„Frisch, frei, stark und treu“ ist die Losung der Freien Turnerschaft Würzburg. 1899 schon hatten sich Handwerker und Arbeiter in einer eigenen Sport- und Kulturorganisation vereint und sich damit von der bürgerlichen Turnbewegung losgesagt. Doch eine große Tradition sichert alleine nicht das Überleben. Vor einigen Jahren stand der Verein kurz vor dem Untergang. Mit frischen Ideen und beherztem Zupacken hat eine neue Vorstandschaft ihn wieder nach vorne gebracht – und attraktiv gemacht auch für junge Leute.
Diese enorme Leistung verdient öffentliche Anerkennung und Würdigung, und so wurde die Vereinsführung der Freien Turner nun zum „Vorstand des Jahres 2012“ gewählt. Den Preis hat die Main-Post vor gut zwei Jahrzehnten mit dem Verband Würzburger Sportvereine ins Leben gerufen. In diesem Jahr nun werden Rechtsanwalt Markus Schüll als Vorsitzender, der Controller Gerald Fuchs als zweiter Vorsitzender, der Physiker Dieter Harth als Schriftführer und der Finanzfachmann Georg Höfling als Kassier ausgezeichnet. Welche Zustimmung das Team bei den Mitgliedern hat, zeigte gerade die Wiederwahl ohne Gegenstimme.
Was die junge ehrenamtliche Vorstandschaft neben dem Beruf geleistet hat, wird beim Gespräch in der Vereinsgaststätte an der Mergentheimer Straße sichtbar: Sie ist renoviert, hat einen neuen Tresen und mit Steffen und Liane zwei eigenständige Wirte, die eine Sky-Sportsbar eingerichtet haben, wo Fußball geschaut, Dart gespielt und gefeiert wird.
„Der Anfang war hart, wir hatten keine Ahnung, was auf uns zukommt“, erzählt Vorsitzender Markus Schüll. Im Juni 2007 sei der Verein vor der Insolvenz gestanden: „Es herrschte Endzeitstimmung.“ Dem alten Vorstand macht niemand Vorwürfe. Er habe über Jahre gut gearbeitet, doch am Ende unter Abgängen gelitten, und es habe an Hilfe gefehlt.
Was bringt beruflich stark eingespannte Männer dazu, sich einer solchen Aufgabe zu stellen? „Wir haben viel Schönes hier gemeinsam erlebt, nicht nur auf dem Fußballplatz“, sagt Dieter Harth: „Es war uns einfach eine Herzensangelegenheit, den Verein zu erhalten.“
So machte sich die junge Garde an die Arbeit. Zunächst mussten neue Einnahmequellen erschlossen werden. Dies gelang mit der Wiederbelebung der Vereinsgaststätte, der Erweiterung des Vatertagsturniers, Spenden und vor allem privaten Darlehen, mit denen dringend nötige Renovierungen vorfinanziert werden konnten.
„Es war uns einfach eine Herzensangelegenheit, den Verein zu erhalten.“
Dieter Harth, Schriftführer
„Da waren wir sehr erfolgreich, vor allem bei ehemaligen Studenten, die später beruflich groß herausgekommen sind und ihrem Verein helfen wollten“, freut sich Gerald Fuchs. Unübersehbar ist in den Umkleidekabinen auch, dass es dem Vorstand gelungen ist, mit Beate Uhse einen erotischen Sponsor zu finden.
So wurden inzwischen Toiletten und Umkleidekabinen erneuert, die gesamte Heizung wurde ausgetauscht, die Duschen auf modernsten Stand gebracht, der Boden in der Turnhalle aufbereitet. Und Schriftführer Dieter Harth brachte den Internetauftritt des Vereins auf Vordermann und machte ihn für Mitglieder zur Infoplattform (www.ft-würzburg.de). Dabei gelang es trotz aller Investitionen, die Vereinskasse in die schwarzen Zahlen zu führen.
Neben den Renovierungsarbeiten stand der junge Vorstand vor der großen Aufgabe, neue Mitglieder anzuwerben. Der Verein hatte nur noch rund 100 Aktive in den drei Abteilungen Fußball, Tischtennis und Gymnastik. Dem Fußball fehlte es an jungen Leuten, im Verein gab es kaum Frauen und Kinder. So wurden die guten Kontakte zur nahen Sport-Uni angekurbelt – mit Riesenerfolg. Im Fußball ist inzwischen eine zweite Mannschaft im Ligawettbewerb etabliert, und es kamen Abteilungen dazu: Taekwondo, Aikido, American Football mit den „Würzburg Panthers“ und das vor allem in Kanada beliebte Lacrosse, das seit zwei Jahren auch von einer jungen Damenmannschaft gespielt wird.
Taekwondo und American Football betreiben eigene Jugendabteilungen. Inzwischen sind 14 Übungsleiter für die mittlerweile rund 375 Mitglieder engagiert, so dass es nun auch sportlich wieder gut läuft.
Bei all dem Erreichten gibt es für den FTW-Vorstand keinen Stillstand. Neue Aufgaben warten: Die Beregnungsanlage des Rasenplatzes soll auf den Trainingplatz erweitert und die Flutlichtanlage ertüchtigt werden. Schließlich herrscht mittlerweile täglich Sportbetrieb auf den Plätzen. Und das Dachgeschoss des Vereinsheimes könnte man zum Besprechungsraum ausbauen.
Fragt man den Vorsitzenden Markus Schüll, wie viele Stunden Arbeit der Vorstand so aufwendet, dann hält er die Hand vor Augen. Die Auszeichnung „Vorstand des Jahres“, so sah es die Jury, hat sich diese Vereinsführung wahrlich verdient.
Ehrung des „Vorstands des Jahres“: Überreicht werden Pokal und Preisgeld von 1000 Euro, gesponsert von der Sparkasse Mainfranken, bei der Jahrestagung des Vereins Würzburger Sportvereine am Montag, 6. Mai, ab 19 Uhr im Felix-Fechenbach-Haus in Grombühl.