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Ein Kiosk mit Geschichte

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Ein Kiosk mit Geschichte

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    Hier, zwischen Süßigkeiten, Schulsachen, Zeitungen, Uhrenbatterien, Tabak und Alkohol war Erhard Schäfers Reich, 33 Jahre lang. Jetzt hat er ("über mein Alter will ich nicht reden") dieses Reich einem Jüngeren übergeben. Sein Kunde Vedat Keskin (19), gelernter Hotelfachmann mit Drang zur Selbständigkeit, ist der neue Pächter. Schäfer versucht, sich an den Ruhestand zu gewöhnen.

    Schäfer hat Generationen von Schülern versorgt. Nicht alles, was über den Ladentisch ging, war im Sinne von Eltern und Lehrern. Ungezählt sind die Mädchen und Jungen, die bei ihm zum ersten Mal in ihrem Leben eingekauft haben, unbewacht von Erziehungsberechtigten nach "Bravo" oder später Zigaretten griffen und sich danach ein wenig erwachsener fühlten. Schäfer sagt: "Der Kiosk war was Tolles", und spricht doch so, als wüsste er nichts von der Rolle, die er in jungen Leben spielte.

    Als Schäfer den Kiosk 1973 übernahm, waren die Taschengelder karg, es gab keine großen Supermärkte und Discounter, und die Kunden hatten es nicht so eilig wie heute; sie brachten Zeit zum Ratschen mit. Anfangs gingen Schäfers Geschäfte schlecht.

    Der kleine Laden, erinnert er sich, war ziemlich heruntergekommen. Und so tat er, was Kaufleute tun müssen: Er ging auf Kundenfang. Lockte Leute, die ihre Hunde im Ringpark Gassi führten, indem er den Tieren Frolic spendierte wie der Metzger die Wurst dem Kunden-Kind. Für die Schüler wurde er interessant, weil er Wasserpistolen und Kracher zu Blocks und Stiften ins Regal legte.

    Ab 1990 speiste der Kiosk schnelle Esser mit Hamburgern und Pizzen, dann begann er Uhren-Batterien zu wechseln. Schäfer ging immer mit der Zeit. Er verkaufte Tickets für die Straba, und als es die aus dem Automaten gab, nahm er Handy-Karten mit ins Angebot auf.

    Und er warb für seinen kleinen Laden wie ein Großer. Er machte aus den Kiosk-Fenstern Schaufenster und pries in jugendlicher Sprache auf Plakaten "Sweets" und "Cool Drinks" an. Seine Lehre: Ein Kiosk verlangt unternehmerischen Einsatz wie ein großer Laden. "Man muss die Entwicklungen mitmachen, sonst geht gar nichts. Es wäre auch langweilig, nicht dabei zu sein."

    Manches war aber doch anders als anderswo. Er engagierte Schüler als Aushilfen, wenn sie ihm pfiffig und ehrlich erschienen. Eine alte Kundin spielte regelmäßig für ihn Lotto. Und er liebte es, Schabernack zu treiben. Kostprobe: Ein Kunde erwirbt Zigaretten. Schäfer fragt, ob er die Ware einschlagen soll. Der Kunde bejaht und Schäfer holt den Hammer raus. Er sagt, er habe "mit den Witzen die Leute fröhlich gemacht". Und schlägt als Überschrift für diese Geschichte vor: "Der lustigste, witzigste Würzburger Kiosk-Inhaber geht".

    Ganz geht er nicht. Seinem Nachfolger Keskin hat er versprochen, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Der wird ihn womöglich gut gebrauchen können. 300 bis 400 Leute, sagt Schäfer, habe er früher täglich im Laden gehabt und mit den Schülern bis 8 Uhr schon ein Drittel des Tages-Umsatzes gemacht. Das habe "im Computer-Zeitalter nachgelassen".

    Keskin lässt sich aber nicht bange machen. Sein Reich ist jetzt der letzte frei stehende Kiosk Würzburgs. Er sei optimistisch, sagt er. "Ich freue mich auf das, was kommt."

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