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Würzburg: Espresso-Schulung: Wenn der Kaffee nach Gurke riecht

Würzburg

Espresso-Schulung: Wenn der Kaffee nach Gurke riecht

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    Was geht schon über das Aroma frischer Kaffeebohnen? Wie man professionell einen Espresso zubereitet, kann man auch in Würzburg auf Kaffeeschulungen lernen. 
    Was geht schon über das Aroma frischer Kaffeebohnen? Wie man professionell einen Espresso zubereitet, kann man auch in Würzburg auf Kaffeeschulungen lernen.  Foto: Thinkstock

    Bereits beim Betreten des lichtdurchfluteten Raumes in der Ohmstraße fällt der Blick der Schulungsteilnehmer sofort auf  ein hochglänzendes Gerät. Für Espresso-Liebhaber ist die Siebträgermaschine mit ihren zahlreichen Knöpfen und Hebeln mittlerweile aus keinem Café mehr wegzudenken. Barista Alexander Pokorny brüht auch schon den ersten Kaffee auf.

    Seine Arbeit an dieser imposanten Maschine gleicht dabei einer sinnlichen Zeremonie aus zahlreichen Handgriffen: klopfen, drücken, drehen und – wie es sich als gelernter Barista gehört – alles verfeinert mit einer kreativen Milchschaumoberfläche. Mit Fingerspitzengefühl schwenkt Pokorny die Milchkanne über der schwarzen Tasse auf und ab und kreiert einen kunstvollen Herzschaum.

    Erdig, bitter oder blumig

    „Man kann beim Kaffee genau auf die Qualität achten, in dem man den Rohstoff hinterfragt und zusätzlich auch die Zubereitungsart versteht.“ Seminarleiter Pokorny, im Hauptberuf zweiter Geschäftsführer der Würzburger Belz GmbH, stellt sich vor seine Kursteilnehmer und erklärt, was er in den nächsten Stunden an Basiswissen vermitteln wird. Dabei betont er, dass es nicht wichtig sei, gleich teure Anschaffungen zu machen, sondern sich zuerst ein Grundwissen anzueignen. „Ich bin der Meinung, dass viele Leute ihren Kaffeegenuss verbessern können, wenn sie lernen, wie sie ihren Kaffee richtig zubereiten.“

    Die beiden Geschäftsführer Max Belz (hinten) und Alexander Pokorny legen selbst Hand an. Pokorny drückt gerade das Kaffeemehl mit einem Tamper im Siebträger fest.
    Die beiden Geschäftsführer Max Belz (hinten) und Alexander Pokorny legen selbst Hand an. Pokorny drückt gerade das Kaffeemehl mit einem Tamper im Siebträger fest. Foto: Annika Geis

    Zu beachten sei beispielsweise eine konstante Brühtemperatur von 96 Grad, das Verhältnis von Wasser zu Kaffeepulver oder Kaffeemehl, wie der Barista zu sagen pflegt, und die Definition des ganz persönlichen Geschmacks. „Die Robusta-Bohnen schmecken eher erdig und bitter. Arabica-Bohnen brauchen länger, um reif zu werden und entwickeln so viel mehr feinere Aromen“, so Pokorny. Diese Aromen können säuerlich, fruchtig oder blumig sein. Auch die Aufbereitung der Kaffeebohne wirkt sich auf den säuerlichen oder bitteren Geschmack aus. „Wenn ich eine Bohne kaufe, die gewaschen wurde, kann ich mich auf einen angenehmem, klaren Geschmack einstellen.“ 

    „Man kann beim Kaffee genau auf die Qualität achten, in dem man den Rohstoff hinterfragt und zusätzlich auch die Zubereitungsart versteht.“

    Alexander Pokorny, Barista

    Dass Kaffee sehr viele verschiedene Aromen haben kann, wird den Teilnehmern bei einer kurzen Sensorik-Übung bewusst. Alexander Pokorny hält in seinen Händen eine dunkle Holz-Schatulle, bestückt mit 36 kleinen Fläschchen voller verschiedener Kaffee-Aromen. „Mit diesen Aromen schult man seine Nase und damit seine Sensorik“, so der Jungunternehmer. Das erste erraten die vier Probanden schnell, es ist der Geruch einer Gurke. Das zweite ist da wesentlich schwieriger. „Erkennt ihr, was es ist?“ Die Gruppe riecht konzentriert. „Zimt?“ „Rum?“ „Erinnert mich ans Backen.“ Auch die Tipps des Experten bringen die Teilnehmer nicht auf die richtige Spur. Die Lösung: Basmati-Reis. „Wenn ihr Reis kocht und den Kochbeutel aufschneidet: Der Geruch der da rauskommt, das ist dieser Basmatireis-Geruch.“

    Wie schwierig es ist, anhand dieser Düfte ein spezielles Aroma herauszuriechen, das weiß auch Pokorny. Er selbst musste bei seiner Barista-Basis-Schulung fünf von diesen Gerüchen erkennen.

