Die vergangenen Monate haben Marco Klingert einige schlaflose Nächte beschert. Der Biker- und Triker-Club „Gallier 97“, dessen Mitglied er seit Gründung ist, feiert in diesem Jahr 20-jähriges Bestehen. Der 40-jährige Büttharder hat sich für das Jubiläum etwas Besonderes ausgedacht: Er möchte eine Ausfahrt für Patienten der Station Regenbogen in Würzburg organisieren. An einem Wochenende im Juni soll die Tour für krebskranke Kinder und ihre Familien stattfinden. Doch das Vorhaben Klingerts erwies sich teils komplizierter als gedacht.
„Immer wieder liege ich nachts wach und überlege die nächsten Schritte“, sagt Klingert, der seit Juli vergangenen Jahres mit der Planung seines Projekts beschäftigt ist. Inzwischen steht fest, dass die Veranstaltung zustande kommen wird – aber das war nicht immer so. „Die größte Herausforderung war es, eine Versicherung für die Ausfahrt zu finden“, so Klingert. Doch zurück zum Anfang: Wie kam der Büttharder überhaupt auf die Idee, eine Tour für krebskranke Kinder und Jugendliche zu organisieren?
Engagement für Familien mit weniger Glück
Der Auslöser für Klingerts Kontakt zur Station Regenbogen ist vier Jahre alt und heißt Marius. „Als meine Frau schwanger war, habe ich mir Gedanken gemacht, ob unser Kind gesund sein wird“, erzählt Klingert. Als sein Sohn wohlauf zur Welt kam, stand für ihn fest: „Ich möchte mich für Familien engagieren, die weniger Glück haben.“
Spontan kam ihm der Gedanke an die Station Regenbogen, und so ließ Klingert, als er 2013 mit seinem Club die Motorrad- und Trike-Saison mit einem größeren Fest eröffnete, unter den Feiernden ein Sparschwein herumgehen. „Viel Geld für die Station kam nicht zustande, ich war enttäuscht“, erinnert sich der 40-Jährige.
Trotzdem versuchte er beim jährlichen Vereinsfest im Jahr darauf noch einmal sein Glück. Diesmal mit einer neuen Taktik: „aggressives Betteln“, nennt Klingert es. Mit dem Sparschwein ging er von Tisch zu Tisch, um die Leute persönlich auf eine Spende anzusprechen. „Das war der richtige Weg“, so sein Gedanke beim Öffnen der Dose.
Zum 20-jährigen Bestehen seines Vereins will Klingert etwas Besonderes für die Station Regenbogen auf die Beine stellen. Eine längere Tour in einer großen Kolonne, so der Plan, „das macht viel Spaß und ist beeindruckend“, schwärmt der Büttharder, der hofft, dass das Erlebnis sowohl den Patienten, als auch ihren Eltern, Freude machen und Kraft geben kann.
Das Projekt droht zu scheitern
Doch ist eine solche Fahrt für jemanden, der mit einer Tumorerkrankung zu kämpfen hat, zu empfehlen? Ein Anruf bei der Station Regenbogen bringt Klarheit. „Man sagte mir, dass die Aktion erfahrungsgemäß gut ankommen würde, und man nur die Patienten ansprechen würde, deren Gesundheitszustand eine Teilnahme erlaube“, so Klingert.
Motiviert macht er sich an die Organisation der Tour, doch das Thema „Veranstalterhaftpflicht“ hätte das Projekt beinahe schon im Vorfeld zum Scheitern gebracht. Sobald eine Ausfahrt über 30 Teilnehmer hat, ist sie anmeldepflichtig – Klingert rechnet mit bis zu 100 Fahrzeugen und musste sich daher um eine Versicherung seines Vorhabens kümmern. Denn: Jeder, der eine Veranstaltung ausrichtet, haftet für Schäden und Unfälle, die in deren Rahmen entstehen.
„Meine Versicherung hätte für eine Veranstaltungshaftpflichtversicherung 1500 Euro verlangt“, sagt Klingert. Zu viel Geld für ihn als Einzelperson, zumal er zu diesem Zeitpunkt noch keine Sponsoren für sein Projekt hat. Ein Bekannter, der bei einer Versicherung arbeitet, kann weiterhelfen, und Klingert sich an die nächsten Planungsschritte machen.
