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WÜRZBURG: „Flüchtlingsgespräche“ in der Werkstattbühne

WÜRZBURG

„Flüchtlingsgespräche“ in der Werkstattbühne

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    Brecht schrieb die Dialoge in den frühen 1940er Jahren unter dem Eindruck des eigenen Exils und der Erfahrungen anderer heimatlos gewordener Intellektueller.

    Regisseur Wolfgang Schulz hat die Dialogfolge auf eine Spieldauer von 75 Minuten gekürzt. Schauplatz ist das Restaurant des Hauptbahnhofs von Helsinki; Bühnenbildnerin Deborah Kötting hat die Trennung von Bühne und Publikum aufgehoben und den gesamten Raum geschmackssicher und mit Liebe zum Detail ins „Café Exil“ verwandelt.

    In diesem Café haben die beiden Emigranten, der Intellektuelle Ziffel (Friedemann Müller) und der Arbeiter Kalle (Stephan Ladnar), vorläufig Zuflucht gefunden. Konzentriert und pflichtbewusst gehen sie ihrer Arbeit nach, bedienen die an Bistro-Tischchen sitzenden Zuschauer, machen selbst Brotzeit-Pause am Tresen und führen im geradezu realistisch beiläufigen Plauderton Gespräche über ihre private Situation und die politischen, zeitgeschichtlichen Ursachen, die ihr zugrunde liegen: Faschismus und Krieg.

    Ihr Flüchtlings-Status hat die Wahrnehmung geschärft. Kleinste, im Alltag erfahrene Veränderungen stehen immer im Zusammenhang mit den „größten Vorkommnissen“ – und umgekehrt. Dabei ist es aus heutiger Perspektive bestechend, welche analytische Klarheit und ausgesprochen zeitlose Gültigkeit in vielen Textpassagen enthalten ist: Sei es beispielweise der Vergleich des „Freiheitsdurstes“ der Schweizer mit dem der Amerikaner, der Blick auf die ökonomischen Krisen, die einer der Gründe für den Faschismus in Europa waren oder der zum geflügelten Wort gewordene Satz vom „Pass als dem edelsten Teil eines Menschen“.

    Müller und Ladnar holen diese Einsichten in unsere Gegenwart, spielen gänzlich unprätentiös, geben sich teils ironisch distanziert, teils politisch kämpferisch, verstärken die Sogkraft der Texte durch bewusste Pausen, variieren Tempo und Positionen am Tresen, ziehen das Publikum hinein in die Brecht'sche Dialektik. Und machen aus den „Flüchtlingsgesprächen“ bei aller intellektuellen Brillanz zugleich einen höchst kurzweiligen und unterhaltsamen Caféhaus-Abend .

    Bis 2. Mai, jeweils Mittwoch, Freitag, und Samstag. Tel. (09 31) 5 94 00.

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