Donnerstag, 22.15 Uhr, Mainkai. Sieben Männer, wahlweise in Anzügen oder Koch-Kleidung, defilieren das Mainufer entlang, fast 1000 Menschen jubeln ihnen zu. Die Sieben sind die Würzburger Gastronome, die sich zusammengeschlossen hatten, um unter dem Sternenhimmel ein Vier-Gänge Menü für 1000 Gäste zu servieren – ohne Überdachung. Wo jetzt die Sterne funkeln, sah es 14 Stunden vorher noch ganz anders aus.
8 Uhr früh, der Himmel ist grau, es regnet in Strömen. Ein Blick auf den Main zeigt, wie die Tropfen auf die Wasseroberfläche prasseln, die Festung ist verhangen mit dunklen Wolken. Für zehn Stunden später ist hier ein Dinner-Event geplant, mitten unter freiem Himmel: Richard Huth vom „Stachel“, Christopher Thum vom „Backöfele“, Christoph Unckell vom „Rebstock“, Bernhard Reiser von „Reiser am Stein“, Thorsten Kremer vom „Greifensteiner Hof“, Johannes Zopfi vom „Nikolaushof“ und Alexander Wiesenegg vom „Bürgerspital“– mit Bangen blicken sie in den Himmel.
Ein paar Stunden später sieht die Welt schon ganz anders aus. Die Sonne scheint, es hat 25 Grad. Richard Huth erzählt: „Um 14.12 Uhr habe ich vom Stein oben die letzte dunkle Wolke fotografiert, dann ist es aufgezogen. Es ist genauso gelaufen, wie es vorhergesagt war: früh Regen, abends Sonne.“ Doch ganz so abgebrüht sind die sieben Wirte wohl doch nicht gewesen. Man merkt deutlich die Erleichterung über die Sonnenstrahlen.
Um 18.30 Uhr geht es dann los, als Apéritif gibt's Sekt. Die bunt gemischten Gäste nehmen Platz an den festlich gedeckten Tischen, die Sonne brennt herunter. Von vielen Seiten hört man: „Ach je, ich bin viel zu warm angezogen.“ Lavendel-Stöckchen schmücken die 350 Meter lange Tafel, unzählige Besteckteile, Teller und Gläser sind genau akkurat angeordnet: Keine „Bierbank-Atmosphäre“, wie man es bei einer Freilicht-Veranstaltung dieser Größenordnung erwarten würde.
Der erste Gang wird serviert: „Viele kleine fränkische Leckereien“, Mini-Blaue-Zipfel, verschiedene herzhafte Mousse und Speck werden gereicht. Dazu ein Riesling. Ist der leer, kommt sofort Nachschub, auch für Wasser ist ständig gesorgt – ein Top–Service. Aufwändig gebrieft sind die Service–Leute. Christoph Unckell erklärt: Die insgesamt circa 100 Tische sind in sechs Blöcke aufgeteilt. Für jeden Block kommt ein Service-Chef und und acht Service-Kräfte. Die Service-Chefs sind mit Funkgeräten ausgestattet, damit koordiniert werden kann, dass alle Gäste gleichzeitig ihr Essen bekommen. „Das funktioniert nur, wenn alles genau geplant und besprochen ist. Und alle in einem Team arbeiten,“ sagt Unckell. Auch wenn die Restaurants unter dem Jahr Konkurrenten sind: „Heute sind wir alle Franken.“
Der Fischgang „Mainzanderterrine in Silvanersoße auf lauwarmem Linsensalat“ wird von einem weißen Burgunder begleitet.
Als Hauptgang gibt es Kalbstafelspitz in grober Senfsoße, Kartoffelkrautkrapfen und Meerrettich-Mousse, dazu einen Silvaner. Danach ist die Anspannung von den Wirten abgefallen. Richard Huth erzählt: „Jetzt gibt es nur noch das Dessert, das ist alles soweit vorbereitet.“ Und mit dem trumpfen sie dann nochmal auf: ein paar der heiß ersehnten Sterne erscheinen am Horizont, selbst gemachtes Käseblootzeis, Zwetschgen-Blätterteig-Strudel, Tre- sterschaum und Beerenmousse steuern den Rest zur Atmosphäre bei.
Oberbürgermeister Georg Rosenthal ist mit dem Abend zufrieden. Auch aus Sicht der Stadt sei das „Menü unter Sternen“ eine „erfreuliche Sache“. „Endlich wird dieses wunderbar sanierte Areal auch mal als Teil der Stadt wahrgenommen“, bezieht sich Rosenthal auf den sanierten Mainkai mit der Uferpromenade. Sein Lieblingsgang an diesem Abend? „Der Tafelspitz. Schließlich wurde dieses Stück Fleisch früher auch das ,Bürgermeisterstück' genannt.“ Um 22.30 Uhr ist offiziell Schluss. Doch die Gäste denken noch nicht ans aufstehen. Zu schön ist die Atmosphäre und zu lau die Sommernacht.
Freitag, 14 Uhr: Ein paar Leute sind immer noch mit Aufräumen beschäftigt, aber nur noch von Kleinigkeiten. Gestern Nacht, pünktlich um 1 Uhr zum Ende der Straßensperre, war der Mainkai wieder tische- und stühlelos. Die 100 Mitarbeiter hatten den Abend gemeistert. Am Freitag Mittag ist Alexander Wiesenegg zufrieden: „Ein, zwei Bier sind wir noch alle zusammen trinken gegangen und haben den gelungenen Abend gefeiert.“