Ein Grenzstein am äußeren Rand der Sonderhöfer Flur dürfte Thomas Götz gut im Gedächtnis bleiben. Dem alten Brauch zu Folge „stauchten“ Feldgeschworenen-Obmann Willi Loos und Bürgermeister Heribert Neckermann das Hinterteil des jungen Sonderhöfers auf den sogenannten „Dreimarker“ am Gelchsheimer Waldgebiet „Krackenhölze.“ Bei dem Grenzgang umrundeten etwa zwei Dutzend Teilnehmer, darunter einige auswärtige, die örtliche Gemarkungsgrenze.
Der Stein, der am Rand der Rippach steht, verdeutlicht die bedeutende Rolle, die der Deutsche Orden in der Geschichte der Marktgemeinde Gelchsheim einnimmt. Im Gegensatz „R“, das auf dem Grenzsteinen für Riedenheim steht, und dem „S“ für Sonderhofen ist die Gelchsheimer Grenze nicht mit einem Buchstaben sondern mit dem „Deutschherren-Kreuz“ markiert.
Für die Sonderhöfer, die 1993 einen Grenzgang durchgeführt haben und einen weiteren 2006 wegen Regens abbrechen mussten, beendete auch dieses Mal die Witterung den Rundgang. Zuvor waren noch die Sächsenheimer Feldgeschworenen zu der Gruppe gestoßen.
Bevor die Wanderer etwa auf der Hälfte der 23 Kilometer langen Strecke wegen des Regens aufgeben mussten, hatten sie ihren Spaß sowohl an dem Gang durch die frühlingsfrische Natur wie auch an den Beiträgen von Willi Loos.
Der Obmann der Sonderhöfer Feldgeschworenen gab aus dem von dem ehemaligen Kreisheimatpfleger Peter Högler verfassten Werk „Alte Geschichten und Sagen aus dem Ochsenfurter Gau“ an den jeweiligen Plätzen das Passende zum Besten. Dazu gehörte auch die Sage von dem unweit von dem Dreimarker gelegenen Kutschenbrunnen.
Diese geht zurück auf den Weiler Erlach, der einstmals zwischen Gelchsheim und Riedenheim in der Nähe des Krakenholzes lag. Nach dem Sonderhöfer Pfarrbuch vom Jahre 1666 war dieser Weiler mit seiner Burg bereits 1420 verlassen worden. Die Bauern von Sonderhofen, Riedenheim und Gelchsheim nutzten das Feld und hatten dort Weiderechte. Wegen dieser Rechte lagen die Sonderhöfer mit den Gelchsheimern und den Riedenheimern über 200 Jahre lang im Streit.
Dass aus dem Kutschenbrunnen in der Christnacht Schlag zwölf Uhr Wein statt Wasser sprudelt, gehört ebenso ins Reich der Sagen, wie die Geschichte von dem alten Schieder aus Erlach. Er vertraute seiner Frau das Schiedergeheimnis an, mit jeder Markstein gekennzeichnet wird. Nachdem die Frau das Geheimnis ebenfalls nicht für sich behalten konnte, wurde der Feldgeschworene aus der Gemeinschaft ausgestoßen und starb bald darauf. Das Dorf ging unter und in den Rauhen Nächten zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag soll der Schieder als Ruheloser durch die einstige Erlacher Flur geistern.
Bei der Mittagsrast am Lindach an der Grenze zu Stalldorf, erheiterte Willi Loos die Grenzgänger mit dem Gedicht von dem Lindachreiter. Der Stalldorfer Amtmann, der die Sonderhöfer einst um ihr Waldstück „Vorderlindach“ betrogen haben soll, reitet demnach seit Jahrhunderten mit dem Kopf unter dem Arm durch die Nacht.
Nach eine Brotzeit, die die Gemeinde spendiert hat, endete die Wanderung trotz des Regens so fröhlich, wie sie begonnen hatte.