Der eine oder die andere kennt es vielleicht noch von früher: Der Durchsage-Lautsprecher knarzt, der Rektor verkündet "Hitzefrei ab der fünften Stunde", und durch das ganze Schulgebäude bebt der Jubel der Schülerinnen und Schüler. Gibt es das heute noch?
Offiziell steht Schülerinnen und Schülern kein Hitzefrei ab bestimmten Temperaturen zu. Laut bayerischem Kultusministerium gibt es dafür keine gesetzliche Regelung. Dennoch können Schulleiter in Eigenverantwortung entscheiden, den Unterricht wegen besonders hoher Temperaturen vorzeitig zu beenden. Dabei müssen sie aber die Beförderung der Schüler sicherstellen und zuvor Alternativen erwägen, also zum Beispiel Unterricht in kühleren Räumen.

Allerdings seien viele Schulen, vor allem seit Einführung des Ganztagsbetriebs, von solchen Hitzefrei-Regelungen abgekommen, sagt Cäcilia Mischko, Landesvorsitzende des Bayerischen Schulleitungsverbandes. Rechtlich seien Schulen zur stundenplangemäßen Betreuung der Schülerinnen und Schüler verpflichtet. Schließlich benötigten die Eltern Planungssicherheit, und "Horte und Mittagsbetreuungen können die Kinder nur zu den gebuchten Zeiten (Regelunterrichtsschluss) aufnehmen."
Lieber erst Alternativen suchen
Also werden eher Alternativen genutzt, als Unterricht abzusagen. "Die Schulen finden pädagogische Lösungen. Es gibt oft Möglichkeiten an Schattenplätzen im Freien zu arbeiten. Es gibt zum Beispiel kühle Gänge, alles an Räumlichkeiten, wo Hitze auszuhalten ist, wird genutzt", sagt Mischko. Man müsse eben die Ansprüche zurückdrehen.
Außerdem steht ein erheblicher Organisationsaufwand hinter der Sonderregel. Mehrere Schulen in einem Ort sprechen sich untereinander ab, ob es Hitzefrei geben kann. Das berichtet zum Beispiel Hansgeorg Binsteiner, Schulleiter des Siebold-Gymnasiums in Würzburg. Er bespricht sich bei extremen Temperaturen außerdem mit der Schulaufsicht. Bevor Unterricht ausfällt, werden am Siebold-Gymnasium Jalousien ausgefahren, die Raumbelegung umgeplant, und der Kompressor angeworfen, der kaltes Wasser durch die Schlaufen der Fußbodenheizung pumpt. "Zusammen macht es die Hitze erträglich", sagt Binsteiner.

Viel wichtiger: Zwischen Pfingst- und Sommerferien bleiben nur acht Wochen, um im Präsenzunterricht ein wenig aufzuholen, was im Distanzunterricht wegen Corona liegen blieb. "Jetzt sind wir einfach froh, dass wir die Schülerinnen und Schüler im Haus haben", sagt Binsteiner. "Nach zwei Wochen jetzt schon die Schüler ins Hitzefrei zu schicken, ich glaube da würden wir zurecht Ärger bekommen und das würden wir auch nicht wollen." Lieber sei es ihm, man mache öfter und längere Pausen zum Trinken und von der Maske. Ähnlich äußern sich viele andere Schulleiter auf Anfrage dieser Redaktion: Hitzefrei ist gerade nicht das prägende Thema an den Schulen.
Wasserspiele zur Erfrischung
Das gilt auch an der Grundschule. Rektor Günther Leo Redolfi von der Friedrich-Rückert-Grundschule in Schweinfurt sagt: "Hitzefrei gibt es seit einigen Jahren nicht mehr." Stattdessen würden die Lehrer schattige Plätze im Pausenhof für Leseübungen nutzen. Manchmal würden die Kinder Badesachen mitbringen und könnten dank Gartenschlauch eine Erfrischungspause auf dem Pausenhof einlegen. "Das Dringende ist nicht die Überlegung, wie entweichen wir der Hitze", sagt Redolfi, "sondern wie wir den Kindern helfen, die zu Hause keine Unterstützung erfahren. Wir sind erstmal froh, dass die Kinder wieder in die Schule können."