Enge finanzielle Budgets auf der einen Seite, auf der anderen der Anspruch der Patienten auf eine umfassende, hochwertige Versorgung, und das am besten an 365 Tagen im Jahr. Dieter Kruse beschreibt das Spannungsfeld, in dem Urologen und viele andere Mediziner heute ihre Leistungen anbieten. Gerade im ländlichen Raum könne das dazu führen, dass immer mehr Facharztpraxen verschwinden.
Und die Lage wird sich weiter verschärfen, sagen die vier Ärzte aus Ochsenfurt und Kitzingen voraus. Vor allem die fachärztliche Versorgung werde sich dann immer stärker auf Behandlungszentren in den Ballungsräumen konzentrieren. Die ländlichen Gegenden bleiben auf der Strecke. Mit ihrer Kooperation wollen die vier Urologen gegensteuern.
Auf den ersten Blick hat sich für die Patienten wenig geändert. Die vier Ärzte unterhalten weiterhin Praxen in Kitzingen und Ochsenfurt und sind als Belegärzte an der Ochsenfurter Main-Klinik tätig. Der Wandel vollzieht sich hinter den Kulissen. Durch eine bessere Koordination von Vertretungszeiten und Bereitschaftsdiensten werde es keine urlaubsbedingten Praxisschließungen mehr geben. Im Notfall steht rund um die Uhr mindestens ein Kollege zur Verfügung. Seinen Arzt kann der Patient trotzdem weiterhin frei wählen. Darüber hinaus stehen ihm aber auch die Erfahrung und das Spezialwissen des übrigen Praxis-Mitglieder zur Verfügung.
Von der konservativen Behandlung, über minimal-invasive Eingriffe bis zur großen Tumoroperation reicht das Angebot der Praxis, sagt Wolfgang Kieser. Für die Patienten in der Region sei dies ein erheblicher Fortschritt.
Durch die Zusammenarbeit bleibt den einzelnen Partnern aber auch Zeit, sich fortzubilden und neue Therapiemethoden zu erlernen, so Roman Braun-Chaurasia. Einen Anfang hat das Urologen-Team bereits im März mit einem gemeinsamen OP-Workshop für Gynäkologen und Urologen an der Main-Klinik gemacht. Unter der Leitung erfahrener Professoren ging es dabei um neue Verfahren zur Behandlung von Inkontinenz.
Die Zusammenarbeit an der Main-Klinik behält für das Urologen-Team weiterhin einen hohen Stellenwert. Im vergangenen Jahr haben die vier Belegärzte dort rund 800 Patienten stationär versorgt und etwa 1300 operative Eingriffe durchgeführt, sagt Dr. Wolfgang Kieser.
Neu ist die Gründung einer Gemeinschaftspraxis an mehreren Standorten nicht nur in der Region Ochsenfurt-Kitzingen. Vor eineinhalb Jahren erst waren die rechtlichen Voraussetzungen für diese Art der Zusammenarbeit geschaffen worden, berichtet Dieter Kruse. Vor einem Jahr begannen die vier Kollegen mit der Vorbereitung zur Gründung der „MainUrologen“. Basis dafür war die Zusammenarbeit im Ochsenfurter Ärztenetz „MainArzt“.
Eine der schwierigsten Hürden dabei war die Vernetzung der EDV-Technik und die Vereinheitlichung der rund 50 000 Patientendaten.
„Unser Zusammenschluss ist ein erheblicher Fortschritt für die Versorgung für den südlichen Landkreis Würzburg und die Region Kitzingen“, meint Dr. Wolfgang Kieser. Hinter der Gründung steht aber auch die Sorge um die eigene berufliche Zukunft. Längst seien ausländische Konzerne auf den deutschen Gesundheitsmarkt aufmerksam geworden, und versuchen mit großen Behandlungszentren Fuß zu fassen, sagt er. Einzelpraxen seien dieser Konkurrenz kaum gewachsen, ergänzt Roman Braun-Chaurasia. „Wenn wir wirtschaftlich überleben wollen, müssen wir so agieren.“ Es gehe dabei schließlich auch um die Arbeitsplätze der Praxis-Mitarbeiterinnen.