Gereiztheit, Misstrauen und gelegentliche Polemik bestimmte die fast zweistündige Debatte des Stadtrats über die Steinlein-Trasse. Es ging um mehr als um den Ausbau einer kleinen Stichstraße in Versbach: Wie soll sich grundsätzlich der Verkehr in der Stadt entwickeln?
Jede Straße muss man prüfen
Die Grünen meinen, dass der Bedarf jeder neuen Straße sorgfältig geprüft gehört. Denn „der Bau einer neuen Trasse bringt immer auch neuen Verkehr.“ Insofern würden auch bei dem von der Verwaltung vorgeschlagenen Ausbau der bisherigen Stichstraße nicht nur deren Anwohner, sondern auch die von Hessen- oder Frankenstraße leiden.
Nach Meinung seiner Fraktion müsse man prinzipiell überlegen, ob es überhaupt eine Verbindung von Oberdürrbach über den Rothof zur Versbacher Straße braucht. Die Grünen forderten eine sorgfältige Prüfung der Verkehrszahlen: We viele Oberdürrbacher fahren über den Zinklesweg, wie viele sind es aus dem Umland?
„Sie wollen den Individualverkehr ja prinzipiell nicht und lieber Fahrrad fahren“, erklärte dazu CSU-Stadtrat Wolfgang Scheller.
„Wenn der Zinklesweg geschlossen wird, muss es eine Alternative geben“, nannte Parteikollege Wolfgang Roth die Haltung der CSU-Fraktion. Die Steinleintrasse sei die einzig mögliche Alternative.
„Man muss den Ausbau nicht übers Knie brechen“, erklärte dagegen Hans Werner Loew (SPD), der über die Verknüpfung des Baus der Trasse mit dem der Straßenbahn verärgert war: Die Verwaltung hatte den Straßenausbau als einen von sieben Punkten in die Beschlussvorlage über den Bau und die Finanzierung der Straßenbahn gesteckt.
Als „Mogelpackung“ bezeichnete das die Grünen-Stadträtin Karin Miethaner-Vent. Sie unterstellte der Verwaltung, die Steinleintrasse bewusst hinter der Straßenbahn versteckt zu haben, um die Zustimmung des Stadtrats zu erreichen. „Diesen Politikstil habe ich bis 2002 erlebt, und dachte eigentlich, er hätte sich längst erledigt.“
„Überrascht“ von der heftigen Kritik zeigte sich Stadtbaurat Christian Baumgart. Die Sperrung des Zinkleswegs sei eine Voraussetzung für den Bau der Zentren für Innere und Operative Medizin gewesen, die es bei der Erweiterung der Straba-Trasse umzusetzen gelte. Dies habe der Stadtrat so beschlossen.
Wenn der Zinklesweg aber wegfällt, sei der Ausbau des Steinleins nötig, „wenn man eine Verbindung nach Oberdürrbach will“.
„Der Bau der Straßenbahn verschlechtert die Verbindung nach Oberdürrbach dramatisch. Deshalb ist die Verbindung dieser beiden Punkte logisch“, verteidigte Oberbürgermeister Christian Schuchardt – zunehmend gereizt wirkend – die Verwaltung.
Joachim Spatz (FDP) sprang ihm bei: „Wir haben bereits Alternativen geprüft und keine gefunden. Wo soll die Lösung aus dem Hut kommen, die bislang niemand hatte?“
Josef Hofmann (FWG) warb dafür, nochmals über die Sperrung des Zinkleswegs zu verhandeln. Vielleicht könne man ja erreichen, dass dieser doch offen bleibt. Der OB sagte das zu.
Am Ende der Debatte machte Stadtrat Baumgart es noch einmal deutlich: „Ich habe keine Euphorie für die Steinleintrasse, aber ich sehe keine Alternative.“ Er gab zu bedenken, dass ohne diese Trasse mehr Verkehr aus Richtung Rothof nach Grombühl käme.
Zur Untermauerung zeigte Baumgart Bilder der einst angedachten Tunnelvariante durch den Stein zur Nordtangente. „Wer die sieht, versteht, warum niemand diese unverhältnismäßige Lösung will“, sagte Baumgart – niemand widersprach.
Dennoch stimmte der Stadtrat dann für den Kompromissvorschlag des Oberbürgermeisters, die Alternativen nochmals zu untersuchen. Auf Antrag der ÖDP erfolgte diese Abstimmung getrennt vom Entscheid über die Straßenbahn-Erweiterung. 26 Stadträte waren für den Kompromissvorschlag. Dagegen waren die Fraktionen von SPD, Grünen und ÖDP.