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WÜRZBURG: Fünf Jahre „Mosaik“: Stein für Stein zur Erfolgsband

WÜRZBURG

Fünf Jahre „Mosaik“: Stein für Stein zur Erfolgsband

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    „Mosaik“ rockt jede Halle.
    „Mosaik“ rockt jede Halle. Foto: Foto: Peter Estenfelder

    Christian Schmitt kann seine Beine nicht bewegen. Auch seine rechte Hand macht nicht immer, was sie soll. „Sauerstoffmangel bei der Geburt“, lautet die lapidare Erklärung des gebürtigen Kitzingers, wenn man ihn fragt. Doch der 31-Jährige braucht keine Beine, um glücklich zu sein. Dafür hat er seine super Stimme.

    Stimmgewaltig ist auch Manuel Seitz, der Elvis Presley perfekt imitiert und ebenfalls von Geburt an eine Behinderung hat: Seine Feinmotorik funktioniert nicht so toll. Was soll's: Auch er blüht voll auf, sobald er ein Mikrofon in der Hand hält und mit seiner Band Mosaik auf der Bühne steht.

    Der Name Mosaik ist Programm, ebenso wie die Songtitel „Tu es einfach“, „Brücken bauen“ oder „Öffne die Tür“. Insgesamt 19 Band- und Crew-Mitglieder mit und ohne Handicaps formieren sich um Steffi List, die Rockröhre aus Unterfranken, die vor neun Jahren in einer Castingshow von Stefan Raab zum Star wurde. Sie ist die einzige Profimusikerin im Team. Ansonsten stehen hinter dem Projekt Hobbymusiker mit ganz unterschiedlichen Berufen. Mit Herzblut erfüllen sie all die Aufgaben rund um die Band. Zusätzlich zu den Musikproben kümmern sie sich um Organisation und Logistik – und um ihre behinderten Musikerkollegen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen.

    In diesem Jahr feiert Mosaik fünften Geburtstag. Warum sich die Mitglieder fühlen wie Puzzleteile, die nur gemeinsam ein Bild ergeben, verraten Steffi List, Peter Estenfelder (Sound-Mischer und Technischer Leiter der Mainfränkischen Werkstätten) sowie die Sänger Manuel Seitz, Christian Schmitt und Freddy Calloway („Supertalent“) im Interview.

    Frage: So einzigartig wie die Band ist auch die Entstehungsgeschichte. Was haben Dieter Bohlen und Bruce Darnell damit zu tun?

    Christian Schmitt: Einige Leute aus unseren Werkstätten hatten gesagt, sie würden gerne mal zur Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ fahren. Doch die Betreuer Peter Estenfelder und Antje Arlt fanden, um einen Superstar zu suchen, bräuchten wir nicht unbedingt den Dieter Bohlen. So kam es, dass die Mainfränkischen Werkstätten einen eigenen Superstar-Wettbewerb veranstaltet haben.

    Peter Estenfelder: Der erste fand 2008 statt. Danach haben uns die Werkstattmitarbeiter immer wieder gelöchert, wann es eine Wiederholung gibt. Also haben wir 2010 eine große Talentsuche in allen Werkstätten ausgerufen. Insgesamt stellten sich 60 Leute der Jury.

    Und dort saß dann auch Steffi List?

    Schmitt: Bei den Finalshows, genau. So kamen wir in Kontakt mit ihr. Sie hat damals die zehn Finalisten auch musikalisch unterstützt.

    Estenfelder: Wir hatten ihr einfach eine Mail geschrieben. Einen Tag später kam dann kurz und knapp zurück: „Geile Sache. Bin dabei.“

    Christian, Du hast damals gewonnen. Hast Du schon vor dem Wettbewerb gewusst, dass Du ein so brillanter Sänger bist?