Eine ganze Gemeinde engagiert sich
Als die genaue Route fest steht – die Ausfahrt soll etwa zwei Stunden dauern und beginnt und endet in Bütthard – spricht Klingert das Landratsamt an. Das soll dafür sorgen, dass auf der geplanten Strecke weder Straßensperren noch Umleitungen die Kolonne behindern. „Auch eine Polizeibegleitung wäre gut“, sagt Klingert. Wenn zum Beispiel andere Fahrzeuge die Trike- und Motorrad-Kolonne überholen möchten, könnte dadurch die Gruppe in mehrere Teile gespalten oder gefährdet werden. „Es wäre wichtig, dass die Polizei den Verkehr blockt und die Straße sperrt“, so der Büttharder. Er hofft nach einigen Gesprächen auf eine Zusage: „Die Ausfahrt dient ja einem guten Zweck“, zeigt er sich zuversichtlich.
Beflügelt wurde Klingert in der zeitintensiven und oft mühsamen Planung („organisiert wird abends nach der Arbeit“) unter anderem durch die Reaktionen in seiner Heimatgemeinde. Da die „Gallier 97“-Mitglieder aus ganz Deutschland stammen und auch Gäste aus allen Teilen der Bundesrepublik sowie aus Österreich und der Schweiz erwartet werden, muss nicht nur die Ausfahrt selbst, sondern auch das gesamte Wochenende geplant werden. Essen, Trinken, Übernachtungsmöglichkeiten, eventuell ein Rahmenprogramm am Abend nach der Ausfahrt – das alles setzt zahlreiche Helfer voraus. Sie zu finden, war laut Klingert kein Problem. „Die Gemeinschaft in Bütthard funktioniert gut“, freut er sich.
Der Verein zur Heimatpflege stellt sein Vereinsheim und das angrenzende Grundstück für die Bewirtung der Gäste und für das Rahmenprogramm zur Verfügung, außerdem 15 Mitglieder als Helfer. „Ohne den Heimatpflege-Verein wäre das Wochenende nicht durchführbar“, ist sich Klingert sicher. Einige Büttharder haben sich bereit erklärt, ihre privaten Wiesen für die Dauer der Jubiläumsfeier in Zeltplätze für die Biker und Triker umzuwandeln. Mit insgesamt über 800 Euro Spenden hat sich ein knappes Dutzend Büttharder Firmen an der Finanzierung des Events beteiligt.
Gegen das Klischee vom „bösen Rocker“
Um die Gäste das ganze Wochenende über bewirten zu können, hat Klingert 40 Bekannte aus dem Ort angesprochen: „Fast alle wollen mitmachen.“ Obwohl das Fest erst im Juni stattfindet, sei es in Bütthard schon jetzt in aller Munde, so Klingert.
Er selbst befinde sich mit der Planung gerade in ruhigerem Fahrwasser, „die heiße Phase beginnt Mitte Mai“. Seinem Eindruck nach freut man sich im Ort auf das Event, „das einstige Klischee von bösen Rockern, die nach Bütthard kommen, ist damit hoffentlich überwunden“, sagt Klingert und lacht.
Club „Gallier 97“ Der Biker- und Triker-Club „Gallier 97“ feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen – mit einer Ausfahrt zugunsten der Station Regenbogen der Universitäts-Kinderklinik in Würzburg. Organisiert wird die Tour von Marco Klingert, einem der Gründungsmitglieder der „Gallier 97“. Aktuell besteht der Verein aus etwa 20 Mitgliedern, die aus vielen Teilen Deutschlands, vor allem aus dem Süden, kommen. Durch die unterschiedlichsten Herkunftsorte kam der Name „Gallier 97“ zustande – „die Gallier aus den Asterix-Heften sind ein genauso zusammengewürfelter Haufen wie wir“, so Klingert. Einen Vorstand gibt es nicht; Entscheidungen werden demokratisch getroffen, bei Unstimmigkeiten haben die Gründungsmitglieder das Sagen. Wer Mitglied des Vereins werden möchte, muss sich erst als Anwärter (sogenannter Prospect) verdient machen und in einem Jahr an bis zu sechs Treffen teilnehmen. Jedes Club-Mitglied hat einen gallischen Namen, der ihm von den anderen verliehen wird. Anlässlich der jährlichen Feste werden außerdem gallische Spiele veranstaltet, darunter Hinkelstein-Weitwurf, Barden-Wettbewerbe und Häuptlings-Tragen.