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WÜRZBURG: Fasten ganz modern

WÜRZBURG

Fasten ganz modern

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    Weg damit: Kerstin Feuerstein-Dörnhöfer verzichtet in der Fastenzeit auf das Shopping von Kleidung, auch im Internet
    Weg damit: Kerstin Feuerstein-Dörnhöfer verzichtet in der Fastenzeit auf das Shopping von Kleidung, auch im Internet Foto: Foto: Katja Glatzer

    „Ich liebe Mode und schöne Designs“, sagt Kerstin Feuerstein-Dörnhöfer und lächelt. Deshalb wird es ihr auch garantiert schwer fallen, fast sieben Wochen lang darauf zur verzichten. Denn: Am Aschermittwoch, 14. Februar, beginnt die 40-tägige christliche Fastenzeit, die in der Osternacht (1. April) endet. Die 46-Jährige hat sich vorgenommen in dieser Zeit auf's Klamotten shoppen – sowohl im Geschäft als auch per Mausklick – komplett zu verzichten. „Ich kaufe einfach sehr gerne ein, manchmal auch mit schlechtem Gewissen, weil ich weiß, dass es nicht unbedingt sein muss“, sagt sie. Die studierte Juristin leitet die Beratungsstelle Würzburg des Verbraucherservice Bayern.„Als ich vor zwei Jahren hier anfing, gab es gerade die erste Plastiktüten-Fastenaktion. Das hat mich beeindruckt und mich dazu bewogen, auch Verzicht zu üben“, erklärt sie.

    „Wir leben in einem Überfluss an Waren, und ich finde es gut, wenn man ab und an versucht, sich wieder mehr auf das Wesentliche zu konzentrieren.“ Oft surfe sie abends auf der Couch auf diversen Modeseiten im Netz und vergesse die Zeit. „Ich nehme mir zum Beispiel vor, in der Zeit des Fastens wieder mehr zu lesen“, sagt sie. Außerdem will sie auch mal nachschauen, was der Kleiderschrank an älteren Klamotten zu bieten hat. „Da kann man bestimmt etwas kombinieren, ohne, dass es nötig ist, etwas Neues zu kaufen.“

    Bewusst einkaufen, das ist das Ziel, das sich die 46-Jährige langfristig setzt. Im religiösen Sinne gehe es ja auch darum, die Schöpfung zu bewahren. Ihr Umfeld, besonders ihr Mann, findet den Entschluss des Shopping-Fastens gut. Außerdem will Feuerstein-Dörnhöfer bewusster gegen ein Aussterben der Innenstadt-Läden vorgehen und in Zukunft etwas weniger im Internet einkaufen.

    Keine Nachrichten und Social Media: Der Würzburger Bassist Michael Ende will sich bewusst Zeit für seine Musik nehmen.
    Keine Nachrichten und Social Media: Der Würzburger Bassist Michael Ende will sich bewusst Zeit für seine Musik nehmen. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Keine schlechten Nachrichten

    Zeitung, Facebook oder B5 in durchgängiger Schleife. Es gab eine Zeit, da bezeichnete sich Michael Ende selbst als „Nachrichten-Junkie“. „Das ist inzwischen ein wenig besser geworden“, sagt der Bassist von „Letzte Instanz“ und grinst. Dennoch will er auch in diesem Jahr wieder fasten und zwar beim Gebrauch von Social Media, Facebook und Instagram, aber auch ei Nachrichten aus aller Welt in Zeitungen, Fernsehen und Radio. „Ich möchte mich einfach eine Zeit lang abschotten, einerseits von all dem Negativen, das in der Welt passiert, andererseits auch von den vielen unnützen Inhalten, die in den Sozialen Medien verbreitet werden.“

    Der Musiker erhofft sich dadurch auch ein bewussteres und konzentrierteres Arbeiten mit seinem Instrument. „Manchmal merkt man nämlich gar nicht, wieviel Zeit man in den Sozialen Netzwerken unterwegs ist. Man lässt sich berieseln und verliert den Blick fürs Wesentliche.“ Es tue der Seele mal ganz gut, Verzicht zu üben. Da Ende allerdings just in der Fastenzeit mit seiner Band und dem neuen Album „Morgenland“ auf Tour ist, wird der ein oder andere Facebook-Hinweis auf das nächste Konzert nicht ausbleiben.