    Schmitt: Meine Oma war sehr musikalisch, sie hatte eine Orgel in der Wohnung. Schon als ganz kleines Kind habe ich zu ihrem Spiel gesungen. Von 2000 bis 2006 war ich Sänger der Schülerband im Zentrum für Körperbehinderte. Als die Schulzeit zu Ende ging, war ich richtig traurig, weil ich nicht wollte, dass es mit dem Singen vorbei ist . . . Das mit dem Casting war für mich dann natürlich super! Und das mit dem „Supertalent“ auch.

    Du meinst Deinen und Freddy Calloways Auftritt in der TV-Show „Das Supertalent“?

    Schmitt: Ja, „Das Supertalent“ im Jahr 2015 war eine total gute Erfahrung. Einige Leute haben vorher gesagt: „Das kann gefährlich werden. Der Bohlen ist für harte Sprüche bekannt.“ Wir wollten es aber trotzdem wagen. Dieter Bohlen war sehr nett und freundlich zu uns. Inka Bause hat vor Rührung sogar geweint, Bruce Darnell hat sich gefreut und uns geherzt. Danach haben wir einige Anfragen für Auftritte bekommen. Es war insgesamt also eine richtig gute Sache.

    Damals gab es Mosaik ja schon. Wie ist die Band eigentlich entstanden?

    Estenfelder: Den allerersten Auftritt hatten einige von uns im Herbst 2011 bei der „Nacht der Toleranz“ in Grafenrheinfeld. Ich fand die Idee von Steffi List, dort aufzutreten, erst gar nicht so gut – ich dachte, wir würden zwischen lauter Profis sang- und klanglos untergehen. Aber so war es nicht. Die Menschen haben Christian und Steffi zugejubelt. Direkt an diesem Abend hat Steffi in der Umkleide gefragt: „Leute, wollen wir eine Band gründen?“ Im Februar 2012 entstand dann ganz offiziell Mosaik.

    Und heuer feiert Mosaik fünfjähriges Bestehen. Wird es ein besonderes Jahr?

    Manuel Seitz: Ja! Neben unserem Geburtstagsfestival Ende April haben wir einige große Auftritte. Im Dezember spielen wir zum Beispiel bei der Sternstundengala in Nürnberg.

    Estenfelder: Ich freue mich besonders, dass wir im Herbst am Starnberger See das Richtfest eines Heims für traumatisierte Kinder der Peter-Maffay-Stiftung begleiten dürfen.

    Wie hat sich Euer Leben geändert, seit es die Band gibt?

    Seitz: Ich bin viel selbstbewusster geworden. Es ist immer wieder ein Supergefühl, zusammen auf der Bühne zu stehen. Die Band ist wie eine Familie.

    Calloway: Früher habe ich wegen meiner Behinderung oft abwertende und abweisende Blicke geerntet, wenn ich in der Stadt unterwegs war. Inzwischen haben viele Leute erkannt, dass ich zwar nicht so gut laufen kann, sonst aber was drauf habe. Die Leute sehen mich jetzt mit anderen Augen. Viele bitten um ein Selfie mit mir.

    Steffi List: Ich hatte vor Mosaik kaum Kontakt zu behinderten Menschen. Mittlerweile ist es für mich normal, mit Handicaps umzugehen. Ich bin unter anderem viel geduldiger geworden, habe gelernt, dass nicht alles sofort und gleich passieren muss.

    Für manche Menschen ist „behindert“ ein Tabuwort. Wie seht Ihr das?

    Seitz: Warum soll man nicht „behindert“ sagen?

    Estenfelder: Behinderte gehen völlig normal mit dem Wort um, nur „die anderen“ machen Tamtam. Man muss Dinge doch beim Namen nennen dürfen! Ich denke, dass viele Menschen sich nach Inklusion sehnen, aber nicht wissen, wie sie sie verwirklichen sollen. Wenn sie Mosaik sehen, wird ihnen klar: Einfach sein, wie man ist.

    Wie weit ist die Arbeit an Eurem neuen Album?

