14 Prosselsheimer Bürgerinnen und Bürger haben am 4. Oktober eine Bürgerinitiative gegründet. Sie wollen nicht mehr "ruhig sein und geduldig abwarten". Sie sind frustriert und haben das Gefühl, "immer wieder von vorn anfangen zu müssen". Zudem können sie das Wort "vorübergehend" nicht mehr ertragen.
Die Bürgerinitiative nennt sich "Öffnung der Seinsheimstraße in Prosselsheim". Die Verkehrsentlastung, Verkehrssicherheit und Verkehrsberuhigung stehen an erster Stelle der nun kämpferischen Dorfbewohner. Den Mitgliedern und Sympathisanten geht es aber um mehr. Sie rufen die gesamte Dorfbevölkerung auf, an einem Strang zu ziehen, Solidarität zu zeigen und "denen da oben" die Stirn zu bieten.
Ihre erste Informationsveranstaltung als Bürgerinitiative war mit 40 Personen gut besucht. Anna Eberth, Alexander Voit und Richard Öchsner erläuterten den Sachstand. Die Sprecherin und Sprecher zeigten anhand von vielen Schaubildern eine "lange Hängepartie". Sie begann in den 80er und 90er Jahren. Seinerzeit wurden Siedlungsstraßen gebaut, Trassen abgesteckt und "viele Versprechungen gemacht".

Der 30 Jahre andauernde "vorrübergehende" Zustand der verkehrlichen Erschließung des damaligen Baugebiets "Kirchgrund" über die Frühlingstraße müsse endlich beendet werden. Die Frühlingstraße und der anschließende Sonnenweg wären für eine derartige Verkehrslast nicht gebaut worden. Aber seit Jahren sei die Frühlingstraße die Hauptachse für den Verkehr aus drei Baugebieten, für Umleitungen und Abkürzungen Richtung Würzburg.
Nun soll auch noch das neue Baugebiet über die Frühlingsstraße laufen
Nun soll noch das künftige Baugebiet "Sonnenweg" mit seinen 31 Bauplätzen über die Frühlingstraße erschlossen werden. Dabei sei die 150 Meter entfernte Seinsheimstraße dafür prädestiniert. Sie sei breit und solide ausgebaut worden, eine Öffnung zur Staatsstraße 2260 ist vorgesehen und die Anwohner hätten immer gewusst, dass die jetzige Lärmschutzwand einmal geöffnet werden soll.
Die neue Bürgerinitiative will sich eng vernetzen mit der längst bestehenden "Bürgerinitiative Ortsumgehung Prosselsheim". Auch deren Mitglieder sind frustriert, dass die mittlerweile jahrzehntelange Diskussion darüber "jegliche Entwicklung im Dorf blockiert". Längst ist die Gemeinde in Vorlast gegangen, aber "seit 13 Jahren werden wir nur hingehalten".

Dass die Umgehungsstraße in den nächsten Jahrzehnten wirklich einmal gebaut wird, daran glauben viele Prosselsheimer nicht mehr. Voruntersuchungen, Besprechungen und Pläne gebe es genug. Aber auch genug Gegenwind von Winzern, Anwohnern, Naturschützern und Grundstücksbesitzern. Zudem hänge die Umgehungsstraße mit der Reaktivierung der Mainschleifenbahn zusammen.
Weil es nicht absehbar sei, dass die Prosselsheimer irgendwann durch die Umgehungsstraße entlastet werden, haben sie das Vertrösten satt. Genauso wie die engen Auslegungen der Gesetze im Hinblick auf die gewünschten Geschwindigkeitsbegrenzungen und die Versetzung des Ortsschildes Prosselsheim weiter hinaus Richtung Seligenstadt. Das würde zumindest den Lärm reduzieren und die Verkehrssicherheit erhöhen.
Landtagsabgeordneter Pittner: "Ein klassischer Fall für Ausnahmen"
Zur Info-Veranstaltung waren Landtagsabgeordneter Gerald Pittner aus Bad Neustadt/Saale und Kreisgeschäftsführer Manfred Dülk aus Kürnach gekommen. Die beiden Freien Wähler wollten sich aus erster Hand informieren und ihre Hilfe anbieten. "Ich sehe hier einen klassischen Fall für Ausnahmen", verwies Pittner nicht nur auf Beispiele anderer Ortschaften, sondern vor allem auf "erhöhte Gefahrensituationen".
Er gab den Tipp, das Augenmerk vermehrt auf das Risiko bei der Kreuzung des überörtlichen "2Frankenradwegs" zu richten. Er quert kurz vor dem Ortsschild die Staatsstraße 2260. Es sei zudem wirklich gefährlich, dass in Verlängerung der Frühlingstraße weder am Friedhof noch im Sonnenweg und damit "am einzigen Spielplatz im Dorf" ein Gehweg ist. Ohne Gehsteig sind Fußgänger größten Gefahren ausgesetzt. Das gelte vor allem für ältere Menschen und Kinder auf dem Weg zum Friedhof oder Spielplatz.
Anfang September hat Christiane Eberth eine Sammelpetition an den Bayerischen Landtag gerichtet. Darin prangern die Unterzeichnenden die "Untätigkeit von Verantwortlichen und Behörden" an. Insbesondere mit der Straßenverkehrsbehörde beim Landratsamt Würzburg hadern die Prosselsheimer. Trotz eines Ortstermins mit Landrat Thomas Eberth kurz vor der Bundestagswahl sei außer guten Willensbekundungen nichts vorwärts gegangen.
Weniger auf die Vergangenheit als auf den aktuellen Sachstand konzentrieren
Sowohl Abgeordneter Pittner als auch Kreisgeschäftsführer Dülk rieten den Versammlungsteilnehmern, die Sammelpetition mit weiteren Punkten zu ergänzen, vor allem mit dem Hinweis auf den Frankenradweg. Die Politiker regten an, gemeinsam und zielführend handeln. Die Dorfbewohner sollten sich weniger auf die Vergangenheit als auf den aktuellen Sachstand konzentrieren. Es sei zudem ernsthaft zu überlegen, ob und welche rechtlichen Schritte sinnvoll seien.
Die kämpferischen Bürgerinitiativ-Mitglieder sollten auch die Unterstützung ihrer Gemeinderäte, Kreisräte und Abgeordneten einfordern. Pittner selbst will beim Petitionsausschuss den maßgeblichen Bericht der Ausschusssitzung erbitten und beim Verkehrsministerium nach dem Sachstand zum Planfeststellungsverfahren der Ortsumgehungsstraße fragen.
Für Bezirksgeschäftsführer Dülk ist "die Sachlage in Prosselsheim ein Beispiel, wie sich Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde in den Themen Ortszufahrt und Ortsumgehung ihre Rechte und Wohnqualität regelrecht erkämpfen müssen und sich von Politik, Ämtern und Verwaltung unzureichend vertreten fühlen". Vertrösten lassen, das wollen sich die Ortsbewohner wirklich nicht mehr. "30 Jahre vorübergehend sind genug", sagen sie.

