Erst der Busunfall am Donnerstag auf der Bundesstraße B27 bei Würzburg, dann am Freitag ein schwerer Schulbusunfall nahe Hannover mit 16 Verletzten: Bayerische Elternverbände fordern mehr Sicherheit für die Schüler. Stehplätze in Bussen sollen verboten werden, mindestens im überörtlichen Verkehr. Einen neuerlichen Beschluss dazu hat die Landeselternvereinigung (LEV) der Gymnasien vor zwei Wochen gefasst. Die Initiative war vom Johann-Schöner-Gymnasium Karlstadt und der Arbeitsgemeinschaft der Würzburger Gymnasien ausgegangen.
Ammerndorf(Lkr. Fürth), Gernach (Lkr. Schweinfurt), Ochsenfurt (Lkr. Würzburg): Allein im vergangenen halben Jahr kam es in Franken zu mehreren Unfällen mit Schulbussen. Die sind zu den Stoßzeiten häufig vollgestopft. Wenn es kracht, ist die Verletzungsgefahr groß. Deshalb kämpfen Elternvertreter seit zehn Jahren für eine Änderung der Straßenverkehrsordnung. Diese befreit in Paragraf 21 Linienbusse von der Sitzplatzpflicht. Sie dürfen Fahrgäste auch stehend und ungesichert transportieren.
Elternverbände kämpfen bislang vergeblich um Änderung
Dass Insassen in Autos oder Reisebussen angeschnallt sein müssen, in Linien- und Schulbussen aber stehen dürfen - diese Unterscheidung kann LEV-Vorsitzende Susanne Arndt nicht begreifen. "Hier muss der Gesetzgeber reagieren", fordert sie im Gespräch mit dieser Redaktion.

Petitionen für eine Anschnallpflicht hatten die Elternverbände von Gymnasien und Realschulen schon 2009 in Land- und Bundestag eingebracht. Vor fünf Jahren wandte man sich in einem Brandbrief an den damaligen Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Geändert hat sich nichts. Doch die LEV will nicht aufgeben. "Eltern sind verunsichert", sagt Vorsitzende Arndt, "und chauffieren ihre Kinder dann lieber selbst vor die Schule". Genau dies wolle man reduzieren, schon aus Klimaschutzgründen.
Landesschülerrat übt ebenfalls Kritik
Der Landesschülerrat unterstützt die Position. "Es ist ein Unding, dass Schüler in vollgepferchten Bussen auf Land- oder Bundesstraßen stehen müssen", kritisiert Magnus Lehmkuhl, stellvertretender Landesschülersprecher für die Gymnasien.
Und auch Schulleitern sind die Zustände ein Dorn im Auge. Dieter Brückner, Chef des Gymnasiums Veitshöchheim und Vorsitzender der Bundesdirektorenkonferenz, warnt vor dem Unfallrisiko gerade auf Überlandstrecken. Vollgestopfte Busse dürften nicht als Normalfall gelten. "Was muss erst passieren, damit die Richtlinien geändert werden?", fragt der Schulleiter.
"Uns Eltern würde der Führerschein und das Sorgerecht entzogen."
Elternvertreter Harald Wiggenhorn
Noch drastischer formuliert es Elternvertreter Harald Wiggenhorn aus Karlstadt (Lkr. Main-Spessart): "Wenn Eltern das tun würden, was der Staat aus Geiz und Ignoranz tut, nämlich Kinder Tag für Tag ungesichert stehend über die Bundesstraße zu schippern, würde uns Eltern der Führerschein und das Sorgerecht entzogen."
Während die Regierung von Unterfranken als Aufsichtsbehörde am Freitag noch keine Einschätzung geben konnte, haben ÖPNV-Verantwortliche in der Region Bedenken gegen eine Änderung. Ein Sitzplatzanspruch im Bus? Kurzfristig nicht machbar, sagt Alexander Schraml, als Chef des Kommunalunternehmens (KU) verantwortlich für den ÖPNV im Landkreis Würzburg. Weder stünden ausreichend Fahrzeuge noch das Geld dafür zur Verfügung. "Das wären immense Mehrkosten."
ÖPNV-Betreiber: Für Sitzplatzanspruch fehlt es an Fahrzeugen
Weil auch zu Stoßzeiten am Abend Fahrgäste stehen müssen, könne eine solche Regelung nur für den kompletten Linienverkehr gelten. Anders sei dies, wo Gemeinden oder Schulverbände für ihre Grund- und Mittelschulen eigene Schulbusse einsetzen. Der allergrößte Teil der Schüler nutzt freilich normale Linienbusse. Dass dort wenigstens die zulässige Zahl von Stehplätzen nicht überschritten wird, versucht man im Landkreis Würzburg mit Kontrollen und Vertragsstrafen sicherzustellen.
Dass eine Sitzplatzpflicht Geld kostet, das ist auch den Eltern bewusst. "Ja, aber das sollte uns die Sicherheit unserer Kinder wert sein", so der stellvertretende LEV-Vorsitzende Helmut Celina aus Kürnach (Lkr. Würzburg). Man könne sich zunächst auf überörtliche Verbindungen und die Busse zu den klassischen Schulstoßzeiten konzentrieren. "Das wäre ein erster Schritt."