Der „Gasthof Ruß“ an der Ecke Augustinerstraße/Wolfhartsgasse ist eine Institution in der Stadt, und das seit weit mehr als einem Jahrhundert. Sein Aushängeschild ist der liebenswert-familiäre Charakter, mit dem Anna-Marie Schmitt und ihre Töchter Anna-Maria und Ursula das Haus führen, und es ist der nostalgische Charme, der diesen Gasthof in der Stadt einmalig macht. Doch jetzt, 60 Jahre nach seiner Wiedereröffnung 1950, hat der „Ruß“ eine „Verschnaufpause“ eingelegt – wenn auch nicht freiwillig.
Ein Zettel in der Auslage verkündet seit wenigen Tagen, dass die Wirte Werner und Maren Lawrenz, die fränkisch geprägte Gastwirtschaft geschlossen haben, um ab 22. Januar das „Lamm“ in Höchberg betreiben.
Bereits im November musste die Familie Schmitt das Hotel mit seinen 30 Betten schließen. Die Stadt hatte fehlende Brandschutztüren und Fluchtwege bemängelt. Die Familie Schmitt war überrascht und fühlt sich überrumpelt. „Die Brandschutzauflagen waren so schnell nicht zu erfüllen, wie von der Stadt gefordert. So ist nichts geblieben, als alle Buchungen abzusagen und das Hotel zu schließen“, bedauert Ursula Schmitt.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Brandschutz dem Gasthof Ruß zu schaffen macht, wie ein Blick in die Geschichte zeigt. 1909 kaufte Michael Götz aus Stammheim, den das Hochwasser in Würzburg aufgehalten hatte, den Gasthof und übergab ihn 1936 seiner Tochter Mathilde und ihrem Mann Hans Ruß. Damals war das Haus noch geprägt von einer kunstvollen Fachwerkfassade. Sie fiel der Bombardierung der Stadt am 16. März 1945 zum Opfer. Nach dem Krieg übernahm die Familie Ruß erst einmal die Gaststätte im Stadthaus, dem heutigen Studentenhaus. Es war in den ersten Nachkriegsjahren die einzige Wirtschaft in der Stadt. Zwischen 1948 und 1950 wurde der Gasthof Ruß wieder aufgebaut – auf Wunsch der Stadt aber ohne Fachwerk. Der Brandschutz musste als Argument für eine Entscheidung des Zeitgeistes herhalten.
In den Folgejahren wurden nach der Gastwirtschaft auch die Hotelzimmer darüber eingerichtet. Mit dem Tod ihres Vaters kam 1963 Anna-Marie Schmitt in die Verantwortung. Heute ist sie 91, aber immer noch aktiv und Herz und Seele des Hauses. „Es hat mir immer großen Spaß gemacht, Gäste zu empfangen“, sagt die Senior-Chefin. Die Gäste kamen aus ganz Deutschland, auch viele Holländer auf dem Weg in den Urlaub stiegen hier ab, Amerikaner, die den Geist des Hauses besonders zu schätzen wussten, Schweden und Dänen auf Zwischenstopp in den Skiurlaub, und die Iren aus Bray („sehr fröhliche und trinkfeste Leute“). Auch die Gäste des Internationalen Filmwochenendes schätzten lange Jahre die Gastfreundschaft im Herzen der Stadt.
Nun bleibt der Familie Schmitt erst einmal nur, sich bei den vielen treuen Gästen zu bedanken – und in die Zukunft zu schauen. Möglichst bald soll die Wirtschaft mit ihren 70 Sitzplätzen wieder eröffnet werden. Dafür sucht die Familie derzeit einen geeigneten Pächter. Danach soll auch der Umbau des Hotels angegangen werden. Dabei sind noch viele Probleme zu lösen, und so gibt es noch keinen Termin für die Wiedereröffnung.