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ZELL: Denkmal jüdischer Festkultur

ZELL

Denkmal jüdischer Festkultur

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    Laub als Dachkonstruktion: Einblicke in ein noch nicht fertiges kleines Museum, den jetzigen Zustand der Laubhütte, gibt ab diesen Mittwoch, 28. Oktober, eine Ausstellung im Zeller Rathaus.
    Laub als Dachkonstruktion: Einblicke in ein noch nicht fertiges kleines Museum, den jetzigen Zustand der Laubhütte, gibt ab diesen Mittwoch, 28. Oktober, eine Ausstellung im Zeller Rathaus. Foto: Foto: Kathrin Heyer

    Einblicke in die Laubhütte der Familie Mendel Rosenbaum gewährt mit beeindruckenden Bildern und informativen Texten eine Ausstellung im Zeller Rathaus, die diesen Mittwoch, 28. Oktober, um 19 Uhr von Bürgermeisterin Anita Feuerbach eröffnet wird.

    Die historische Laubhütte der Familie Rosenbaum befindet sich seit 2008 im Besitz der Gemeinde Zell. Sie soll im Verlauf der Altortsanierung als Informationsstätte gestaltet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Ab 2016 soll vom „Judenhof“ aus ein neuer Zugang dafür geschaffen werden. Die Fotos und Texte der Ausstellung geben den aktuellen Bauforschungsschwerpunkt wieder, der zunächst auf Farbaufträgen und zuletzt auf der Untersuchung des Dachöffnungsmechanismus dieser besonderen Laubhütte lag.

    Die Ausstellung, die ausschließlich aus Spenden finanziert wurde, ist ein ehrenamtliches Projekt von Kulturwissenschaftlerin Annette Taigel, Fotografin Kathrin Heyer und Grafiker Ulli Hantke. Bürgermeisterin Anita Feuerbach lobt das Engagement der drei Zeller Kulturschaffenden, die auf eigene Initiative diese Ausstellung realisiert haben.

    Das Besondere dieser Schau mit zehn großformatigen Fotos ist, dass man hier einen Einblick in ein noch nicht fertiges kleines Museum bekommt, sagt Taigel. Die Fotos dokumentierten den jetzigen Zustand der Laubhütte. Die Texte weisen auf Mendel Rosenbaums Bedeutung für Zell und die unterfränkischen Juden zur Zeit der Judenemanzipation hin. Der legendäre „Judenbischof von Zell“ war unter anderem Fürsprecher der fränkischen Juden beim bayerischen König Maximilian II in jener politisch und sozial schwierigen Phase.

    Laubhüttenfest

    Nach biblischer Überlieferung hausten die Israeliten während ihrer 40-jährigen Wüstenwanderung in provisorischen Hütten. In Erinnerung an jene Zeit baut man bis heute im Herbst am Laubhüttenfest eine „Sukka“, in der man sich während des siebentägigen Fests oft aufhält, zumindest aber zu den Mahlzeiten. Der hebräische Name „Sukka“ steht für Laubhütte. Das Laubhüttenfest gehört zu den wichtigsten Festen im jüdischen Festzyklus und fällt nach Ernteabschluss in den Frühherbst.

    Die Größe der Zeller Laubhütte lässt vermuten, dass sie von den Zeller Juden gemeinschaftlich genutzt wurde. Als Einhausung der Laubhütte diente den Rosenbaums das steinerne ehemalige Waschhaus des Frauenklosters Unterzell in ihrem Garten. Heute sieht die Laubhütte aus wie ein normales Gartenhaus. Die Beschreibungen des Ortschronisten Eduard Kohl sowie des ehemaligen Bürgermeisters Walter Kohl (1933-1935) bestätigen, dass das Laubhüttenfest um die Jahrhundertwende noch dort gefeiert wurde.

    Auch dass die nicht-jüdischen Nachbarkinder das Fest mit gefeiert hatten, ist überliefert. In seinen Aufzeichnungen schreibt Walter Kohl: „Beim Laubhüttenfest waren wir Buben vollständig versammelt. Wir bekamen Mazzen und trieben allerhand Allotria.“ Wie Taigel erläutert, geht man davon aus, dass das Laubhüttenfest kurz vor dem Verkauf des Anwesens um 1910 an den katholischen Eisendreher Georg Julius Herrmann und seine Frau Katharina zum letzten Mal gefeiert wurde. Das Laub des letzten Laubhüttenfestes sei bis heute erhalten.

    Holzrahmenkonstruktion

    Auf Empfehlung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege hat die Gemeinde in der Laubhütte eine eingehende bauhistorische Untersuchung durchführen lassen, die sich besonders mit der Suche nach dem von der Familie Rosenbaum verwendeten Dachöffnungsmechanismus beschäftigte. Laut Taigel haben die sorgfältigen Rekonstruktionsversuche von Architekt und Bauforscher Matthias Wieser und Restaurator Edgar Hartmann ergeben, dass die ältere Holzrahmenkonstruktion aus den Balken mit den Eisenhaken bestanden habe und die jüngere Konstruktion aus den Balken mit den Rollen. Beide erlaubten das Öffnen der drei mittleren Dachfelder des ehemaligen Waschhauses.

    Für die Kulturwissenschaftlerin ist die Zeller Laubhütte auch in handwerklicher Hinsicht ein bemerkenswertes Denkmal jüdischer Festkultur des 19. Jahrhunderts. Freigelegte Farbaufträge des 19. Jahrhunderts verweisen darauf, dass die Rosenbaums den kleinen Festraum ihren damaligen Bedürfnissen entsprechend immer wieder liebevoll neu gestaltet hatten.

    Die Ausstellung ist bis Samstag, 12. Dezember, im Rathaus zu sehen.

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