    Schmitt: Ende April soll die neue CD von Mosaik herauskommen. Es sind richtig tolle Lieder darauf, hauptsächlich selbst geschrieben von Steffi und Antje, aber auch Welthits.

    Was wünscht Ihr Euch für die Zukunft?

    Estenfelder: Dass jeder Mensch so akzeptiert wird, wie er eben ist. In meiner Idealvorstellung ist es eines Tages ganz normal, an einer Ampel mit einem Rollstuhlfahrer zu warten oder einen geistig Behinderten im Fernsehen zu sehen, der sich vielleicht nicht gut ausdrücken kann, aber dafür singt wie ein Weltmeister. Wenn man so will, gibt es „den Normalen“ ja gar nicht. Jeder von uns hat doch in irgendeiner Form eine Behinderung. Wie hat es früher in der Werbung geheißen: „Sind wir nicht alle ein bisschen bluna?“

    Seitz: Ich wünsche mir, dass alle Leute weltoffen sind. Wenn man ein Handicap hat, ist es zum Beispiel immer noch schwierig, eine Partnerin zu finden.

    Schmitt: Das Einzige, was mir fehlt, ist eine Freundin. Ansonsten hoffe ich, dass es mit der Band und der Musik noch ganz lange weitergeht.

    Du wünscht Dir gar nicht, laufen zu können?

    Schmitt: Ich sitze von Geburt an im Rollstuhl, ich bin daran gewöhnt und damit zufrieden, wie es ist. Ich bin froh, dass ich singen kann, das macht total Spaß und erfüllt mich. Und falls eine Bühne keine Rampe hat, dann hebt mich meine Zweitfamilie schon hoch.

    Die Band Mosaik und ihre Auftritte Jubiläum: Am Samstag, 29. April, feiert die Band Mosaik von 13 bis 19 Uhr im Weingut Fesel in Würzburg-Heidingsfeld ihren 5. Geburtstag im Rahmen einer Charity-Veranstaltung für die Würzburger Kindertafel. Auch Andreas Kümmert, Michael Hirte und Florian Meierott werden auftreten. Erstmals wird das zweite Album von Mosaik zu hören sein – und zu kaufen. Neben dem Song von Peter Maffay „Ich wollte nie erwachsen sein“, mit dem Christian Schmitt und Freddy Calloway in der Sendung „Supertalent“ aufgetreten sind, wird noch ein zweiter Welthit mit deutschem Text auf der CD sein. Infos: www.primawue.de Weitere Auftritte: • 13. Mai, 18 Uhr, Elsenfeld, Konzert bei Lebenshilfe Schmerlenbach • 17. Mai, 20 Uhr, Würzburg, Boxhorn, mit Rainer Schmitt • 21. Mai, 15 Uhr, Altdorf, Konzert in den Rummelsberger Werkstätten • 23. Juni, 14 Uhr, Eschwege, Sommerfest in den Werralandwerkstätten • 8. Juli, 14 Uhr, Münnerstadt, Stadtfest • 4. November, 20 Uhr, Frankenthal, Steps4Charity, Konzert zugunsten des RTL-Spendenmarathons Zu Mosaik gehören: Christian Schmitt aus Ochsenfurt (Gesang), Freddy Calloway aus Würzburg (Gesang, BeatBox), Manuel Seitz aus Iffigheim (Gesang), Bruce Gardner aus Würzburg (Schlagzeug), Antje Arlt aus Würzburg (E-Piano, Querflöte, Gesang), Steffi List aus Schweinfurt (Akustikgitarre, Gesang), Manuel Ziegler aus Würzburg (E-Gitarre), Rainer Kraus aus Würzburg (E-Gitarre, Saxofon, Schlagzeug), Harald Bäcker aus Würzburg (Bass, Mundharmonika), Benjamin Baumbach aus Würzburg (der „Zug“ beim Song „Gemeinsam“ und CD-Verkäufer) Mehr Infos zur Band: www.mosaik.mfwsds.de

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