Viele Handwerksbetriebe in der Region suchen noch händeringend nach Auszubildenden, um einem drohenden Fachkräftemangel rechtzeitig begegnen zu können. Für den Ochsenfurter Maschinenbaubetrieb Kinkele sind qualifizierte Fachkräfte lebenswichtig. Das Unternehmen im Gewerbegebiet Hohestadt verlässt sich deshalb schon seit Jahren nicht mehr auf den Zufall, sondern wird aktiv, um junge Menschen für eine technische Ausbildung zu begeistern.
Am Samstag lädt Kinkele deshalb zum vierten Mal zum „Tag der Ausbildung“ und gewährt künftigen Schulabgängern dabei einen intimen Einblick in die Arbeitsabläufe eines Maschinenbau-Betriebs auf High-Tech-Niveau.
300 Mitarbeiter beschäftigt Kinkele derzeit, zusätzlich rund 80 Auszubildende. Im September sind 21 neue hinzugekommen, erzählt Kurt Kinkele. Zwei von ihnen werden zu Industriekaufleuten ausgebildet, drei haben sich für ein duales Studium zum „Bachelor of Engineering“ entschieden, vier werden Technische Produktdesigner – früher Technische Zeichner.
Das Gros machen die zwölf Feinwerkmechaniker aus, die während ihrer dreieinhalbjährigen Lehrzeit den Umgang mit einem Maschinenpark kennenlernen, wie ihn in ganz Deutschland nur wenige Firmen vorweisen können.
Technisch zählt Kinkele bundesweit zu den führenden Auftragsfertigern im Sondermaschinenbau. Computergesteuerte Zerspanungsanlagen stehen dafür zur Verfügung, die Werkstücke von über 20 Metern Länge aufnehmen und auf hundertstel Millimeter genau bearbeiten können, Schweißroboter und riesige Drehmaschinen.
Um sich am Markt behaupten zu können, setzt das Unternehmen auf modernste Großanlagen und die Abwicklung vollständiger Projekte im Kundenauftrag, von der Konstruktion bis zum montagefertigen Endprodukt. „Wir haben keine Serienfertigung. Wir müssen uns in jeden Auftrag neu hineindenken“, sagt Geschäftsführerin Ursula Kinkele-Kusmanoff.
Für die technischen Mitarbeiter setzt dies eine genaue Kenntnis der Planungs- und Fertigungsabläufe voraus und eine große Bandbreite von fachlichem Wissen im Umgang mit den Bearbeitungsverfahren.
Dass es immer schwerer wird, auf dem Arbeitsmarkt Fachkräfte zu finden, die diesen Ansprüchen gerecht werden, habe sich schon vor langem abgezeichnet, so Ursula Kinkele-Kusmanoff. Ihr Mann Friedrich, der die Schlosserei seines Vaters 1977 übernommen und die Firma zu heutiger Größe ausgebaut hatte, war 2012 gestorben. Seitdem leitet sie das Unternehmen gemeinsam mit Geschäftsführer Thomas Götz und ihrem Sohn Kurt, der den Betrieb in fünfter Generation weiterführen wird.
Doch Jugendliche zu finden, die sich für den Beruf des Feinwerkmechanikers interessieren, werde immer schwieriger. Mit schuld daran seien Vorurteile. Der Feinwerkmechaniker habe immer noch das Image einer schmutzigen und anstrengenden Tätigkeit. Dass dies längst nicht mehr der Realität entspricht, beweist ein Blick in die Fertigungshallen. Die meisten Abläufe dort werden vom Bildschirm aus gesteuert, die Informationen direkt vom Computer des Konstrukteurs zur Fertigungsanlage übertragen.
Tätig ist die Firma Kinkele für die unterschiedlichsten Branchen. In der Firma entstehen Komponenten für Windkraftanlagen und Ölbohrinseln ebenso wie Deckel für Castor-Behälter oder Hochvakuum-Kammern für die Beschichtung von Fotovoltaik-Modulen. Kurz vor der Auslieferung steht ein Teilchenbeschleuniger für das europäische Forschungsprojekt XFEL in Hamburg. Mit Hilfe von hoch beschleunigten Elektronen soll damit der radioaktive Zerfall des Elements Cäsium sichtbar gemacht werden. „Wir haben mit einer solchen Vielfalt zu tun“, sagt Kurt Kinkele, „langweilig wird's hier sicher nicht“.
Diese Begeisterung für die Technik will Kinkele an seinem „Tag der Ausbildung“ an Jugendliche weitergeben. Nicht nur, um für eigenen Nachwuchs zu werben, sondern auch, um das öffentliche Bild der technischen Berufe wieder gerade zu rücken. Schließlich biete kaum ein Tätigkeitsfeld den Absolventen der Real- oder Mittelschule bessere Verdienst- und Aufstiegschancen.
Der „Tag der Ausbildung“ bei Kinkele, Rudolf-Diesel-Straße 1, Ochsenfurt-Hohestadt, findet am Samstag, 28. September, von 9 bis 13 Uhr statt. Die Besucher haben Gelegenheit, sämtliche Betriebsabläufe von der Konstruktion über die Fertigung bis zu Endmontage kennenzulernen. Eingeladen sind dazu auch Eltern und weitere Interessierte.