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THÜNGERSHEIM: Drei moderne Künstler und die Demut vor der Natur

THÜNGERSHEIM

Drei moderne Künstler und die Demut vor der Natur

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    Sinnbild des Lebensmuts: Sylvia Peter versucht in ihren Bildern, hier ein Schlehenzweig, so nahe wie möglich an der Natur zu bleiben.
    Sinnbild des Lebensmuts: Sylvia Peter versucht in ihren Bildern, hier ein Schlehenzweig, so nahe wie möglich an der Natur zu bleiben. Foto: Fotos: FBK

    Seit sechs Jahren leiten Sylvia Peter und Michael Junginger im ehemaligen Winzerhof Alter Stern in Thüngersheim eine Galerie, die sich der Darstellung der Pflanzenwelt gewidmet hat. Forum Botanische Kunst heißt das schmucke Anwesen in der Oberen Hauptstraße 18, in dem es zurzeit eine interessante Ausstellung zu sehen gibt: In den beiden Wechselausstellungsräumen im Erdgeschoss werden neben Werken von Hausherrin Sylvia Peter Bilder des Briten Martin J. Allen und Arbeiten des Niederländers herman de vries gezeigt, der seit 45 Jahren in Eschenau in den Haßbergen lebt und heuer sein Heimatland auf der Biennale in Venedig vertritt.

    Anders als im Lehrbuch

    Vieles von dem, was es zu sehen gibt, erinnert an Abbildungen, wie man sie aus Schulbüchern oder aus botanischen Lehrbüchern kennt. Aber weit gefehlt. Denn solche Abbildungen in naturwissenschaftlichen Lehrbüchern sollen es ermöglichen, Pflanzen zu bestimmen. Der Engländer Martin J. Allen hingegen hält beispielsweise auf seinen Aquarellen genau jenen Moment fest, in dem eine Knospe sich öffnet.

    „Das ist der Zeitpunkt, zu dem sich eine Pflanze am schwierigsten bestimmen lässt“, sagt Galerist Michael Junginger, der von Haus aus Förster ist. „Eine derartige Abbildung finden Sie niemals in einem botanischen Bestimmungsbuch.“ Dazu kommt bei Allen, der in der Regel nach Fotos arbeitet, die sehr geringe Schärfentiefe der Bilder. Eine Knospenschuppe im Vordergrund ist unscharf, ein Blütenblatt – scheinbar nur wenige Millimeter dahinter – ist gestochen scharf, etwas weiter dahinter ist der Bildraum abermals unscharf. Derartige Darstellungen kann nur ein durch die Fotografie geschultes Auge schaffen.

    Naturwissenschaftliche Darstellungen dagegen sind einerseits komplett scharf durchgestaltet, dabei aber andererseits längst nicht so detailgenau wie Allens Aquarelle, die sich faktisch – außer der Maltechnik – nicht von Fotos unterscheiden lassen. Kunst – und zwar durchaus moderne Kunst – sind diese Aquarelle durch den für die Abbildung gewählten Augenblick sowie durch das Spiel mit der Schärfentiefe.

    Symbolische Bedeutungsebene

    Hinzu kommt laut Junginger bei Allen noch eine symbolische Bedeutungsebene. In jedem Pflanzendetail spiegelt sich das Wesen der gesamten Pflanze. Entsprechend heißt die Ausstellung auch „Different – identical“. Dass der Ausstellungstitel englisch ist, ist kein Zufall: Laut Junginger genießt die „botanical art“ genannte Kunstrichtung im englischsprachigen Raum weitaus größeres Ansehen als hierzulande (die Magazinausstellung im Obergeschoss ermöglicht weitere Einblicke).

    Sylvia Peters Bilder sind mit selbst hergestellter Acrylfarbmischung gemalt – oft auf Holz. Während die Künstlerin vor gut zehn Jahren Pflanzen als detailgenaue monumentale, porträthafte Gemälde schuf und sich in der Farb- und Formgebung gewisse künstlerische Freiheiten ließ, orientieren sich ihre neueren Arbeiten noch treuer an den in der Natur gefundenen Pflanzen – beispielsweise an einem Schlehenzweig mit winterlich vertrockneten Beeren, der zu einem Sinnbild trotzigen Lebensmutes voller Poesie wird.

    Natürliche Objekte auf Papier

    Von hier ist es kein großer Schritt zu den Arbeiten von herman de vries, der die Pflanzen gar nicht mehr malt, sondern so, wie er sie vorfindet, als Objekte auf Papier festhält. Gräser und Blätter kommen hinter Glas und geben so Zeugnis von der Natur zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort. Als de vries in den 1960er Jahren damit anfing, brüskierte er den damaligen Kunstbetrieb, der gerade im Umbruch von der Abstraktion zur Pop-Art war.

    de vries nehme sich als Künstler ganz zurück, sagt Sylvia Peter, „es geht um Demut gegenüber der Natur“. Gerade in unserer heutigen, hochtechnisierten Epoche, in der so viel Raubbau an der Natur getrieben werde, sei es an der Zeit, diese Demutshaltung wieder einzunehmen.

    Öffnungszeiten: Samstags, sonntags, feiertags 13–18 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung Tel. (0 93 64) 81 36 33. Bis 10. Mai.

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