    Die hohe Kunst des Kaffeekochens

    Auch die Zubereitungsart der braunen Bohne spielt bei dem Geschmack eine wichtige Rolle. Mit routinierten Handbewegungen dreht er den Siebträger aus seiner Halterung, klopft das alte Kaffeemehl heraus und befüllt die mit frisch gemahlenem Kaffeepulver. Dass der Kaffee vor jedem Brühvorgang frisch gemahlen wird, sei wichtig. Schließlich verliere Kaffee nach 15 Minuten bereits 60 Prozent seiner Aromen. Während Pokorny von der Bedeutsamkeit frisch gemahlenen Kaffees redet, klopft er ganz selbstverständlich den Siebträgerboden ein paarmal auf den Tisch, um das feine Pulver zu verteilen.

    Nach dem Klopfen folgt das Kaffeepressen. Auch das sei wichtig, da durch das Anpressen das  Kaffeemehl gleichmäßig verdichtet werde. Pokornys greift hierfür zu einem stempelartigen Gegenstand, dem sogenannten Tamper, und platziert Daumen und Zeigefinger so an den Rand des runden Stempels, dass er mit der Handinnenfläche genug Druck auf die Halterung ausüben kann. Das Kaffeemehl ist jetzt so fest, dass es, würde man den Siebträger einmal auf den Kopf stellen, immer noch fest an seiner Stelle bliebe. Dann fängt die Maschine an zu brummen. Das 96 Grad heiße Wasser dringt durch den Filter und das Ergebnis ist die heiße, duftende Brühe.

    „Das Wichtigste ist immer die Balance zwischen Säure, Zucker und Bitterkeit.“

    Alexander Pokorny, Barista

    Doch damit ist die Arbeit für einen genussvollen Espresso nicht getan. „Das wichtigste ist immer die Balance zwischen Säure, Zucker und Bitterkeit“, so Pokorny. Daher extrahiere man die Flüssigkeit. Alle beobachten gespannt. Anfangs kommt aus der Maschine die dunkle Brühe mit leichten braunen Fäden. Je länger man darauf schaut, desto heller wird die Kaffeebrühe. „Jetzt fängt die Blondphase an.“ Während Pokorny das erwähnt, zieht er die Tasse weg und fängt den Rest mit einer neuen Tasse auf. Um den Unterschied weiter zu verdeutlichen, darf jeder Teilnehmer probieren. Schon an den Gesichtsausdrücken ist zu erkennen, dass dieser helle Kaffeerest nicht sonderlich genießbar ist. „Man schmeckt einen deutlichen Unterschied. Es ist sehr viel Bitterkeit, es fehlt Säure und Zuckeranteil“, so das Geschmacksurteil des Barista.

    Der Vakuumbrüher ist eine der vier Brühmethoden, die die Kursteilnehmer bei der Kaffeeschulung austesten.
    Der Vakuumbrüher ist eine der vier Brühmethoden, die die Kursteilnehmer bei der Kaffeeschulung austesten. Foto: Annika Geis

    Weitere Brühmethoden

    Auch Zuhause oder auf Reisen muss man auf den Espresso-Genuss nicht verzichten. Hierzu hat Pokorny für seine Kursteilnehmer vier verschiedene Brühmethoden vorbereitet: Die französische French-Press, bei der das Kaffeemehl mit einer Art Sieb nach unten gepresst wird, die  amerikanische Aeropress aus Brühzylinder und Presskolben, die klassische Filterkaffeemethode und das besondere Highlight, den Vakuumbrüher. Bei letzterem wird das Wasser so lange erhitzt, bis es kocht und in das obere Glasgefäß aufsteigt. Anschließend wird es mit dem gemahlenen Kaffee vermengt und setzt sich beim Abkühlen wieder im unteren Vakuum ab. Auch optisch beeindruckt diese Methode, schließlich ist dieser Anblick in der heutigen Zeit eine Seltenheit.

    Auch hier dürfen die Probanden wieder mitmachen und anschließend ihren Favoriten bestimmen. Für einen direkten Geschmacksvergleich bleibt die Kaffeesorte die gleiche. Einen klaren Testsieger gibt es jedoch nicht. So hat jeder seine optischen und geschmacklichen Vorzüge. „Und schon wird ein ganz simples Getränk zu einer komplett anderen Welt“, fasst es Alexander Pokorny zusammen.

    Text: Annika Geis

    Das UnternehmenDie Belz GmbH ist ein Familienunternehmen, das 1899 in der Juliuspromenade in Würzburg gegründet wurde. Der Geschäftsführer Max Belz führt das Unternehmen heute in der vierten Generation, gemeinsam mit seinem zweiten geschäftsführenden Gesellschafter Alexander Pokorny. Die beiden Jungunternehmer arbeiten eng mit Bäckereien, Konditoreien und Cafés in der Region Würzburg zusammen und geben seit zwei Jahren ihr Wissen rund um Kaffee in kleinen Schulungen an Kaffeeliebhaber weiter.

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