Auf den ersten Blick scheint der Fall banal: Am 17. Februar parkte in der Neubaustraße – nahe dem Polizeigebäude in der Augustinerstraße – stundenlang ein Einsatzfahrzeug der Johanniter-Unfallhilfe (JUH), ohne Parkgebühren zu zahlen. Falschparker müssen hier zwar häufig damit rechnen. ein „Knöllchen“ zu kassieren – bisher aber nicht Einsatzfahrzeuge der Notärzte, Feuerwehr und Rettungsdienste.
Die haben eine Sondergenehmigung der Stadt, die dazu berechtigt, auch an Stellen zu parken, an denen dies für andere verboten ist.
Doch diesmal schenkte eine Streife der Polizei-Inspektion Würzburg-Ost einem geparkten Wagen ungewöhnliche Aufmerksamkeit: Mehrfach nahm man ihn von 12.03 Uhr bis 14.25 Uhr unter die Lupe. Schließlich hängte Polizist A. einen 20-Euro-Strafzettel wegen Falschparkens an die Scheibe.
Besonders pikant: Er ging davon aus, dass sein Polizei-Schichtführer B. das Auto dort geparkt hatte. A. ist sein Stellvertreter und sagte vor Gericht, B. habe den Wagen wiederholt da geparkt, wenn auf dem Gelände der Polizei in der Augustinerstraße kein Parkplatz frei war.
So wurde bekannt: B. geht – auch in der Dienstzeit – enem Nebenjob nach, ehrenamtlich und unentgeltlich für die Johanniter-Unfallhilfe. Das musste er sich vom Dienstherrn nicht genehmigen lassen, aber ihn informieren.
„Von Einsatz-Bereitschaft steht in der Genehmigung nichts drin“
Richterin Pauline Lippold-Jaunich in ihrer Urteilsbegründung
Denn B. übernimmt Bereitschaften für einen speziellen Fahrdienst: Wird er alarmiert, dass ein geeignetes Spenderherz zur Transplantation bereit liegt, springt er ins Einsatzfahrzeug und fährt das Organ vom Spender zum Empfänger.
Dass Polizist B. auch während der Dienstzeit bereit stand, kam erst zutage, als er den Strafzettel nicht zahlte, sondern vor Gericht zog. „Das Polizeipräsidium hat den Beamten eindringlich darauf hingewiesen, dass es zu keiner Interessenkollision zwischen Beamtenpflichten und Nebentätigkeit kommen darf,“ betont Kriminalrat Heinz Henneberger.
Uwe Kinstle, Stationsleiter der Johanniter in Würzburg, ist verunsichert: Noch nie hätte ein geparktes Einsatzfahrzeug einen Strafzettel bekommen. Auffällig sei also schon, dass gerade in dem Fall von der bisherigen Praxis abgewichen wurde.
Amtsrichterin Pauline Lippold- Jaunich nahm die Parkerlaubnis für Blaulicht-Fahrzeuge unter die Lupe. Dann schmetterte sie den Einspruch gegen den Strafzettel ab. Die Sondererlaubnis gelte nur, wenn der Einsatz selbst Eile verlange. „Von einer Einsatzbereitschaft steht in der Genehmigung nichts drin“.
„Da können wir den Notarzt- und Rettungsdienst ja gleich einstellen. Und die Feuerwehr hat das gleiche Problem,“ zürnte Kinstle. Doch die Richterin verurteilte Polizist B. zur Zahlung der 20 Euro. Die Folgen sind vielfältig: Nachdem das Polizeipräsidium von dem Urteil Kenntnis erhielt, wurde B. die Bereitschaft in der Dienstzeit untersagt. A. und B. werden wohl keine Freunde mehr, aber die Notdienste werden tätig: Jetzt kann kein Fahrer eines Einsatzfahrzeug mehr sicher sein, dass die Polizei ein Auge zudrückt, wenn er in der Stadt parkt, ohne zu zahlen – es sei denn, man präzisiert die Sondergenehmigung. Dazu will man schnell das Gespräch mit der Stadt suchen.