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OCHSENFURT: Gottesdienst in der Sprache Jesu

OCHSENFURT

Gottesdienst in der Sprache Jesu

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    Erzbischof Mor Piloxenus Mattias Nayis während der Eucharistiefeier in der St. Malke-Kirche, links im Bild Pfarrer Isa Demir.
    Erzbischof Mor Piloxenus Mattias Nayis während der Eucharistiefeier in der St. Malke-Kirche, links im Bild Pfarrer Isa Demir. Foto: Foto: Walter Meding

    Die Atmosphäre in der Ochsenfurter St. Malke-Kirche wirkt vertraut, doch die Worte, in denen Erzbischof Mor Piloxenus Mattias Nayis zu den Gläubigen predigt, klingen fremd. Es ist Aramäisch, die Weltsprache des Orients vor 2000 Jahren, die Muttersprache Jesu. Sie hat römischen, arabischen und osmanischen Besatzern getrotzt und wird bis heute von den syrisch-orthodoxen Christen gepflegt.

    Seit zwei Jahren ist der Erzbischof das Oberhaupt der rund 80 syrisch-orthodoxen Gemeinden in Deutschland. Der Ochsenfurter St.-Malke-Gemeinde stattete er an diesem Wochenende seinen Antrittsbesuch ab.

    Über zwei Stunden dauerte der Gottesdienst. Der Kirchenraum, den sich die Gemeinde vor knapp 25 Jahren in einem alten Haus im Ochsenfurter Zwinger eingerichtet hat, ist bis voll besetzt. Von weither sind die syrisch-orthodoxen Christen gekommen, um ihren Bischof zu treffen – beim Gottesdienst und beim anschließenden Frühstück im Gemeindesaal.

    Auch Bürgermeister Peter Juks und Stadtpfarrer Oswald Sternagel sind gekommen, um den Aramäern ihre Verbundenheit auszudrücken. Vor rund 50 Jahren sind die ältesten unter ihnen als Gastarbeiter nach Ochsenfurt gekommen. Ihre Heimat liegt im Grenzland zwischen der Osttürkei und Syrien. Die westlichen Schwesterkirchen – katholische wie evangelische – haben ihnen damals ihre Herzen und ihre Gotteshäuser geöffnet, sagte Pfarrer Isa Demir.

    Die Aramäer seien selbstverständlicher Teil des städtischen Lebens geworden, meinte Bürgermeister Peter Juks. Und Oswald Sternagel bekennt, dass er manchmal ein wenig neidisch auf die syrisch-orthodoxe Gemeinde blickt, wenn sich fast alle ihre Mitglieder regelmäßig zum Gottesdienst versammeln.

    Trotzdem fällt es der ältesten christlichen Gemeinschaft nicht leicht, ihre Kultur, vor allem aber ihre Sprache zu bewahren. Nach dem Völkermord an Armeniern und Aramäern vor 100 Jahren sind syrisch-orthodoxe Christen in ihren Herkunftsländern durch den Bürgerkrieg in Syrien und die Aggression des IS erneut der Verfolgung ausgesetzt.

    „Wir können es nicht fassen, dass wir das im 21. Jahrhundert noch erleben müssen“, sagte Isa Demir. Der Krieg im Nahen Osten bringt ihn auch in Konflikt zur vorherrschenden Weltsicht des Westens. Bisher habe die christliche Minderheit unter dem Schutz des syrischen Regimes gestanden, so Demir. Ihr Oberhaupt Patriarch Ignatius Efräm II. residiert nach wie vor in Damaskus. Deshalb fiel es Demir schwer, in Machthaber Assad das Böse schlechthin zu sehen

    Über Jahrhunderte waren die aramäische Sprache und Schrift nur in den Klöstern bewahrt und weitergegeben worden. In Europa leben sie heute vor allem in den Gemeinden fort, sagte Gemeindevorsteher Besim Turan. Um sie an die Kinder weiterzugeben, sind sie auf ehrenamtliche Lehrer angewiesen. Erzbischof Nayis setzt deshalb große Hoffnungen auf ein Symposium zur Aramäischen Sprache, das Ende Oktober erstmals in Heidelberg stattfindet. Partner ist die katholische Fakultät der dortigen Universität.

    Ziel ist es, das Aramäische nicht nur als Sprache der Liturgie zu bewahren, sondern auch im täglichen Umgang lebendig zu erhalten, sagte Pfarrer Isa Demir. Er selbst hat den Weg von seinem Wohnort in Kirchardt im Kraichgau nach Ochsenfurt an diesem Wochenende gleich zweimal auf sich genommen, musste nach einer Tauffeier am Samstag zurückfahren, um einen anderen Gottesdienst zu halten und kam am Sonntag wieder nach Ochsenfurt.

    Demirs Wirkungskreis reicht bis in den Schwarzwald. Hoffnung auf Entlastung setzt er deshalb in Sahin Ok. Der Ochsenfurter ist bereits Diakon und strebt die Priesterweihe an. Dass er verheiratet ist und Familie hat, ist dabei kein Hindernis. Das Zölibat gilt in der syrisch-orthodoxen Kirche nur für Mönche und höhere Würdenträger. Frauen dürfen bis zu Diakoninnen aufsteigen.

    Auch in Sachen Ökumene sei die Glaubensgemeinschaft den meisten anderen Kirchen voraus, sagte Demir. 1992 haben die katholische und diesyrisch-orthodoxe Kirche die gegenseitige Vertretung in der Seelsorge vereinbart. Seitdem gehen auch in Ochsenfurt regelmäßig aramäische Kinder zur katholischen Erstkommunion. In der Provinz Mardin im Südosten der Türkei, Stammland vieler Ochsenfurter Aramäer, kümmere sich ein syrisch-orthodoxer Erzpriester sogar um sämtliche christliche Gläubige.

    Entscheidend für die Zusammenarbeit sei nur der gemeinsame Glaube an Jesus Christus, so Isa Demir.

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