Maria K.* ist 76 Jahre alt und ordnet ihren Nachlass. 150 000 Euro will sie einer Hilfsorganisation in Neuseeland vermachen. Reiseleiter Walter Müller*, der dort seit 30 Jahren lebt, könne ihr helfen, einen passenden gemeinnützigen Verein zu finden, glaubt sie. Weil sie Müllers Adresse nicht hat, soll ein Privatdetektiv sie herausfinden. Nun hat der Ermittler der Seniorin 16 405,67 Euro in Rechnung gestellt.
21 Jahre ist es her, dass Maria K. in Neuseeland war. Sie war fasziniert von dem Land, schwärmt noch heute von der Reise – und von Reiseleiter Walter Müller, der ihr das Neue, Fremde, nahe gebracht hat.
Inzwischen ist Maria K. 76 Jahre alt, sie hat keine Kinder, sie hat gesundheitliche Probleme – und sie möchte, dass ihr Geld sinnvoll verwendet wird. Müller soll ihr eine Organisation empfehlen, die Schulen für die neuseeländischen Ureinwohner, das Maori-Volk, baut.
„Zielperson“ Walter Müller
Müllers Kontaktdaten hat Maria K. nicht mehr, mit dem Internet kennt sich die 76-Jährige nicht aus, Angehörige, die ihr helfen könnten, gibt es nicht. „Deshalb habe ich mir im Telefonbuch einen Privatdetektiv gesucht“, erzählt sie.
Am 14. Oktober 2015 schließt sie einen Vertrag mit der Detektei, vereinbart die Suche nach der „Zielperson“ Walter Müller. Bei „Ermittlungs- und Observationsaufgaben“ heißt es unter anderem: „Internetrecherche und telefonische Recherche vorab versuchen“.
Die „Internetrecherche“ hat jetzt, ein halbes Jahr, nachdem Maria K. die Detektei beauftragt hat, die Redaktion vorgenommen. Einfach den Namen des Reiseleiters und „Neuseeland“ in eine Suchmaschine eingegeben – schwupps erscheint auf der Homepage eines Veranstalters für deutschsprachige Gruppenreisen ein Foto von Müller und eine Beschreibung seiner Fachgebiete. Gleich darunter findet sich Müllers Bild auf der Seite eines zweiten Veranstalters, für den der Reiseleiter ebenfalls arbeitet. Nachdem beide Unternehmen E-Mail-Adressen und Telefonnummern angeben, wäre es wohl nicht allzu schwierig, Müller von Deutschland aus zu ermitteln.
Teure Vorort-Suche
Der Detektiv aber bucht für 4643 Euro in der Business-Klasse einen Hin- und Rückflug nach Neuseeland. Dort mietet er zehn Tage lang für 1390 Euro ein Wohnmobil mit sechs Betten, gibt 953,28 Euro für Hotels, Taxifahrten, Diesel und Verpflegung aus, berechnet 6800 Euro für nicht näher erläuterte 170 Stunden „Vorabrecherchen“, addiert auf alle Posten 19 Prozent Mehrwertsteuer – und schickt Maria K. eine Rechnung über 16 405,67 Euro.
Als Gegenleistung bekommt die 76-Jährige die Adresse von Walter Müller in Neuseeland, Fotos von seinem Haus, seinem Briefkasten und seinem Kombi mit dem Aufkleber „Bremer kommen immer gut an“.
In seinem „Abschlussbericht“ schreibt der Ermittler, dass er nach Neuseeland habe fliegen müssen, weil „Ermittlungen in Deutschland keine neuen Erkenntnisse gebracht“ hätten. Am 16. November 2015 startete er in München. Drei Tage später stellte er fest, dass es in Neuseeland kein „Meldeverzeichnis“ gibt. Am 20. November ging die Reise im Wohnmobil weiter, weil das ja „günstiger ist als ein Hotelzimmer und ein Mietwagen“.
Am 21. November wurde es konspirativ: Laut seinem „Abschlussbericht“ lernte der Detektiv in einem Jachtklub jemanden kennen, der bereit war, sich „als Paketbote auszugeben“ und die Adresse des Reiseleiters zu erfragen. Weil das erfolgreich war, fuhr der Ermittler zu Müllers Haus und traf den Reiseleiter auch an.
Aus allen Wolken gefallen
Da die Arbeit nun getan war, habe er versucht, den „Termin für den Rückflug vorzuverlegen“, schreibt der Privatdetektiv weiter in seinem Abschlussbericht. Das sei aber „leider nicht möglich“ gewesen. Das Wohnmobil hätte er zwar früher zurückgeben können – aber ohne „Preiserstattung“. Deshalb habe er, wie ursprünglich geplant, Neuseeland am 29. November verlassen.
Maria K. fiel aus allen Wolken, als sie die Rechnung bekam. Nie habe sie dem Detektiv erlaubt, auf ihre Kosten nach Neuseeland zu reisen, sagt sie. Die Rechnung will sie nicht zahlen und hat sich einen Rechtsanwalt genommen. Auch der Detektiv hat einen Anwalt beauftragt. Es sei „nötig gewesen“, nach Neuseeland zu reisen, um Müllers Adresse ausfindig zu machen, sagt er auf Anfrage der Redaktion.
Über Details will er nicht reden, weil es sich „um ein laufendes Verfahren handelt“. Der Anwalt von Maria K. war für die Redaktion nicht zu sprechen. (*Namen geändert)