Ochsenfurt Wenn Haus und Garten eine besondere Geschichte erzählen, dann spürt man das schon beim ersten Schritt durch die Pforte. Engeli Lachmanns Refugium liegt hinter hohen Mauern, gut abgeschirmt vom Verkehrslärm der B 13 in Ochsenfurt. Das ehrwürdige Muschelkalkmauerwerk umschließt ein grünes Reich voller Überraschungen, das an den "geheimen Garten" erinnert.
Das Haus aus der Gründerzeit war lange als "Schmitt's Villa" bekannt, denn ein "Fräulein Schmitt, Magnetopathin", lebte seit 1907 darin. Davon kündet noch immer eine steinerne Tafel am Haus. Magnetopathen nannten sich damals Heiler, die durch Handauflegung und Suggestion helfen wollten.
Heute übt eher die liebevolle Neugestaltung des streng formalen Gartens heilsame Wirkung aus. Das Haus ist schon lange im Besitz von Engeli Lachmanns Familie, die aus einer Gärtnerdynastie stammt. Die schöne Sammlung von Original "Schneider-Kannen", aus schwerem Zink mit langen Gießtüllen, erinnert an Engeli Lachmanns Großvater, den Baumschuler Baptist Gauck.
Als Floristin besann sich die Ochsenfurterin vor einigen Jahren auf die Familientradition der Friedhofsgärtnerei und legte ihren Schwerpunkt auf Trauerfloristik und Grabgestaltung. Das liegt nahe, denn der Ochsenfurter Friedhof schließt direkt an ihren Garten an.
Ein Garten, der durch strenge formale Vorgaben der Gründerzeit besticht. Vom Haus aus zieht sich eine Blickachse entlang eines mit Muschelkalkrabatten flankierten Kiesweges bis zum barocken Gartenpavillon, lässt links und rechts den symmetrisch aufgeteilten Gemüse- und Rosengarten liegen, durchschreitet mächtige Eiben- und Thujahecken.
Herrschaftlich ist die Atmosphäre und doch heiter. Der gelb-weiße Pavillon setzt den imposanten Schlusspunkt des Gartens. Die ehrwürdigen Mauern erfahren mit Clematis und Rosenblüten neue Heiterkeit, nachdem sie Engeli Lachmann und ihr Mann Werner Taubert von erdrückender Efeuüberwucherung befreit haben.
Das samtiggraue Laub des Wollziest oder die in bläulich-weiß changierenden Blüten der "Mainzer Fastnacht"-Rose nehmen die Schattierungen der Mauersteine auf. Behutsam, immer orientiert an der historischen Gartenstruktur, belebte Engeli Lachmann den Garten neu.
Wie schon früher, teilt sich der Garten jenseits des Hauptwegs in Nutz- und Ziergarten. Erst vor zwei Jahren wurden Rosenstämmchen gepflanzt, etwa die tiefrosarote "Centenaire de Lourdes", die 1994 vom Weltrosenkongress unter die zehn besten Rosen der Welt gewählt wurde.
Gesundes Laub und eine Blütenfülle, der auch Regen nichts anhaben kann, zeichnen diese Rose aus. Die gefransten, dicht gefüllten Blüten der "Comtesse de Ségur" begeistern mit klarem Rosaton. Interessant sind die Begleitpflanzen der Rosenstämmchen, die sich in barock geschwungenen Beeten und Rondellen präsentieren: Purpurglöckchen, Lavendel als Staude und Stämmchen, Thymian, Storchschnabel, Buchs und Frauenmantel wiederholen sich immer wieder und schenken so rhythmische Harmonie.
Im Nutzgarten baut die Gärtnerin verschiedene Sorten Kartoffeln an, sie schwärmt vom Radicchio und Rucola, Zucchini und Amerikanischem Braunen Pflücksalat, Tomaten, Roten und Gelben Rüben. Alles, was gerne in der Lachmannschen Küche verarbeitet wird, wächst hier. Alte Steinbänke, natürlich vergraute Teakholzmöbel und lauschige Ecken zum Verweilen finden sich auf dem großen Grundstück.
Wenn Haus und Garten in zwei Jahren einhundertsten Geburtstag feiern, wird sich auch Fräulein Schmitt über die Neubelebung ihres Gartens freuen. Vielleicht hat sie ja noch immer ihre heilenden Hände im Spiel?