Vieles ist nicht mehr erhalten von der „Endstation“, wie die Nazis einst den Feldflugplatz Gelchsheim nannten. Zumindest oberflächlich erinnert kaum noch etwas daran. Übrig geblieben sind alte Bunker und Aussiedlerhöfe, die ehemaligen Fliegerhorstgebäude. Im Erdreich jedoch ist noch reichlich Munition vergraben. Haufenweise explosiven Erinnerungen wurden erst vor wenigen Monaten bei einem umfassenden Bodenaustausch gefunden und zeigen, wie wichtig der Gelchsheimer Flugplatz während des Zweiten Weltkrieges war.
Gut getarnt, als Reichsgutverwaltung Klosterhof, legte die Luftwaffe 1935 zwischen Gelchsheim und Oellingen den Ausweichflugplatz zum Fliegerhorst Giebelstadt an. Unterirdische Tankanlagen wurden nahe der Rippach gebaut und die Flugplatzgebäude an der Landstraße, die mitten durch den Flugplatz ging, als Bauernhof getarnt. Vier Jahre später kamen noch vier oberirdische Bunker als Munitionshallen hinzu.
Beutemunition bearbeitet
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Gelchsheimer Flugplatz zum Einsatzflughafen erster Ordnung. Von hier aus flogen die Piloten hauptsächlich Angriffe auf Ziele in Frankreich. 1940 wurde auf dem nördlich zum Flugplatz angrenzenden Areal ein Feldmunitionslager errichtet – eine Zweigstelle der Luft-Hauptmunitionsanstalt Oberdachstetten. In den Baracken wurde Beutemunition zur Wiederverwendung bearbeitet. Ende März 1945, kurz vor Kriegsende, sprengten Soldaten vor ihrem Abzug die militärischen Einrichtungen. Die Amerikaner besetzten schließlich den Platz.
Nach Kriegsende wurde der Standort an die Staatliche Erfassungsstelle für öffentliches Gut (StEG) übergeben, die auf dem Gelände einen Sprengplatz errichtete. Bis 1952 wurden hier Munitionsfunde gesprengt. Immerhin 104 Tonnen konventionelle Munition. Danach wurden die Flächen landwirtschaftlich genutzt. Drei dieser Brand- und Sprengplätze – zu Flugplatzzeiten standen hier Baracken – sind allerdings mit pflanzenschädlichen Schwermetallen verseucht, wie eine Detailuntersuchung 2010 ergab. Die Rückstände von Kupfer und Zink liegen in der oberen Bodenzone, was sich vor allem negativ auf das Wachstum der Pflanzen auswirkt. Weil die Prüfwerte weit überschritten sind, muss auf den betroffenen Flächen der Boden ausgetauscht werden.
Verseuchte Erde
„Nach der Ernte, Anfang Oktober, wurde mit dem Aushub des Bodens begonnen“, sagt Anja Will, Leiterin des Umweltamtes beim Landratsamt Würzburg. Die verseuchte Erde, rund 4000 Tonnen, liegt seitdem abgedeckt am Straßenrand. Vor der Entsorgung soll sie durch den Kampfmittelräumdienst systematisch abgesucht werden. Weil vor allem kleinkalibrige Munition in den Erdhaufen vorhanden sein könnte, soll das Erdreich lagenweise ausgebreitet und mit entsprechenden Detektoren abgesucht werden. „Erst dann wird es verladen“, so Anja Will.
Reichlich Munition wurde bereits beim Aushub des Bodens auf den drei Sanierungsflächen gefunden, darunter auch Munition für Bordkanonen, die Sprengstoff enthielt. „Die Geschoss-Spitzen waren auch mit Phosphor gefüllt“, so Will. In einem etwa 1,5 Meter tiefen Schacht, der zu einer Flugfeldbetankungsanlage gehörte, wurden außerdem reichlich Munitionsreste gefunden. Etwa eine Holzkiste voll, hauptsächlich kleinkalibrige Munition, holte das Sprengkommando ab. Die Kampfmittelräumer vermuten, dass bei Kriegsende die Munition mit Benzin übergossen und dann angezündet wurde. Einzelne Patronen sind dabei vermutlich nicht explodiert. Der Schacht, der durch die Explosion damals stark beschädigt wurde, konnte witterungsbedingt noch nicht vollständig geräumt werden. Wenn der Untergrund nicht mehr so aufgeweicht ist und die Witterung es zulässt, wollen die Kampfmittelräumer diesen Schacht räumen.
Nicht gefunden wurden weitere Ampullen mit Giftgas. Auch diese gab es im Gelchsheimer Ackerboden. 1950 hatten Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes 38 Ampullen mit verschiedenen chemischen Kampfstoffen in der Nähe des Sprengtrichters gefunden, die damals in die Heeresmunitionsanstalt nach St. Georgen gebracht wurden. In den Röhrchen befanden sich Proben der Giftgase Lost, Lewisit, Phosgen und Chlorpikrin. Warum sich das Giftgas auf dem ehemaligen Flugplatz befand, ist unklar. Wahrscheinlich dienten sie Soldaten und anderen als Schulungsmaterial, die sich so in möglichst harmloser Weise mit den physikalischen Eigenschaften und den Wirkungen dieser Stoffe vertraut machen konnten.
„Der Bodenaustausch auf dem ehemaligen Flugplatz in Gelchsheim wird rund 290 000 Euro kosten“, schätzt Anja Will. Die privaten Grundstücksbesitzer müssen sich nicht daran beteiligen. Deren Anteil übernimmt das bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Der Eigenanteil des Landkreises wird wohl bei 20 000 Euro liegen.