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REGION WÜRZBURG: Ein Gemischtwarenladen auf dem Main

REGION WÜRZBURG

Ein Gemischtwarenladen auf dem Main

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    Eimer mit Farben und Lacken sind derzeit bei den Kunden besonders gefragt.
    Eimer mit Farben und Lacken sind derzeit bei den Kunden besonders gefragt.

    Es weht ein milder Wind im Neuen Hafen. Auf dem Mainkilometer 247, kurz nach der Laurentiusbrücke in der Dürrbachau, ankern zwei Schiffe. An Deck des einen prüft ein Mann Ölfässer. Sie sollen an ein Frachtschiff verkauft werden. Der Mann ist 53 Jahre alt, hat kräftige Arme, trägt einen Schnauzer – er ist einer, der anpacken kann.

    Seit über 25 Jahren arbeitet Klaus Philipp auf dem Wasser. Er kommt aus einer Münsteraner Schifffahrtsfamilie. Großvater, Vater – alle arbeiteten auf Schiffen. Klaus Philipp geht von Fass zu Fass, stoppt, als sein Telefon in der Tasche klingelt: Einer seiner Kollegen fragt nach Rettungswesten für einen Kunden.

    „Man muss schon sehr flexibel sein. Der Verkehr zu Wasser ist nicht immer pünktlich.“

    Klaus Phillip Leiter des Bunkerbetriebs

    Phillip ist der Leiter des Bunkerbetriebs der Mainschifffahrtsgesellschaft im Neuen Hafen. Der Betrieb besteht aus zwei Schiffen: Einem 25 Meter langen Bunkerboot und einem 50 Meter langen Mutterschiff. Das Bunkerboot „bebunkert“ Schiffe, die den Main befahren mit Diesel. Das Mutterschiff hält alles bereit, was fürs Leben an Bord unabkömmlich ist – quasi ein Gemischtwarenladen auf dem Main.

    Das Mutterschiff ist fest mit dem Ufer verbunden, einen eigenen Motor braucht es nicht. Auf dem Oberdeck sieht man Tauwerk, einen Kran und Fässer. In der Brücke befindet sich die Servicestation. In der Luft liegt der typische Werkstattduft – es riecht nach Farbe und Öl. An den Seiten und in der Mitte stehen Regale voller Bücher über Knoten, Wasserstraßenkarten, dort stehen Schiffsfarben, lagert robuster Kleidung und Reinigungsmitteln.

    Die Frachtschiffe, die den Main befahren, sind oft länger als einen Monat unterwegs. Viele kommen aus Frankreich, den Niederladen oder Luxemburg, manche aus Rumänien oder Ungarn. Auf dem langen Weg kann es schon mal vorkommen, dass Schmieröl ausgeht oder die wetterfesten Schuhe ihren Geist aufgeben. Für solche Fälle ist das Ladenschiff bestens gerüstet. „Zurzeit geht die Farbe am besten weg. Im Frühjahr will natürlich jeder, dass sein Schiff schick aussieht“, sagt der Leiter des Betriebs. „Wir mischen hier die Farbe und unser Kunde kann dann schon auf der Weiterfahrt anfangen zu streichen.“

    In der Regel geht Philipp zwischen fünf und sechs Uhr morgens an Bord. Dann kocht er erst einmal Kaffee für sein vierköpfiges Team, das gegen sieben einläuft. Die morgendliche Ruhe auf dem Schiff nutzt er, um Angebote zu schreiben, Lieferscheine zu prüfen, sich um Rechnungen und Bestellungen zu kümmern.

    Der „Einkauf“ beim Bunkerschiff hat seine eigenen Regeln: Meist ruft der Kund an, sagt, um wie viel Uhr er Würzburg erreicht und welchen Service er benötigt. Dann fährt die Philipps Mannschaft mit dem Bunkerboot zu einem ausgemachten Treffpunkt entlang des Mains. Es hat die bestellten Einkäufe aus dem Shop geladen und ist voll mit Diesel. Das Tankboot wird dann vom Schiff des Kunden den Fluss entlang geschleppt und während der Fahrt betankt und beladen.

    Manche Kunden legen auch extra an, um selbst im Laden zu stöbern. „Dann höre ich mir natürlich auch ein paar Geschichten an und mir wird erzählt, welche Problemchen es so auf der Fahrt gab“, sagt Klaus Phillip. „Die meisten Kunden kenne ich seit Jahren, da ist es schön, einfach mal zehn Minuten zu klönen.“ Ein gutes Verhältnis zu den Binnenschiffern ist für Phillip genau so selbstverständlich wie gegenseitiges Vertrauen und ein starker Service.

    „Grundsätzlich kann man bei uns alles haben. Was wir nicht da haben ist, wird eben besorgt, wenn es zeitlich möglich ist.“ So kam es auch schon vor, dass jemand dringend einen neuen Fernseher an Bord gebraucht hat. Also ist das Team kurzer Hand losgefahren und hat einen besorgt.

    Auch bei medizinischen Notfällen ist die Bunkerbesatzung schon mal eingesprungen. „Den einen oder Anderen haben wir auch schon zum Arzt oder in die Apotheke gebracht“, erzählt Phillip. „Es kommt auch vor, dass wir die Schiffe mit Brötchen, Druckerpatronen oder Bratpfannen versorgen. Damit machen wir natürlich kein Geld, aber es gehört einfach dazu und wir tun es gerne.“

    Auch nachts und feiertags hat die Bunkerstation Betrieb. „Wir können die Schiffsfahrer wirklich an 365 Tagen im Jahr versorgen. Wenn man sich rechtzeitig anmeldet, sind wir da“, sagt der Schiffsführer. „Man muss schon sehr flexibel sein. Der Verkehr zu Wasser ist nicht immer pünktlich. Deshalb ändern wir den Plan oft mehrmals täglich.“

    Durchschnittlich werden 15 Schiffe pro Arbeitstag bebunkert. Keine Seltenheit, dass an einem Tag über 100 000 Liter Diesel verkauft werden, monatlich sind es im Schnitt um die 1,2 Millionen Liter, sagt Philipp.

    Später am Mittag nähert sich draußen ein Frachter. Er kommt aus Linz. Philipp und sein Team gehen an Deck, warten, bis das Schiff nah genug ist, um einige Kanister hinüberzureichen. Die Männer sind konzentriert, alles läuft schnell und reibungslos ab. Schon nach wenigen Minuten kann der Frachter weiter fahren. Klaus Philipp sieht zufrieden aus. Auch solch kurzen Warenübergaben gehören zum Geschäft. Dass sein Laden brummt, liegt auch am strategisch guten Posten. Die nächsten zwei Bunkerbetriebe sind in Regensburg und Mainz.

    Frachtschiffe machen zwar einen großen Teil vom Kundenstamm aus, aber auch Personenschiffe wie die „Alte Liebe“ oder Flusskreuzer machen bei Phillip und seinem Team halt. Sogar die Wasserschutzpolizei kommt gerne zum Tanken vorbei.

    Supermärkte seien keine Konkurrenz für den Bunkerbetrieb. „So etwas wie Klopapier verkaufen wir eigentlich nicht. Es sei denn, es handelt sich um einen Notfall. Dann besorgen wir eben eine Packung. Kleine Dienste erhalten schließlich die Freundschaft“, sagt er und schmunzelt. Dann klingelt schon wieder sein Telefon. Zum x-ten Mal an diesem Tag. Philipp muss sich um die nächste Bestellung kümmern – oder den nächsten Freundschaftsdienst organisieren.

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