rufen auch seine jüngsten Werke hervor. Auch wenn diese sehr konkret und damit ganz anders geartet sind, hat Ehlers auch ihnen die Eigenart mitgegeben, dem Betrachter mehr als nur optische Reize zu senden.
Da zieht einem der Duft von Toast Hawaii oder Dr. Oetker-Wackelpudding beim Hinsehen spürbar durch die Nase. Und die typische Begleitmusik der 50er- und 60er Jahren klingt im Ohr. Und das nicht nur, weil die Verantwortlichen für die Wohngruppen der Villa Frankonia am Hubland zur Eröffnung stilecht Peter Alexander auf den Plattenspieler gelegt und auch sonst mit allerlei zeitgemäßen Utensilien Stimmung erzeugt hatten.
Am Mittwochnachmittag eröffnete Matthias Rüth, Geschäftsführer der Senioreneinrichtungen des Landkreises, im vierten Stock des Hauses die Ausstellung „Die Wirtschaftswunderwelt der 50er und 60er Jahre“. Auch gefeiert wurde stilecht: Mit Sekt, Bowle, russischen Eiern, Käsehäppchen und – natürlich – Toast Hawaii, zubereitet unter Leitung des Küchenchefs Roland Popp.
„Warum bitten wir immer wieder Künstler, unsere Häuser und Räume zu gestalten und hängen nicht einfach Kunstdrucke auf?“, fragte Rüth, und gab die Antwort gleich selbst: „Es geht uns darum, für unsere Bewohner einen Mehrwert zu erzeugen.“ So wie Bilder vertrauter Gebäude Heimatgefühle erzeugen und positive Erinnerungen wecken können, so sollen die Bilder aus der pastellfarbenen Werbewelt der 1950er und 60er die Bewohner mit zurücknehmen in die vielsprechende Zeit nach Krieg, Hunger und Vertreibung.
„Bei der Werbung aus dieser Zeit geht es um mehr als Verkaufen“, sagt Ehlers, „es geht um ein Lebensgefühl, um das Versprechen auf eine strahlende Zukunft.“ Bei den Arbeiten an den 40 Bildern sei ihm es selbst nicht anders gegangen. Immer wieder seien Erinnerungsfetzen, Gerüche, Gefühle aufgetaucht und hätten bei ihm nach und nach die Erkenntnis geweckt: „Es war nicht alles schön, was wir früher erlebt haben. Aber es war viel Schönes dabei“, verriet er. Ähnliche Gedanken, hoffen Ehlers und Rüth, soll der Bilderzyklus - derzeit zu sehen im dritten und vierten Stück der Villa Frankonia - auch bei anderen wecken. Die damit ausgelöste Rückkehr in die „besten Jahre“ soll ein kleines Stückchen zum Wohlbefinden beitragen, aber auch zum Erzählen und Diskutieren anregen.
Geplant sei auch, so Rüth, die Bilder später in anderen Häusern in der sozialen Betreuung für Gesprächs- und Erinnerungsrunden zu verwenden. Ein dazu passender Koffer mit passenden Utensilien dieser Zeit ist dazu schon gepackt, berichtete Katharina Mann, zuständig fürs Marketing der Senioreneinrichtungen.
Bewohnersprecher Gerhard Wurzler hat sich sogar schon ein Lieblingsbild ausgesucht, zwei Frauen mit Staubsauger, Teppich und Teppichklopfer im Treppenhaus. Das symbolisiere sehr gut den damals beginnenden Wohlstand und die Erleichterungen im Leben der Frauen, erläutert er.