An der Uni Würzburg hat sich die Biologin Ruth Göbel in ihrer Diplomarbeit mit dem Arbeitsleben der Honigbiene beschäftigt. Sie hat dabei herausgefunden, warum nicht alle Bienen gleich ticken. „Eigentlich wollte ich mit Säugetieren arbeiten und dann bin ich irgendwie bei den sozialen Insekten gelandet“, erzählt die Diplombiologin.
In der Arbeitsgruppe von Professor Jürgen Tautz hat sie sich im Laufe ihres Studiums für die Erforschung des Verhaltens der Honigbiene entschieden. Die bekannten Bienenforscher Max von Frisch und Karl Lindauer waren ihre Vorbilder.
Bereits 2003 konnte Ruths Dozent Jürgen Tautz zeigen, dass die Bruttemperatur im Puppenstadium einen Einfluss auf das Tanz- und Lernverhalten der erwachsenen Bienen hat. Bienen, die bei 32 Grad aufgezogen wurden, erwiesen sich hierbei als „schlechte Tänzer“. Tiere, die bei 36 Grad bebrütet wurden, waren hingegen „besonders gute Lerner“. Diese neuen Erkenntnisse sollten die Grundlage für die Diplomarbeit sein.
In weiterführenden Versuchen wollte Ruth Göbel zeigen, dass die Bruttemperatur auch einen Einfluss auf das Kastenverhalten der Biene hat. Das Leben einer Honigbiene, so die Biologin, teilt sich in zwei große Abschnitte: Den Innendienst im Bienenstock und den Außendienst als Sammlerin. Dabei bleibt die Reihenfolge der Arbeiten immer gleich. Zuerst müssen die jungen Bienen putzen, dann pflegen sie Königin und Brut, absolvieren Wächterdienste und verlassen als alte Bienen den Stock zum Sammeln von Nektar. Lediglich die Zeit, die für die einzelnen Arbeiten investiert wird, unterscheidet sich von Biene zu Biene.
Für Ruth war es klar: Es musste einen Zusammenhang zwischen der Bruttemperatur und der Dauer der einzelnen Arbeitsphasen geben. Stunde um Stunde hat die Biologin seit Mai letzten Jahres vor der Glasscheibe eines Beobachtungsstockes in der Bienenstation der Uni Würzburg verbracht und jede Bewegung der Bienen genau aufgeschrieben.
Farb- und Zahlencodes
Zuvor wurde für den Versuch Bienenbrut mit unterschiedlichen Temperaturen künstlich aufgezogen und nach dem Schlüpfen in den Stock gegeben. Mitte August, am Ende der Aufzeichnungen, waren über 2400 Bienen ausgebrütet, einzeln mit Farb- und Zahlencodes markiert und unzählige Male registriert worden.
Es ist ein spannender Augenblick, versichert die Biologin, wenn man ein Viertel Jahr lang Daten sammelt und am Ende der Computer bestimmt, ob der Versuch gelungen ist oder nicht. Die Freude war riesig, als die statistischen Tests grünes Licht gaben.
Ruth Göbel hat es mit ihren Versuchen geschafft, wie Frisch und Lindauer auch heute noch etwas Neues aus dem verborgenen Leben der Bienen ans Licht zu holen: Die bei niedriger Temperatur aufgezogenen Bienen hatten eine langsamere Kastenabfolge als gewöhnlich und waren somit länger im Bienenstock tätig. Die wärmer aufgezogenen Bienen hingegen haben früher Honig gesammelt als üblich. Man könnte also von „frühreifen“ Bienen sprechen, fügt die Diplombiologin mit einem Lächeln an. Auf die Frage, wie es denn nach dem Diplom weitergeht, versicherte sie, dass die Begeisterung für die summenden Honiglieferanten bleiben wird.