    „Aber das ist wirklich das Einzige, privat wird es von mir in dieser Zeit keinen Post geben.“

    Schimpfwörter verboten: Die Familie Molz aus Höchberg hat sich für die Fastenzeit einiges vorgenommen.
    Schimpfwörter verboten: Die Familie Molz aus Höchberg hat sich für die Fastenzeit einiges vorgenommen. Foto: Foto: Katja Glatzer

    Sieben Wochen lang keine Schimpfwörter

    Mistkerl. Depp. Arschgeige: Die Familie Molz aus Höchberg möchte sieben Wochen lang auf Schimpfwörter verzichten. Und nicht nur das: „Da ich festgestellt habe, dass in unseren Schulen eine Kultur des Lobens zu wenig praktiziert wird, möchte ich, dass meine Kinder sich und andere durch positive Bekundungen stärken und nicht diffamieren“, sagt Mama Antje Molz.

    Doch was sagen ihre drei Jungs im Alter von acht, elf und 13 Jahren dazu? „Immer noch besser als Süßigkeitenfasten“, meint der Kleinste und grinst. Und der Elfjährige sagt: „Ich finde es gut, wenn mich mein großer Bruder nicht mehr beleidigen darf.“ Der 13-Jährige ist indes der Meinung, dass auch bei „Gesten“ (Anm. d. Red.: beispielsweise der Stinkefinger) gefastet werden sollte.

    „Im vergangenen Jahr haben wir gute Erfahrungen mit dem Schimpfwörterfasten gemacht, und es hat sogar richtig lange angehalten“, sagt Antje Molz. Dennoch sei jetzt eine „kleine Auffrischung“ nötig. „Ich schaffe das“, ist sich der 13-jährige Pfadfinder sicher.

    Auf eines verzichtet die Familie übrigens schon seit Längerem und aus vollster Überzeugung: „Wir bestellen nichts mehr bei Amazon, seitdem wir wissen, wie dort Mitarbeiter ausgenutzt und ausgebeutet werden“, so Molz.

    Domvikar Paul Weismantel hat wieder einen Fastenkalender gestaltet.
    Domvikar Paul Weismantel hat wieder einen Fastenkalender gestaltet. Foto: Foto: Katja Glatzer

    Bewusst Zeit nehmen

    „Alles hat seine Zeit“, sagt Paul Weismantel, Domvikar und Leiter des Referats Geistliches Leben der Diözese Würzburg. So sei das Fasten eine Möglichkeit, den normalen Alltag zu unterbrechen und sich bewusst Zeit für andere Dinge zu nehmen. Traditionell bedeute das Fasten den Verzicht auf Genussmittel. Das waren ursprünglich der Verzicht von Alkohol, Tabak und Süßigkeiten. „In der modernen Zeit fallen natürlich auch andere Dinge darunter, so gehören beispielsweise Fernsehen, Computerspiele, Autofahren oder Soziale Medien zu den modernen Genussmitteln.

    “ Sich von ihnen für einige Wochen zu lösen, könne eine sehr befreiende Wirkung auf die Seele haben, so der Geistliche.

    Im religiösen Kontext gehe es auch darum, sich nicht von solchen Dingen abhängig zu machen, sondern seine „innere Freiheit“ zu behalten, erklärt Weismantel. In den den letzten zwei Wochen vor Ostern spiele dann das Gedenken an das Leid Jesu Christi vermehrt eine Rolle.

    Der Domvikar rät den Menschen, sich mit dem Fasten auseinandersetzen. Auch, wenn mal ein Tag dabei ist, an dem es nicht so gut hinhaut mit den Vorsätzen: „Gott ist barmherzig“, sagt er und lächelt. Weismantel selbst hat sich dieses Jahr die drei kleinen „l's“ vorgenommen: langsamer, leiser und liebevoller. In der Hektik dieser oft sehr lauten Zeit, sei es ihm ein Bedürfnis den Tag etwas langsamer zu beginnen: „Aufstehen, das Fenster öffnen, die Morgenluft einatmen und beten. Und dann bewusster durch den Tag gehen.“ Dazu hat Weismantel auch in diesem Jahr wieder einen kleinen Kalender mit dem Titel „In Gottes Hand“ gestaltet, mit 40 Psalmen für die Fastenzeit.

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