Touristen lieben Sommerhausen. Sie lieben die engen Gassen, die malerischen Häuser, die Kunstgalerien und den Wein. Aber für manche ist Sommerhausen mehr als nur ein Urlaubsort. Heidrun und Alfred Müller aus Nürnberg haben vor fast 27 Jahren hier geheiratet. Und noch immer kommen sie mehrmals im Jahr hierher. Ohne ein paar Flaschen Wein reisen sie dabei nie ab.
Im überdachten Hof des Weingutes von Artur Steinmann wagt das Ehepaar Müller an diesem sonnigen Nachmittag ein kulinarisches Experiment: Anlässlich der Eröffnung seiner neuen Vinothek serviert der Hausherr Blaue Zipfel, eine fränkische Spezialität. Die Wurst in der Brühe findet Gnade vor den Augen der beiden Besucher, die extra zur Eröffnungsfeier aus Nürnberg angereist sind.
Schon häufig haben sie im Pastorius-Haus Station gemacht und auch anderswo in Sommerhausen oft genächtigt. Denn ihre Geschichte ist ungewöhnlich. „Wir haben uns 1979 beim Skifahren kennengelernt“, verrät Heidrun Müller. Doch das frisch verliebte Paar hatte ein Problem: Alfred Müller wohnte in Nürnberg, seine Auserwählte war in Frankfurt am Main zu Hause. Damit keiner von beiden an den Wochenenden die ganzen 200 Kilometer fahren musste, trafen sie sich meist auf halber Strecke: in Sommerhausen.
„Das ist von der Autobahn aus prima zu erreichen“, sagt Alfred Müller. Der ehemalige Bauunternehmer kannte den Ort schon zuvor. Er hatte hier hin und wieder Wein gekauft. „Ich fand es lustig, dass es gegenüber einen Ort gibt, der Winterhausen heißt“, erzählt er. Vier Jahre lang, bis 1984, behielt das Paar seine Fernbeziehung mit Sommerhausen als Dreh- und Angelpunkt bei. Dann zog Heidrun nach Nürnberg zu ihrem Alfred. Und als am 5. August 1988 die Hochzeitsglocken läuten sollten, da kam für das Fest natürlich nur ein Ort in Frage: Sommerhausen.
„Der Vater von Artur Steinmann hat uns damals getraut“, sagt Heidrun Müller. „Er war zu dieser Zeit hier Bürgermeister.“ Einen richtigen Auflauf habe es im Ort gegeben, erinnert sich die heute 70-Jährige. Denn es waren zwar nur rund 20 Gäste mit von der Partie, die aber hatten sich mächtig herausgeputzt. „Alle mit Hut und so weiter“, schmunzelt die Unternehmergattin. Abends lief dann die ganze Gruppe im Torturmtheater ein.
Müllers können sich zwar nicht mehr erinnern, welches Stück gespielt wurde. Eines aber wissen sie noch: Veit Relin hatte die Hochzeitsfeier in das Stück eingearbeitet. Heute macht das Ehepaar in Sommerhausen Station, wenn es zu Besuch bei der Verwandtschaft in Frankfurt geht.
Müllers frönen hier ihrer Leidenschaft für den Frankenwein. „Obwohl die Mittelfranken ja eher Bier-affin sind“, gesteht der Nürnberger Alfred Müller. Die Lieblingssorte des Ehepaares ist übrigens der Müller-Thurgau. Vermutlich kann man einfach nicht anders, wenn man Müller heißt. Seit über 30 Jahren kennen die beiden das Dorf am Main nun schon. Viel verändert habe sich glücklicherweise nicht, sagt Alfred Müller. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Der Altort ist so geblieben, wie Müllers ihn von früher kennen. „Der Charakter des Dorfes hat sich erhalten, aber gerade im Süden ist der Ort unheimlich gewachsen.“
Verändert habe sich außerdem die Gastronomie, sagt Heidrun Müller. Früher saß man in den Gasthäusern, heute stellen immer mehr Wirte Tische und Stühle vor die Häuser. Der Nürnbergerin gefällt diese „Italienisierung“. An den gut besuchten Weinfesten merkt sie, dass auch der Tourismus zugenommen haben muss: „Es lebt“, freut sie sich.
Das Ehepaar Müller hat in jüngeren Jahren die ganze Welt bereist. „Aber im Alter schätzt man die nähere Umgebung“, gesteht Alfred Müller, der demnächst 77 Jahre alt wird. Dem Ort, in dem sie geheiratet haben, werden die beiden also auch in Zukunft noch den einen oder anderen Besuch abstatten.