Die Sonne scheint auf eine große, gepflegte Gartenlandschaft. Der Blick der Gäste schweift über ein Blumenmeer in allen erdenklichen Farben: Dahlien, Zinnien, Astern; Tagetes, Sonnenblumen, Sonnenhut, Ziertabak. Jede Blume ist für sich ein Kunstwerk. Mittendrin hackt, jätet und stutzt Schwester Barbara Schneider, eine der drei Ordensfrauen, die für den Garten zuständig sind. Wenn sie sich tief bückt, sieht man sie kaum, man ahnt nur, wo sie ist.
"Der Garten ist für uns sehr wichtig", sagt Oberin Bergit Rohe. "Insbesondere die älteren Schwestern, die nicht mehr die Möglichkeit haben, viel weg zu gehen, freuen sich über das frische Grün und die frische Luft." Gewiss nicht nur sie. Morgens und abends sind die Schwestern besinnlich im Garten unterwegs. "Gott begegnet uns durch die Wirklichkeit. Wir entdecken hier so viele kleine Wunder. Das hilft uns, in Verbindung mit Gott zu kommen", sagt Schwester Bergit und verweist auf das Erste Buch Moses.
Darin heißt es: Das Land lasse junges Grün wachsen. Alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihren Samen darin. Die Begegnung mit der Schöpfung in ihrem Garten sei heute noch so wie in der Genesis beschrieben. "Das frische Grün tut unseren Augen gut. Dabei entsteht ein ,Wellness'-Gefühl." Einer der schönsten Plätze sich zu erholen, neue Energie aufzutanken, befindet sich in einem Türmchen an der Stadtmauer.
Im Garten haben die Schwestern alles gepflanzt, was sie brauchen: Paprika, Tomaten, Kartoffeln und andere Gemüsesorten. Dank eines Gewächshauses haben die Armen Schulschwestern den ganzen Winter hindurch frisches Gemüse. Doch sie müssen kürzer treten. So wird ein Teil des Nutzgartens in Rasenfläche umgewandelt. Die Begründung: "Weil sie keine Schwestern mehr haben, die in Zukunft den Garten weiter bebauen können."
Seit dem 13. Jahrhundert gibt es dort ein Kloster. Bischof Hermann von Lobdeburg genehmigte den Bau eines Benektinerinnenklosters. Er selbst gab dem Kloster den Namen "Unserer Lieben Frau zum Paradies" - vermutlich wegen eines einstigen sehr schönen Apfelgartens. 1546 ist die letzte Äbtissin Anna von Bibra gestorben. Der Name Kloster Paradies blieb bis unsere Zeit. Eine ältere Schwester im Haus weiß noch, dass das Kloster früher noch Rechnungen zugestellt bekam, auf denen "Kloster zum Paradies" vermerkt war.
1779 war das einstige Kloster in die bischöfliche Amtskellerei umgewandelt worden. Während der Säkularisation wurde das Kloster Paradies Königliches Forstamt. Seit dieser Zeit gibt es dort etwas Interessantes: Mit einem kleinen Tor an der Stadtmauer hat es seine besondere Bewandtnis. Der Kronprinz Ludwig, der spätere König Ludwig I., war während eines längeren Aufenthalts in Würzburg bei dem damaligen Forstmeister immer mal wieder zu Besuch. Man sagt, er kam von Würzburg kommend durch dieses Pförtchen geritten. Seitdem wird das Tor "Ludwigs Pförtchen" genannt.
1854 stand das inzwischen verfallene Gebäude zur Versteigerung an. Ein Professor aus Würzburg und ein Heidingsfelder Pfarrer erwarben das Grundstück für die Armen Schulschwestern. 1855 zogen sie dort ein. Die junge Kongregation ist erst 1833 in Bayern gegründet worden. Wie der Name sagt, sind die Schwestern auf die Erziehung spezialisiert. Zur damaligen Zeit war es um Schule nicht gut bestellt, vor allem die Mädchen waren benachteiligt. Der Klostergarten ist nicht öffentlich zugänglich.