Die Taube ist ein bewundernswertes Tier, das es geschafft hat, die Nähe des Menschen zu akzeptieren. Ihr edles Wesen hat sie zum Symbol für Liebende und für den Frieden gemacht. Enorm ist, was Tauben durch ihre Flugkunst und ihre unglaubliche Orientierungsfähigkeit als Übermittler von Nachrichten leisten können.
Seit über 4000 Jahren bereits überbringenBrieftauben schriftliche Mitteilungen. 1815 übermittelten sie die Nachricht vom Sieg in der Schlacht von Waterloo an die britische Regierung und die Nachrichtenagentur Reuters begann ihren Pressedienst mit Brieftauben. Auch im Ersten Weltkrieg wurden Brieftauben im Grabenkrieg auf deutscher wie auf französischer Seite eingesetzt und selbst bei der Aussöhnung mit Frankreich waren Friedenstauben im Einsatz.
"Wir wollen diese schöne Kultur aufrecht erhalten"
Franz-Josef Page - Brieftaubenzüchter
Welche Talente in der Taube stecken, können Interessierte an diesem Sonntag, 14. April, beim "Tag der Brieftaube" im Tierpark Sommerhausen erleben. Von 12 bis 16 Uhr öffnen Mitglieder der Brieftauben-Reisevereinigung Würzburg und Umgebung die Türen des Taubenschlags und erläutern, wie schnell und weit Tauben fliegen können. Auch, wie sie sich orientieren, wie man Tauben hält und richtig ernährt, wie sie für Flugwettbewerbe trainiert werden, warum sie Ringe tragen und manches mehr wird erläutert.
Ein "Ehrengast" im Taubenschlag im Tierpark Sommerhausen
"Ehrengast" an diesem Tag ist eine Brieftaube Ihrer Majestät, der Königin Elisabeth II. von England, die Mitglieder des Vereins 2010 selbst in der Sommerresidenz der Königin abgeholt haben. Kinder dürfen diese Taube in die Hand nehmen und sich mit ihr fotografieren lassen.
Der "Tag der Brieftaube" wird bundesweit vom Verband Deutscher Brieftaubenzüchter in Essen ausgerichtet. Verantwortlich für die Veranstaltung in Sommerhausen ist der Taubenzüchter Ernst Thiele aus Rottendorf, der seit 18 Jahren den "Gartenschlag" im Tierpark betreut. Spendiert hatte ihn die Interessengemeinschaft Würzburger Brieftaubenliebhaber, die 19 Sportfreunde der Reisevereinigung Würzburg und Umgebung 2001 gegründet hatten, mit dem Ziel, den Tierpark zu fördern. Inzwischen haben sie neben dem Taubenschlag den Tierpark-Verantwortlichen rund 40 000 Euro an Spenden überreicht.
16 Taubenpaare in unterschiedlichen Federkleidern leben im Tierpark
Der Taubenschlag ist ausgestattet mit Sitzregalen, Brutzellen und einer luftigen Voliere. Hier leben derzeit 16 Taubenpaare in unterschiedlichen Federkleidern, schneeweiße Hochzeitstauben, dachziegelrote, blaugehämmerte, blauscheckige, schimmelfarbene und schwarze. Die Tauben im Tierpark dürfen auch frei fliegen. "Aber sie kommen immer wieder freiwillig zurück, denn sie wissen, dass sie hier wohnen und dass sie hier mit bestem Körnerfutter guter ernährt werden", sagt Ernst Thiele.

Tauben leben zehn bis 20 Jahre. Sie sind treue Partner, die ein Leben lang zusammen bleiben, wenn nicht ein Unglück wie der Verlust durch Falkenschlag dazwischen kommt. In dieser sicheren Umgebung bringen die Tauben zweimal im Jahr zwei Jungvögel zur Welt, so Ernst Thiele.
1985 zog der Verein ins Zeller Tor
Was hat den Taubenzüchter selbst zu diesem Hobby gebracht? "Ich bin mit ihnen als Kind aufgewachsen durch meinen Onkel Adolf, der in Rottendorf Tauben gezüchtet hat." Und warum wurde er selbst Taubenzüchter? "Ich habe schon immer großen Respekt vor der Flugleistung der Tauben gehabt, wenn sie nach 500 Kilometer Flug zu ihren Stall zurückgekommen ist. Ein großes Plus der Brieftaube war für mich immer die Entspannung nach der Arbeit; sie hat mit immer Ruhe gegeben", sagt der ehemalige Lagerverwalter des Uni-Klinikums.

Lange ist Ernst Thiele auch aktiv in der Brieftauben-Reisevereinigung Würzburg und Umgebung, die 1920 gegründet wurde. Nach dem Niedergang im Zweiten Weltkrieg wurde das Vereinsleben im Bauchs Keller, wo heute das Deutschhaus-Gymnasium steht, wiederbelebt. In den 1970er Jahren waren 100 aktive Mitglieder in der Vereinigung und 3800 Brieftauben am Start. 1985 zog der Verein ins Zeller Tor. Vorsitzender ist seit langem Harald Herbach aus Reichenberg.
Von 80 Mitgliedern sind nur noch 30 bei Wettbewerben mit rund 1000 Tauben aktiv
So stark wie einst ist der Taubensport heute nicht mehr. Von 80 Mitgliedern sind nur noch 30 bei Wettbewerben mit rund 1000 Tauben aktiv. Mit einem eigenen Taubentransporter treten sie im Jahr zu 13 Wettbewerben und vier weiteren für Jungtauben an. Doch dem 1885 gegründeten Brieftaubensport in Würzburg könnte das Ende drohen. "Die Jugend findet wohl keine Zeit mehr für das regelmäßige Füttern und Reinigen", sagt der Estenfelder Brieftaubenzüchter Franz-Josef Page, der für Pressearbeit in der Vereinigung tätig ist. "Wir wollen diese schöne Kultur aufrecht erhalten", sagt Page und hofft, dass der "Tag der Brieftaube" dazu einen Betrag leisten kann.

