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WÜRZBURG: Die Honigbiene und das Handy

WÜRZBURG

Die Honigbiene und das Handy

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    Prof. Jürgen Tautz mit einem seiner Bienenvölker, die in der Bienenstation am Hubland leben.
    Prof. Jürgen Tautz mit einem seiner Bienenvölker, die in der Bienenstation am Hubland leben. Foto: FOTO Norbert Schwarzott

    Das zwischen der Hubland-Uni und Gerbrunn idyllisch gelegene Haus erweckt auf den ersten Blick nicht den Eindruck, dass hier hochkarätige Forschung und Wissenschaft betrieben wird. Eher herrscht hier Beschaulichkeit. Im ersten Stockwerk sitzen junge Menschen in kleinen Zimmerchen vor Computern, umgeben von Kabelgewirr. Auf einem gemütlichen Sofa empfängt Prof. Tautz seine Besucher.

    Bienenforschung hat in Würzburg eine lange Tradition. Prof. Martin Lindauer, der Vorgänger von Tautz, „entging“ dem Nobelpreis im 20. Jahrhundert nur knapp. Selten aber war die Forschung an der Honigbiene so populär wie jetzt. Denn Jürgen Tautz weiß, wie er die Erkenntnisse seiner Beegroup nicht nur in Wissenschaftskreisen, sondern auch in der Öffentlichkeit verbreitet.

    Viele Geheimnisse des „Phänomen Honigbiene“, so der Titel des aktuellen Buches von Tautz und der Würzburger Fotografin Helga R. Heilmann, konnten bereits gelüftet werden. Doch stoßen die Forscher um Jürgen Tautz immer wieder auf neue Erkenntnisse. Beispielsweise konnte man herausfinden, dass Bienen eigentlich keine sechseckigen Waben bauen. Tatsächlich bauen sie runde Zylinder aus Wachs, die sich während des Bauens auf 40 Grad erwärmen. Die Folge: Das Wachs schmilzt und verformt sich zu einem Sechseck – die für den Energiehaushalt günstigste Form.

    Inzwischen stellt die Firma Knauf energiesparende Gipsplatten her, die nach dem Wabenprinzip gefertigt werden. Auch im Automobilbau interessiert man sich für die Bienenwabe, und auch das energiefressende Klingelsystem bei Handys soll durch Erkenntnisse aus dem Bienenstock optimiert werden.

    Gesundheitsfoschung

    Ein anderes Thema, das Tautz und sein Mitarbeiter beschäftigt, ist die Gesundheitsforschung bei den Honigbienen: Wie schützen sich Bienen vor dem Ausbrechen von Krankheiten in ihrem Stock, wie entfernen sie erkrankte Tiere aus dem Volk, wie wird ein Bienenvolk wieder gesund, wenn es von einer Krankheit befallen wurde? Und wozu das alles? Bienen leben in großen Populationen auf engstem Raum zusammen. Das Zusammenleben vieler Menschen in Ballungsräumen ist damit vergleichbar. Infektionskrankheiten und ihre Verbreitung dürfte daher eines der großen Zukunftsprobleme in den Megastädten sein.

    Nicht nur deshalb ist die Erforschung der Honigbienen von größter Bedeutung. „Ein Drittel aller Lebensmittel, die der Mensch verzehrt, hängt direkt von der Honigbiene ab“, erklärt der Bienenexperte, dem professoraler Habitus völlig fremd ist. Selbst komplexe Vorgänge im Bienenstaat kann er auf Anhieb verständlich machen.

    So kann ein Bienensterben, wie kürzlich in den USA, als zahlreiche Völker plötzlich verschwanden, gravierende Auswirkungen auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln haben. Dass Bienenvölker sterben, komme in regelmäßigen Abständen immer wieder vor, so Tautz. Ein Völkerschwund von fünf bis zehn Prozent sei nicht weiter aufregend. Wenn aber wie in den USA schlagartig 60 bis 70 Prozent verschwinden, könne man schon von einer Katastrophe sprechen. Über die Ursache könne man nur rätseln. Möglicherweise sind Bienen aufgrund von Veränderungen der Umwelt inzwischen weniger belastbar.

    Öffentlichkeitsarbeit

    Was liegt dem Biologen daran, seine Forschungsergebnisse einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen? „Bienen kennt jedes Kind, in der Schule entkommt ihnen niemand und sie sind nach Rindern und Schweinen das drittwichtigste Nutztier in Europa und ohne Bienen gäbe es keine blühenden Wiesen“, nennt Jürgen Tautz einige Beispiele. Deshalb ist es ihm ein großes Anliegen, schon junge Menschen bei Vorträgen in Schulen und Kindergärten auf das Phänomen Honigbiene aufmerksam zu machen.

    Tautz ist aber auch bei großen wissenschaftlichen Veranstaltungen präsent. In den wichtigsten internationalen Wissenschaftspublikationen sind die Forschungen der Beegroup gewürdigt worden. Zahlreiche Fernsehberichte brachten die Würzburger Bienenforschung in Hunderttausende von Wohnzimmern. Kein Wunder, dass der Biologe 2005 und 2007 auf die Liste derjenigen europäischen Wissenschaftler gesetzt wurde, die ihre Arbeit am besten kommunizieren. Das gelang noch keinem deutschen Forscher vorher.

    Um die Forschungsergebnisse zu kommunizieren, haben Tautz und seine Mitstreiter 2004 den Verein Bienenforschung e.V. gegründet. Hier ist es Ernst Hestermann, der Tautz den Rücken für seine Forschungen frei hält. Er spricht mit Verlagen, organisiert Vortragsreisen usw. Außerdem kümmert er sich um die Vernetzung der internationalen Forschungszentren für Bienen.

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