Vor ein paar Tagen hat die Getreideernte begonnen. Wintergerste, Raps, Sommergerste, Roggen (Korn), Weizen und Dinkel sind reif. Wie aber sieht es mit den Ernteaussichten im Landkreis Würzburg aus? Die Redaktion hat bei Experten nachgefragt. Sie beurteilen deutlich: Die Erträge sind überall niedriger als in Normaljahren.
Hans-Jürgen Wöppel, Verbundberater am Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten aus dem Bereich Ackerbau und pflanzliche Erzeugung:
Das außergewöhnlich trockene Frühjahr hatte vor allem auf schwachen Standorten fatale Folgen für die Getreideernte. Bis Ende Mai 2011 fiel nur etwa ein Viertel bis ein Drittel der sonst üblichen Niederschlagsmenge. Ab Anfang Juni gingen örtlich Gewitter nieder, so dass die Niederschlagsmengen sehr unterschiedlich sind. Insgesamt waren die Juni-Niederschläge überdurchschnittlich hoch.
Weil das Frühjahr so trocken war, reduzierten sich die Bestandsdichten und beim Getreide bildeten sich nur kurze Ähren aus. Der Raps litt massiv. Die Rapsbestände sind kurz und dünn und warfen außerdem ihre Blüten und Schoten ab. Dazu kamen ein außergewöhnlich starker Schädlingsdruck sowie Frostschäden.
Aufgrund der Niederschläge im Juni schob neuer Raps nach, der aber nicht mehr reif werden wird. Die Problematik des Zwiewuchses ist erheblich. Beim Winterraps sind bestimmte Felder gar nicht druschwürdig. Die Kosten für den Mähdrescher würden sich bei den geringen Erträgen nicht rechnen.
Alfons Baumann, Fachberater beim Bayerischen Bauernverband der Geschäftsstelle Würzburg:
Die ersten Druschergebnisse bei der Wintergerste sind mit 20 dt/ha teils sehr schlecht. Sogar auf schlechteren Böden werden im Durchschnitt 65 dt/ha gedroschen. Während der Kornfüllungsphase hat das Wasser gefehlt. Wegen des Regens nach der Trockenheit kam der Zwiewuchs, das heißt, dass neue Halme gewachsen sind. Diese sind jetzt noch grün, während die anderen Halme zu ernten wären.
Das Problemkind dieses Jahres ist der Raps. Wegen der Trockenheit von Anfang März bis Ende Mai hat er keine oder nur sehr wenige Schoten ausgebildet. Der Frost Anfang Mai hat ihn geschädigt. Unerwarteterweise trat zudem die Kohlschotenmücke in Scharen auf. Die Rapsflächen werden oft gar nicht beerntet sondern in eine Biogasanlage gegeben oder sogar nur gemulcht. Das bedeutet für die Bauern viel Aufwand und teils keinen Ertrag.
Der Weizen reift später als die Wintergeste. Die Bestände haben sich während der Trockenheit zwar zurückgebildet. Es gibt deutlich weniger ährentragende Halme. Ertragsminderungen gibt es also, aber die Ausfälle sind hoffentlich nicht so hoch wie bei der Gerste.
Renate Straus-Saal, Geschäftsführerin des Lohndruschunternehmens Straus in Hilpertshausen. Das Familienunternehmen hat seit 50 Jahren Drescherfahrung:
Die Getreideernte 2011 ist sehr problematisch. Der Winterraps ist in einem Zustand, bei dem die Bauern überhaupt nicht wissen, ob sich das Dreschen lohn. Die reifen Körner sind ausgefallen. Die Pflanzen haben extrem neu ausgeschlagen und blühen sogar noch einmal. Selbst Fachleute und Agrarberater sind ratlos in ihren Empfehlungen, ob dreschen, silieren oder nur mulchen rentabel ist. Beim Raps beträgt der Ernteausfall teilweise 100 Prozent.
Als Lohndruschunternehmen ist es uns wichtig, schöne Dreschergebnisse zu erzielen. Das fällt uns heuer schwer, denn die Halme sind mit 35 cm zu kurz. Es gibt also zu wenig Stroh. In einem gewöhnlichen Jahr sind die Halme etwa 55 cm hoch. Für das Dreschsystem ist es nötig, dass sich die Halme aneinander reiben können. Wir sind gespannt auf die Sommergerste, die gewöhnlich zum Brauen genutzt wird. Wenn die Sommergerste nicht gut genug ist, kann sie nur als Futter für das Vieh verwendet werden.
Auf die Güte des Ackers kommt es an
Das trockene Frühjahr hat wie nie zuvor deutlich gemacht, dass die Güte eines Standorts entscheidend ist. Schlechte Ackerbonitäten haben sehr schlechte Ernteergebnisse. Bei besten Böden fallen die Probleme viel geringer aus. So ist es etwa nicht verwunderlich, dass es auch beim Grünland deutliche Mindererträge gibt. Der ertragreiche erste Schnitt fällt ein Drittel weniger aus. Teilweise ist der Ertrag beim Grünschnitt 80 Prozent geringer.
Gute Aussichten bestehen bei Mais, der im September geerntet wird. Er ist im Mai zwar teilweise zurück gefroren, hat sich aber wieder erholt. Die kräftigen Regenfälle der letzten Wochen sind gut für die Maisentwicklung. Der Mais und die Zuckerrüben profitieren sogar vom sommerlichen Regen, sie präsentieren sich sehr gut. Lediglich mit Unkraut gibt es Probleme. Die Melde wächst teilweise über die Rübe hinweg.