In den vergangenen Jahren hat sich in Deutschland ein Forschungsgebiet etabliert, das auch international hohes Ansehen genießt. Es zielt darauf ab, die innere Ordnung des Zellkerns aufzuklären, dem genetischen Steuerzentrum der Zelle. An dieser Entwicklung hatte Ulrich Scheer entscheidenden Anteil: Er initiierte 1998 ein bundesweites DFG-Forschungsprogramm und koordinierte es sechs Jahre lang von der Universität Würzburg aus. Vor wenigen Tagen feierte er seinen 65. Geburtstag.
Die Klärung der Frage, welche Faktoren die Anordnung und Verpackung des Erbmaterials sowie die Aktivität der Gene im Zellkern bestimmen, erfordert die Zusammenarbeit von Zell- und Molekularbiologen, Biochemikern, Biophysikern und Medizinern. Neue methodische Entwicklungen auf dem Gebiet der Laser-Scanning-Mikroskopie erlauben es inzwischen, in der lebenden Zelle die räumliche Anordnung von Genen in verschiedenen Aktivitätszuständen zu untersuchen und den Weg der Genprodukte aus dem Zellkern hinaus zu verfolgen.
Um die Forschungsaktivitäten zahlreicher Arbeitsgruppen auf diesem Gebiet bundesweit zu bündeln und zu koordinieren, legte die DFG das von Scheer initiierte Schwerpunktprogramm „Funktionelle Architektur des Zellkerns* auf. In diesem Programm wurden rund 25 Forschergruppen aus ganz Deutschland finanziell gefördert, die sich regelmäßig zu Arbeitsbesprechungen in Würzburg trafen und hier auch mehrere internationale Kongresse organisierten.
Ulrich Scheer wurde 1942 in Darmstadt geboren. Er studierte Biologie zunächst an der TU Darmstadt, dann an der Universität Freiburg. Bereits während des Studiums unternahm er längere Forschungsreisen, bei denen er sich mit der Ökologie der Korallenriffe im Roten Meer bei Port Sudan und der Vogelwelt der Azoren beschäftigte. Die Promotion folgte 1970 in Freiburg am neu eingerichteten Lehrstuhl für Zellbiologie.
Drei Jahre später wechselte er zum Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg ans Institut für Zell- und Tumorbiologie. Vor 21 Jahren wurde Scheer als Professor und Leiter des Lehrstuhls für Zell- und Entwicklungsbiologie an die Uni Würzburg berufen. Der Lehrstuhl war damals noch im Zoologischen Institut Ecke Röntgenring/Koellikerstraße beheimatet, bevor er Anfang der 90er-Jahre ins Biozentrum am Hubland umzog.
Viele Auszeichnungen
Ulrich Scheer erhielt eine Reihe von Auszeichnungen, darunter den Alexander-von-Humboldt-Preis vom Belgischen Nationalfond, die Ehrenmedaille der ersten Medizinischen Fakultät der Universität Prag und die Ehrendoktorwürde von der Universität Lüttich (Belgien). Beleg für seine erfolgreiche Arbeit war auch die Aufforderung, im Jahr 2005 den 19. Internationalen Zellkern-Kongress zu organisieren, der ein großer Erfolg war.
Ulrich Scheer ist verheiratet und hat vier Kinder. In seiner Freizeit sammelt er gerne Fossilien; außerdem ist er ein passionierter Taucher. Seinen Lehrstuhl wird er noch bis Ende September 2007 leiten. Für die Zeit danach hat er schon Forschungsvorhaben mit in- und ausländischen Gruppen vereinbart. Außerdem möchte er sich dann verstärkt mit der Ökologie von Korallenriffen beschäftigen.