Endlich mal rauskommen! In übersprudelnd guter Laune machten sich 38 Flüchtlinge aus der Heidingsfelder Unterkunft mit sechs Helfern auf den Weg in den Tierpark Sommerhausen. Allein die zehn Kilometer lange Busfahrt war ein Ereignis. Aus irgendeinem Handy erklang arabische Musik, die Menschen klatschten im Takt, wiegten sich, lachten. Solche ausgelassenen Gäste hatte Busfahrer Hans Felber schon lange nicht mehr.
Im Wildpark angekommen, strömten die einen zum Spielplatz, die anderen begannen, die Tiere zu besuchen. Einige der Wildtiere waren den Flüchtlingen aus ihren Heimatländern vertraut, andere kannten sie noch nicht. „Wildschweine hatte ich vorher noch nicht gesehen“, sagt Treena Shamsi, die mit ihrem Mann und ihren Kindern mit zum Ausflug kam. Hühner hingegen sind der jungen Afghanin bestens vertraut: „Bei uns in Kabul werden noch immer Hühner gehalten. Auch meine Mutter hatte stets sechs oder sieben Stück.“ Als Kind hatte Treena geholfen, das Federvieh zu füttern.
Shamsi, die schon länger in Deutschland lebt, war mit ihren Kindern im vergangenen Jahr schon einmal im Wildpark. Für Mohammed hingegen ist die Einrichtung der Mainfränkischen Werkstätten neu. „Ich war überhaupt noch nie in einem Tierpark“, erzählte der 14-Jährige, der Tiere mag, allen voran Hunde. Mohammed stammt aus der nordwestsyrischen Stadt Afrin. Von dort kennt er Pferde: „Die sieht man bei uns noch auf der Straße.“ Nicht jeder könne sich in seinem Heimatland ein Auto leisten. Auch Schafe kennt Mohammed von daheim: „Mein Opa hat sie gezüchtet.“
Vergleich mit der Heimat
Bei schönem Wetter durch den Wildpark zu streifen, hat Mohammeds ganze Familie genossen. Sechs Geschwister hat der Junge. Im Heidingsfelder Kreiswehrersatzamt lebt die Familie auf engstem Raum: „Zu acht in zwei Zimmern.“ Während Papa, Mama und die Kinder von Tiergatter zu Tiergatter schlenderten, wurden Erinnerungen an die Heimat wach. In Syrien, so Mohammed, schaut die Natur ganz anders aus: „Wir haben auch Nadelbäume, aber nicht solche Laubbäume.“ Dafür, ergänzt sein Papa, gibt es ausgedehnte Olivenhaine und wunderschöne Feigen. Er zückt sein Handy und blättert im virtuellen Fotoalbum: „Sehen Sie, so schaut es bei uns aus.“
Mit seinen recht guten Deutschkenntnissen ist Mohammeds Papa eine Ausnahme unter den erwachsenen Flüchtlingen aus Heidingsfeld. Die meisten verstehen noch kein Deutsch. Die Kinder und Jugendlichen hingegen wachsen schnell in die für sie bis vor kurzem völlig fremde Sprache hinein.
So konnte sich auch der in Afghanistan geborene Ali während des Rundgangs im Wildpark gut mit den Helferinnen unterhalten. Den Aufenthalt im Park nutzte er gleichzeitig dazu, seinen Wortschatz zu erweitern. „Wie heißen diese Tiere dort? Die kenne ich vom Domvorplatz!“, sagt er und deutete auf den Käfig mit Tauben.
Es war das erste Mal, dass eine Flüchtlingsgruppe den Tierpark Sommerhausen besuchte, sagt Dieter Körber, Geschäftsführer der Mainfränkischen Werkstätten. Die Gäste wurden vom Team herzlich aufgenommen. Selbstverständlich war der Eintritt frei. Nach dem Rundgang gab es für alle Kaffee, kalte Getränke, Eis und Kuchen.
Das Team hätte auch dies gespendet. Doch die Helfer wussten, dass Geld für den Wildpark ein knappes Gut ist. „Darum haben wir Spenden für unseren Ausflug gesammelt“, berichtete Stephanie Böhm vom Helferkreis. 300 Euro von Heidingsfelder Selbstständigen sowie vom SPD-Ortsverein Würzburg-Süd kamen zusammen. Außerdem spendierte Hans Felber den Shuttle von Heidingsfeld nach Sommerhausen und zurück.
Den Helferkreis „Freizeit“ im ehemaligen Kreiswehrersatzamt Heidingsfeld gibt es seit Jahresbeginn, als die Einrichtung zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert wurde. An jedem Freitag laden die Helfer die Flüchtlinge zu Kaffee, Kuchen und Spielen ein. „15 kommen immer, manchmal sind aber auch 30 Flüchtlinge da“, erzählt die 17-jährige Paula Böhm, die sich neben der Schule im Helferkreis engagiert. Der Ausflug nach Sommerhausen war die erste Aktion außerhalb der Unterkunft. Hoffentlich, wünschen sich die Flüchtlinge, war es nicht das letzte Mal.